Auch Enkelin zu langer Haftstrafe verurteilt

Sie vergiftete ihren Vater mit seinem Lieblingsessen: Tochter (55) muss nach „fast perfektem Mord“ lebenslang in Haft

05.12.2022, Bayern, Traunstein: Eine von zwei Angeklagten wartet im Saal des Traunsteiner Landgerichts. Die Anklagebehörde wirft Mutter und Tochter vor, sie hätten gemeinsam beschlossen, ihren 75 Jahre alten Vater beziehungsweise Großvater zu töten.
Das Landgericht Traunstein hat am Mittwoch die Tochter von zu lebenslanger Haft verurteilt.
tba, dpa, Uwe Lein

Immer wieder kommt es zwischen Andrea K., ihrem Vater und ihrer Tochter zu Streit. Eines Tages fasst die 55-Jährige einen heimtückischen Entschluss: Sie kocht ihrem Vater sein Lieblingsessen – und mischt eine tödliche Dosis Medikamente hinein. Wochenlang kommt niemand hinter das tödliche Geheimnis – bis Familienmitglieder doch noch Verdacht schöpfen. Vor dem Landgericht Traunstein wurde die Pflegerin nun zu lebenslanger Haft verurteilt.

Traunstein: Staatsanwaltschaft spricht von einem "fast perfekten Mord"

Für das Gericht bestand kein Zweifel an der Schuld von Andrea K.: Sie vergiftete ihren eigenen Vater Alois K. (75) im vergangenen August in Töging am Inn mit einer Überdosis Schmerzmitteln. Versteckt hatte sie die tödliche Dosis ausgerechnet im Lieblingsgericht ihres Vaters: Saures Lüngerl.

Es war ein ausgeklügelter Plan, der um ein Haar nie ans Licht gekommen wäre. Die Staatsanwaltschaft sprach während des Prozesses von einem „fast perfekten Mord“.

Mord an Alois K.: Erdbestattung statt Feuerbestattung

Tatsächlich schöpfte der Hausarzt zunächst keinen Verdacht, als er am Tag nach dem Gift-Mord von Andrea K. verständigt worden war. Der Mediziner stellte einen Herzinfarkt als Todesursache fest. Alois K. wurde begraben, ohne dass Ermittlungen eingeleitet wurden.

Doch genau dieses Begräbnis wurde Andrea K. letztlich zum Verhängnis: Nach dem Tod ihres Vaters hatte sie vehement auf eine Feuerbestattung ihres Vaters gedrängt. Hätte sie sich durchgesetzt, wären jegliche Beweise bei der Verbrennung vernichtet worden. Doch die Familie überstimmte sie: Alois K. habe sich zu Lebzeiten eine Erdbestattung gewünscht, hieß es.

Gelüftet wurde das Gift-Geheimnis allerdings erst zwei Monate später: Weil Angehörige immer misstrauischer wurden, soll Nadine S. – die Tochter von Andrea K. und Enkelin von Alois K. – schließlich ihr Schweigen gebrochen haben. „Mama hat den Opa umge­bracht. Sie hat ihm Medika­mente ins Essen getan“, habe sie gesagt.

Auch Nadine S. wurde schuldig gesprochen.
Auch Nadine S. wurde schuldig gesprochen.
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Richter über Verurteilte: "Ihr Ziel war der Schutz der Familie“

Daraufhin ging alles ganz schnell: Zwei Monate nach der Beerdigung wurde die Leiche des Verstorbenen ausgegraben und erneut untersucht. Dabei stießen die Mediziner auf die Medikamente im Körper des Toten.

Vor Gericht belastete Nadine S. ihre Mutter schwer: „Sie hatte für Opa gekocht, was sie sonst nicht tat“, sagte die Tochter. „Als ich später runterkam, saß Opa leblos auf der Couch.“ Wegen versuchten Mordes durch Unterlassung verurteilte das Gericht die Enkelin zu vier Jahren Haft.

Die exakten Hintergründe der Tat bleiben derweil unklar. Die Staatsanwaltschaft zeigte sich überzeugt: Andrea K. ging es um Geld und das Haus, in dem ihr Vater lebte. Sie habe aus Habgier gehandelt.

Der Richter teilte diese Einschätzung bei der Urteilsverkündung allerdings nicht. Andrea K. habe sich für ihre Familie, in der es immer wieder zu heftigen Streits kam, einsetzen wollen, hieß es. Im Mord an ihrem Vater habe sie den einzigen Ausweg gesehen. „Ihr Ziel war der Schutz der Familie“, so der Richter.

Das Traunsteiner Landgericht fällte das Urteil am Mittwoch.
Das Traunsteiner Landgericht fällte das Urteil am Mittwoch.
tba, dpa, Uwe Lein

Traunstein: Verteidigung will Revision gegen Urteil einlegen

Andrea K. hatte vor Gericht kein Geständnis abgelegt. Ihr Vater wollte sterben, sagte sie aus. Weil all die Streitigkeiten ihm zu viel geworden seien, habe er sein Leben beenden wollen. Daraufhin habe sie ihm Medikamente vorbeigebracht und ihm am nächsten Tag leblos vorgefunden.

Mit Habgier habe ihr Handeln nichts zu tun gehabt. Sie soll sogar angekündigt haben, auf ihr Erbe verzichten zu wollen, behauptete sie vor Gericht.

Die Anwältin der 55-Jährigen hatte auf Freispruch plädiert. Sie sah die Vorwürfe gegen ihre Mandantin im Prozess als nicht erwiesen an. „Unsere Mandantin hat das Urteil relativ gelassen aufgenommen“, sagte sie RTL. „Wir haben natürlich besprochen, dass wir Revision einlegen werden.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (jda)

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