Über 90 Frauen umgebracht
Diese Frau freundete sich mit einem Serienkiller an, um ihm ein Geständnis zu entlocken

US-Journalistin Jillian Lauren wusste, dass Samuel Little für den Tod von mindestens drei Frauen verantwortlich war, als sie ihm schrieb. Der Mann wurde im Alter von 74 Jahren zu dreimal lebenslänglicher Haft verurteilt und würde den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen. Doch der Fall ließ Lauren keine Ruhe. Sie hatte das Gefühl, dass sie dem Mann noch mehr Geheimnisse entlocken könnte. Und sie sollte Recht behalten, denn schon bald sollte sie eine Art Freundschaft zu einem der schlimmsten Serienkiller der USA aufbauen.

Jillian Lauren ahnte nicht, wie viele Frauen Little getötet hatte
Die Journalistin erzählte in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Sun“, dass sie dem verurteilten Mörder in einem Brief erklärt habe, sie recherchiere zu Gewaltstraftaten und wolle seine Geschichte erzählen, weil diese ihr „wichtig“ erscheine. Dem Ego des Häftlings zu schmeicheln, habe funktioniert: Er antwortete und die beiden schrieben sich monatelang Briefe hin und her, bevor das erste Treffen im Staatsgefängnis von Kalifornien zustande kam.
„Am Morgen des 8. August 2018, nachdem ich sieben Stunden darauf gewartet hatte, dass meine Nummer aufgerufen wurde, stand ich endlich vor den Sicherheitstüren aus Metall. Es war mein erstes Mal in einem Hochsicherheitsgefängnis für Männer“, schildert die Journalistin ihre Erinnerungen in einem Instagram-Post. „Es war auch das erste Mal, dass ich bewusst mit einem Serienkiller sprechen würde“. Doch wie viele Menschenleben Little tatsächlich auf dem Gewissen hatte, ahnte Lauren zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Journalistin trifft verurteilten Mörder im Gefängnis
„Mein Herz wäre fast stehengeblieben, als er hinter mir im Rollstuhl hereingeschoben wurde“, erinnert sich Lauren in dem Interview. „Als er mich gepackt hat, konnte ich seine Kraft spüren. Es lief mir kalt über den Rücken. Diese Hände hatten so viele Opfer erwürgt“, zitiert die „Sun“ die Frau. Little war inzwischen 78 Jahre alt und von Krankheit gezeichnet. Auf den ersten Blick habe er wie ein einsamer, alter Mann gewirkt. Aber seine Augen seien leer gewesen.
Die Journalistin beginnt, sich mit dem verurteilten Mörder zu unterhalten. Es dauert eine Weile, aber irgendwann fängt er an, von einer Frau zu erzählen. „Ich wusste plötzlich, dass sie eins seiner Opfer war“, erzählte die Journalistin der Zeitung. Dann habe der 78-Jährige plötzlich innegehalten, sie angeschaut und gesagt: „Ok, Fräulein, du hast mich gekriegt. Was willst du wissen über die erste?“
Samuel Little zeichnete die Frauen, die er getötet hatte für die Polizei
Daraufhin habe der Mörder ihr von seinem ersten Mord erzählt. Niemand hatte damit gerechnet, was dann folgte. „Es war, als wäre ein Damm gebrochen“, erinnert sich die Journalistin. An einem Tag habe er ihr 13 Morde gestanden. Am darauf folgenden Wochenende weitere 25, heißt es in dem Bericht. Die Ermittlungsbehörden gehen inzwischen davon aus, dass Little seit 1970 über 90 Frauen umgebracht haben könnte. 40 Jahre lang hatte er immer wieder getötet, ohne dass er der Justiz aufgefallen wäre. Etwa 50 der Fälle konnten ihm nachträglich nachgewiesen werden – auch dank Jillian Lauren, die den Mann zum Reden brachte.
An die meisten Namen seiner Opfer konnte sich der Serienmörder nicht mehr erinnern, aber die Gesichter seiner Opfer, die Orte und die Umstände hatte er noch im Kopf – teilweise erstaunlich detailliert, wie in ein fotografisches Gedächtnis gebrannt, schildert Lauren bei Instagram. Für die Polizei fertigte Little schließlich sogar Zeichnungen der Frauen an, die er getötet hatte. So gelang es, viele Fälle noch aufzuklären.
Nicht wenige davon hatte die Polizei gar nicht als Mordfälle gewertet. Little hatte sich häufig Drogensüchtige, Prostituierte oder andere Menschen am Rande der Gesellschaft als Opfer ausgesucht. Daher hatte niemand viele Fragen gestellt, als sie plötzlich tot waren oder verschwanden.

Jillian Lauren wollte Serienmörder zum Reden bringen, bevor er stirbt
Lauren schrieb ein Buch über ihre Begegnung mit dem Serienmörder. Für die Journalistin, die sich all die grauenhaften Geschichten anhören musste, sei es vor allem wichtig gewesen, den Serienmörder zum Reden zu bringen. Sie hatte Sorge, dass er sonst seine Geheimnisse mit ins Grab nehmen würde. Denn der Gefangene war in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand.
Lauren hatte ihm zu Beginn ihrer Begegnung versprochen, dass sie Kontakt zu ihm halten würde, damit er nicht allein sterben müsse, wenn er ihr seine Geschichte erzählt. Dieses Versprechen hielt die Journalistin. 2020 starb der Mann, der wohl über 90 Frauen getötet hat, im Gefängnis. (jgr)