Krieg in der Ukraine

Nach Netzauftritt – Putins vermeintlich "bester" Sniper in der Ukraine gefallen

In this photo released by the Russian Defense Ministry Press Service on Tuesday, Feb. 1, 2022, A sniper fires during a military exercise in the Nizhny Novgorod Region, Russia. (Russian Defense Ministry Press Service via AP)
Symbolbild: Russischer Scharfschütze.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Uncredited, Russian Defense Ministry Press Service
von Gernot Kramper

Der Scharfschütze Alexander Kislinsky wurde in Russland für seinen Einsatz in der Ukraine und seinen Hass auf die "Nazis" gefeiert. Nur wenige Tage nachdem Fotos und Videos ihn im Einsatz zeigten, fiel Alexander Kislinsky.

Mitte Mai hatte Alexander Kislinsky seinen großen Auftritt in pro-russischen Medien. Fotos und Videos vom Scharfschützen der 22. Speznazbrigade kursierten auf pro-russischen Accounts. Dort konnte man sehen, wie sich seine Gruppe durch ein Wäldchen bewegte und eine Stellung in einem beschädigten Gebäude einrichtet. Dazu gab es von ihm den patriotischen Satz: "...meine Großväter haben diesen faschistischen Abschaum nicht fertiggemacht, also machen wir sie jetzt fertig ...".

Keine Militär-Prominenz

Ein Traum für die Putin-Propaganda. Von den ukrainischen Gegnern sprach Kislinsky nur als "Nazis". Auf den Fotos sind auch Panzer und gepanzerte Transporter mit dem Z-Symbol zu sehen. Weniger als 14 Tage nach Veröffentlichung der Fotos fiel Kislinsky. Ob es sich tatsächlich, um Russlands besten Scharfschützen gehandelt hat, wie manche Accounts behaupten, ist eher fraglich. Bis zu einem Auftritt im Donbass gehörte Kislinsky nicht zur Militär-Prominenz. Was man sagen kann, dass es sich bei ihm um einen echten ausgebildeten Scharfschützen gehandelt hat. Und nicht einfach um einen Soldaten, der sich ein weiterreichendes Gewehr besorgt hat

Scharfschütze Alexander Kislinsky ist mit einem Gewehr aus Österreich bewaffnet

Kislinsky ist auf Fotos mit einer Steyr SSG 08 bewaffnet. Das ist eine top-moderne Scharfschützenwaffe, die schon in Syrien bei russischen Kräften gesehen wurde. Das Repetiergewehr ist kein Einzellader, sondern mit einem Magazin ausgestattet. Die Steyr HS .50 dagegen ist einschüssig. Gut möglich, dass auch Kislinsky bereits in Syrien im Einsatz war. Die Russen benutzen vermutlich die Variante der SSG 08 für das Kaliber. 338 Lapua Magnum. Die Patrone hat einen Durchmesser von 14,93 mm und eine Länge von 93,5 mm. Bis etwa 1000 Metern durchschlägt sie leichte Panzerungen und Bodyarmor. Die effektive Reichweite beträgt etwa 1700 Metern. Die Speznaz schrauben einen Dämpfer auf das ohnehin unhandliche Gewehr, der Schall und Lichtblitz verbirgt.

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Alexander Kislinsky: Von den Umständen seines Todes ist nichts Verlässliches bekannt

In den Trauerkommentaren wird behauptet, dass er starb, als er seine Gruppe deckte. Tatsächlich ist von den Umständen seines Todes nichts Verlässliches bekannt. Hinterbliebene erhalten stets ein paar heroische Sätze. Die Formulierung, dass seine Gruppe eine "effektive Kampfeinheit" gewesen sei, "die dem Feind erheblichen Schaden zufügte", dürfte dagegen stimmen. Der Krieg in der Ukraine ist in jeder Beziehung unsymmetrisch – auch was die beteiligten Soldaten angeht. Kiew und Moskau haben top-ausgebildete Kommandokräfte – wie diese Speznazbrigade – im Einsatz. Diese "Super-Soldaten" bilden Gruppen und gehen auf die Jagd. Genau genommen jagen sie schlecht ausgebildeten Wehrpflichtigen.

An der Front treffen die Kommandos auf die praktisch gar nicht ausgebildeten und nur unzureichend bewaffneten Einheiten der ukrainischen Territorialverteidigung oder die zwangsrekrutierten "Freiwilligen"-Bataillone der selbst ernannten Separatisten-Republiken. Die Kiewer Kommandos machen Jagd auf die Lkw-Fahrer von Nachschubkonvois. Im Donbass drückt die russische Armee vor allem auf die Truppen der Territorialverteidigung, die die Lücken zwischen den festen Positionen der regulären Truppen füllen müssen.

Jagd auf die Jäger

Doch all diese Jagdkommandos und Scharfschützen treffen in der Ukraine auf einen neuen Gegner. Drohnen jagen wiederum die Jäger. Die klassischen Methoden der Tarnung nützen wenig. Selbst zivile Agrardrohnen werden mit Modulen ausgerüstet, die den Boden millimetergenau abtasten können oder auf Körperwärme reagieren. Es gibt zahllose Videos, auf denen die Elitekämpfer enttarnt und danach beschossen werden.

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst auf stern.de.