Smog raubt Chinesen den Atem: Krankenhäuser überfüllt

Extremer Smog hält den Norden und Osten Chinas im Würgegriff. Mittlerweile wurde die zweithöchste Alarmstufe "Orange" für rund 400 Millionen Chinesen ausgerufen. Die starke Luftverschmutzung raubt den Einwohnern den Atem und sorgt dafür, dass immer mehr Menschen behandelt werden müssen. Doch die Krankenhäuser platzen aus allen Nähten.

A woman and a girl wearing masks make their way amid the heavy haze in Beijing February 23, 2014.  China has sent teams of investigators to parts of the country worst hit by air pollution as part of efforts to stop the heavy smog engulfing about 15 percent of the country, including Beijing.
REUTERS/Kim Kyung-Hoon (CHINA - Tags: ENVIRONMENT SOCIETY)
Immer mehr Menschen müssen mit Atemwegs- und Augenproblemen ins Krankenhaus: Der Smog hält China in Atem.
REUTERS, KIM KYUNG-HOON

Rund 15 Prozent der Chinesen sind vom schlimmen Smog betroffen: Immer mehr Patienten müssen mit Atemwegs- und Augenproblemen ins Krankenhaus. In Peking wurde die zweithöchste Alarmstufe "Orange" bereits den vierten Tag in Folge aufrechterhalten. Die Behörden warnen, die Schadstoffbelastung verharre auf einem "gefährlich" hohen Niveau. Auch die Provinzen Hebei, Shandong, Henan, Shanxi und Shaanxi leiden unter der schweren Luftverschmutzung.

"Wir haben viel mehr Patienten mit Atemwegsentzündungen", berichtete eine Schwester des großen Chaoyang Hospitals. Viele Pekinger Krankenhäuser seien "voller Patienten", berichtete die Zeitung 'Beijing Ribao'. Mehr als ein Drittel leide unter Problemen, die durch den Smog ausgelöst worden seien.

Die Zahl der Patienten mit akutem Asthma und Lungenemphysemen in Pekings Krankenhäusern habe sich seit Donnerstag verdoppelt, berichtete das Staatsradio. Die Belastung mit dem besonders gefährlichen Feinstaub mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometer (PM 2,5) lag nahezu unverändert bei dem 14- bis 20-fachen des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwertes. In der nordöstlich von Peking gelegenen Stadt Tangshan wurde sogar das 34-fache des WHO-Richtwerts gemessen.

Behörden reagieren verhalten – zum Ärger der Chinesen

Als Reaktion auf den Smog ist nun erstmals die chinesische Regierung wegen Versagens bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung verklagt worden. Ein Bewohner der Hauptstadt der Provinz Hebei, Shijiazhuang, reichte die Klage bei einem Bezirksgericht ein, wie staatliche Medien berichteten. Darin werden die Behörden aufgefordert, ihre gesetzliche Pflicht zur Kontrolle der Luftreinhaltung zu erfüllen. Zugleich fordere Li Guixin als Kläger Schadenersatz für die vom Smog betroffenen Bewohner, hieß es. Ob das Gericht die Klage zulässt, blieb zunächst offen.

Am Sonntag wurden in der Stadt Shijiazhuang in der um Peking herum liegenden Provinz Hebei bereits je nach Endziffer des Nummernschildes ein Fünftel der Autos von der Straße genommen. Mehrere Betriebe der Stahlindustrie mussten schließen. Auch in Peking wurden 36 Unternehmen geschlossen, während 75 die Produktion drosseln mussten.

Die Alarmstufe "Orange" in der Hauptstadt war am Freitag zum ersten Mal in diesem Winter ausgerufen worden. In der Bevölkerung herrschte angesichts der schwer erträglichen Luftverschmutzung aber wenig Verständnis, warum nicht die höchste Stufe "Rot" ausgerufen und einschneidende Maßnahmen wie ein Fahrverbot für die Hälfte der Autos ergriffen und mehr Fabriken geschlossen werden.

Die Schadstoffe aus China wehen sogar bis in die südkoreanische Hauptstadt Seoul, wo die Stadtregierung die Menschen aufforderte, nicht vor die Tür zu gehen. Auch das Gesundheitsamt von Peking warnte vor gesundheitlichen Folgen und rief besonders ältere Menschen und Kinder auf, daheimzubleiben. Die 20 Millionen Einwohner der Hauptstadt sollten sich mit Atemmasken schützen, wenn sie nach draußen müssten. Die Pekinger sollten auch ihre Autos stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nehmen.

Ärzte warnen vor den gesundheitlichen Gefahren des Smogs besonders für ältere und kränkliche Menschen sowie Kinder. Hohe Schadstoffbelastungen schwächten das Immunsystem und könnten den Ausbruch von Atemwegsproblemen oder Herz- und Kreislauferkrankungen erleichtern. Nach Schätzungen renommierter chinesischer Wissenschaftler sterben jährlich 350.000 bis 500.000 Chinesen vorzeitig an den Folgen der hohen Luftverschmutzung. Besserung ist erst zum Ende der Woche in Sicht.