Urteil in Karlsruhe erwartet - Bund-Länder-Runde tagtCorona-Krise: Was entscheidet heute die Politik?
Heute ist ein wichtiger Tag für die Corona-Politik in Deutschland: Was ist im Kampf gegen das Virus zulässig? Mitten in der vierten Corona-Welle verkündet das Verfassungsgericht Entscheidungen über die harten Maßnahmen aus der dritten. Und Bund und Länder beraten wieder über das weitere Vorgehen.
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RTL-Reporterin Franca Lehfeldt: Bundesweiter Lockdown wird nicht erwartet
Was wird heute in Berlin beschlossen? Wie ist das Treffen zu bewerten? Nach RTL-Informationen soll es heute unter anderem um Clubs und Diskotheken, um Großveranstaltungen wie Fußballspiele oder auch um eine 2G-Regelungen im Einzelhandel, außer Supermärkten gehen.. Details dazu von Franca Lehfeldt im Video.
Waren Kontaktbeschränkungen und Co. im Frühjahr rechtens?

Angesichts der neuen Omikron-Variante und der Wucht der vierten Corona-Welle wird der Ruf nach härteren Gegenmaßnahmen lauter. Noch-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Nachfolger Olaf Scholz (SPD) beraten heute mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder telefonisch. Konkrete Vorgaben über ihren Handlungsspielraum erhofft sich die Politik von den ersten grundsätzlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Freiheitsbeschränkungen in der Corona-Pandemie, die am Vormittag in Karlsruhe veröffentlicht werden.
In den beiden Verfahren geht es um die sogenannte Bundes-Notbremse aus der dritten Pandemie-Welle im Frühjahr:
Einmal richten sich die Klagen gegen die damals verhängten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen.
Einmal gegen die Schulschließungen.
Die Notbremse im Infektionsschutzgesetz (Paragraf 28b) war zeitlich befristet und Ende Juni außer Kraft getreten. Im frisch überarbeiteten Gesetz der künftigen Ampel-Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP sieht der Paragraf anders aus und enthält nun zum Beispiel die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Um das sich rasant ausbreitende Virus zu stoppen und die Lage auf den Intensivstationen zu entschärfen, gibt es aber aus mehreren Ländern Forderungen nach einer neuen „Bundes-Notbremse“.
Helge Braun fordert Notbremse

„Wir sind in Deutschland in die Lage gekommen, die wir immer vermeiden wollten: Unser Gesundheitssystem ist regional überlastet“, sagte der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir brauchen jetzt eine Notbremse, dabei zählt nun jeder Tag.“ Er forderte unter anderem, in Regionen mit besonders kritischem Infektionsgeschehen über Schließungen von Freizeit-Einrichtungen nachzudenken.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans forderte „bundesweit einheitliche, notbremsende Maßnahmen“. „Das kann natürlich als Ultima Ratio, als letzter Schritt, auch ein Lockdown sein“, sagte der CDU-Politiker beim TV-Sender Bild Live. „Es braucht für Ganz-Hoch-Inzidenzgebiete die Möglichkeit, zuzuschließen.“
Auch aus den Reihen der Ampel kommen Rufe nach einem stärkeren Herunterfahren des öffentlichen Lebens. Die künftige Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) stellt klar: "Die Lage ist hochdramatisch. Wir müssen dieses Land runterfahren". Auch ihr Parteikollege und künftiger Vizekanzler, Robert Habeck, fordert jetzt konsequentes Handeln.
„Wir brauchen einen einheitlichen Teil-Lockdown in vielen Regionen des Landes, um die vierte Welle zu brechen“, sagte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen der Deutschen Presse-Agentur. Dies bedeute keine allgemeinen, sondern gezielte Schließungen dort, wo die Lage außer Kontrolle sei. „Schulen und Kitas sollten mit Masken und täglichen Tests aber möglichst offen bleiben.“ Für Ungeimpfte sollte es Kontaktbeschränkungen im Privaten wie im ersten Lockdown geben. Er forderte auch Schließungen von Gastronomie, Bars, Diskotheken sowie das Untersagen größerer Veranstaltungen.
Auf dem Tisch liegen grundsätzlich mehrere denkbare Optionen:
Sonderlage: Schnell zu bewerkstelligen wäre, dass der Bundestag die erst am 25. November ausgelaufene „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ doch wieder feststellt - mit einem einfachen Beschluss. Damit gäbe es auf einen Schlag eine Rechtsbasis für alle bisherigen Kriseninstrumente. Dies könnte in der nächsten regulären Sitzungswoche ab dem 6. Dezember oder früher in einer Sondersitzung geschehen. Insbesondere die Union hatte kritisiert, dass die Ampel diese Rechtsgrundlage hatte auslaufen lassen.
Infektionsschutzgesetz: Die von den Ampel-Fraktionen verkleinerte Maßnahmenliste unabhängig von der epidemischen Lage könnte erweitert werden. Vorerst sind etwa pauschale Schließungen von Gaststätten und Läden oder Inlands-Reisebeschränkungen in einem ganzen Bundesland ausgeschlossen. Nötig wäre dafür ein Gesetzgebungsverfahren im Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats.
Bund-Länder-Rahmen: Rasch weitergehende Vorgaben festzurren könnte eine Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Bund. Denkbar wären dabei zum Beispiel neue oder niedrigere Schwellen für zusätzliche Auflagen und Beschränkungen bei hohen Infektionszahlen oder Klinikbelastungen.
Vor diesem Hintergrund dürften die Entscheidungen aus Karlsruhe Leitcharakter haben.
Mit der Notbremse wollte der Bund sicherstellen, dass überall dieselben Maßnahmen greifen, sobald sich die Corona-Lage in einer Region zuspitzt. Sie musste seit dem 24. April automatisch gezogen werden, wenn die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die 100 überschritt. Der Wert gibt an, wie viele Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner es binnen einer Woche gab.
Vorgesehen war dann unter vielem anderem, dass nachts zwischen 22 und 5 Uhr von Ausnahmen abgesehen niemand mehr draußen sein durfte. Menschen aus einem Haushalt durften sich nur mit einer anderen Person und deren Kindern bis 14 Jahren treffen. Schulen war vorgegeben, ab dem Schwellenwert 100 auf Wechselunterricht umzustellen, ein Teil der Schüler musste also zu Hause bleiben. Ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 war Präsenzunterricht ganz untersagt. Auch hier gab es Ausnahmen.
Notbremse löste Klagewelle aus
Die Einführung der Notbremse hatte eine Klagewelle in Karlsruhe ausgelöst. Weil die Maßnahmen direkt per Bundesgesetz vorgeschrieben wurden, war der Umweg über die Verwaltungsgerichte nun nicht mehr nötig. Bis zur zweiten Augusthälfte waren beim Verfassungsgericht mehr als 300 Verfassungsbeschwerden und Eilanträge eingegangen. Eilanträge gegen die umstrittensten Maßnahmen wie die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen hatten die Richterinnen und Richter des zuständigen Ersten Senats gleich im Mai abgewiesen. Sie betonten aber, dass der Ausgang des Hauptverfahrens offen sei.
Um die Verfahren schneller abschließen zu können, hatte der Senat auf eine Verhandlung verzichtet. Von Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen wurden aber Stellungnahmen erbeten, etwa von Virologen, Intensivmedizinern und Kinderärzten.
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