Studie zu Kindesmissbrauch: So hoch könnte die Dunkelziffer wirklich sein

Nach einer aufsehenerregenden öffentlichen Fahndung mit einem Foto des Opfers fasste die Polizei in Niedersachsen einen Mann, der ein kleines Mädchen mehrfach schwer sexuell missbrauchte. Der 24-Jährige war kein Unbekannter, sondern der Lebensgefährte der Mutter. Und das ist kein Einzelfall. Die Täter kommen häufig aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine neue Studie der Universität Regensburg. Und sie bringt weitere erschreckende Details ans Licht.

Mutmaßlicher Kinderschänder aus Brake sitzt in Unterschungshaft

Verdächtiger mit Freundin
Der Verdächtige mit seiner Freundin - sie ist offenbar die Mutter des missbrauchten Kindes und ahnte nichts.
Facebook, Facebook

Der 24-Jährige hatte die Missbrauchs-Videos ins Darknet gestellt. Sie zeigten jedoch immer nur das vierjährige Opfer und ließen keine Hinweise auf die Identität oder den Wohnort des Täters zu. Deshalb sahen sich die Behörden gezwungen, öffentlich mit dem Foto des Mädchens zu fahnden. Und das führte innerhalb kürzester Zeit zum Erfolg.

Der Mann sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, das Kind zwischen Oktober 2016 und Juli 2017 mehrfach schwer sexuell missbraucht zu haben. Die Behörden gehen davon aus, dass er alleine gehandelt hat. Die Mutter war offenbar völlig ahnungslos. Die Polizei sucht derzeit nach weiteren Beweismitteln, wie Computern und anderen Datenträgern, auf denen der Missbrauch dokumentiert ist.

Dunkelfeldstudie: 15 bis 30 Prozent der Mädchen sind Missbrauchs-Opfer

ARCHIV - Der Schatten von einem Mann und einem schaukelnden Kind fallen am 27.08.2014 auf Sand auf einem Spielplatz  in Braunschweig (Niedersachsen). Dank der aufsehenerregenden öffentlichen Fahndung mit Missbrauchsfotos eines vierjährigen Mädchens haben die Ermittler einen 24-Jährigen aus dem niedersächsischen Landkreis Wesermarsch festgenommen. (zu dpa «Fahndungserfolg in Missbrauchsfall: 24-jähriger Mann festgenommen» vom 10.10.2017) Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Fast die Hälfte alle befragten Täter gab an, zusätzlich schon einmal Missbrauchsabbildungen von Kindern genutzt zu haben.
ade fdt wie, dpa, Julian Stratenschulte

Laut polizeilicher Kriminalstatistik werden jedes Jahr rund 12.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland missbraucht. Die Zahlen sind seit 2009 relativ stabil. Schon lange geht man aber von einer hohen Dunkelziffer aus - also von vielen Fällen, die nie angezeigt werden.

Ein Forschungsprojekt der Universität Regensburg hat jetzt nationale und internationale Dunkelfeldstudien ausgewertet. Mit einem schockierenden Ergebnis: Demzufolge werden 15 bis 30 Prozent aller Mädchen und fünf bis 15 Prozent der Jungen Opfer von sexuellem Missbrauch. Von den anonym befragten Tätern gaben 84 Prozent an, noch keine Vorstrafe für ein Sexualdelikt zu haben.

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Was tun bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch?

ARCHIV - ILLUSTRATION - Eine Puppe liegt am 30.04.2014 in Berlin am Straßenrand. Eine Mutter soll ihre eigenen Kinder zum sexuellen Missbrauch an Freier verkauft haben. Vor dem Hamburger Landgericht beginnt am 19.05.2016 der Prozess gegen die 52-Jährige. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Von den betroffenen Jugendlichen und Erwachsenen, die für die Studie befragt wurden, gaben knapp ein Drittel an, dass der Täter oder die Täterin aus dem familiären Umfeld stammt.

Die Mehrheit der verurteilten Täter ist laut der Untersuchung nicht pädophil. Es gibt nicht den einen klassischen Tätertyp. Die Studie beschreibt aber Merkmale, die Täter häufig gemeinsam haben. Welche das sind und ab wann man überhaupt von Kindesmissbrauch spricht, erfahren Sie im Video.

Wie Sie Anzeichen von sexuellem Missbrauch erkennen können und wie Sie dann handeln sollten, haben wir hier für Sie zusammengefasst. In diesem Artikel erfahren Sie zudem, wie Sie ihr Kind schützen können.