Muss das wirklich sein?
Alle Jahre wieder! Sieben Weihnachtsbräuche, an denen sich die Geister scheiden
von Katrin Koster
Jeder kennt sie und sie gehören zum Weihnachtsfest wie die rote Nase zu Rudolph: Weihnachtsbräuche, die alle Jahre wiederkehren. Die einen bezeichnen sie als traditionelles Gut und lieben den Brauch, während die anderen nur zu gerne auf gewisse Rituale verzichten würden.
Aber was hat es mit den Bräuchen denn genau auf sich? Und welche sind längst überholt oder einfach nur total gaga? Wir haben hier die Top sieben der Weihnachtsbräuche, an denen sich die Geister scheiden.
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Brauchen wir noch Bräuche und hat Tradition Zukunft?
Traditionen geben Struktur und können das Leben erleichtern. „Es muss feste Bräuche geben,“ erklärte schon der Fuchs dem kleinen Prinzen im gleichnamigen Bestseller. Und als der kleine Prinz fragt: „Was heißt fester Brauch?‘“, antwortet der Fuchs: „Auch etwas in Vergessenheit Geratenes.“
Aber sind wirklich noch alle Bräuche sinnvoll oder wollen wir an einigen von ihnen nur festhalten, um die Schnelllebigkeit unserer Zeit zu entschleunigen und uns so in die heile Welt der Vergangenheit katapultieren? Wir haben einige Bräuche mal ganz genau angeschaut.
1. Baum erst am 24. aufstellen
Laut Statista Global Consumer Survey planen über die Hälfte der Befragten in Deutschland ihren Weihnachtsbaum bereits Anfang bis Mitte Dezember aufzustellen und zu schmücken. Denn inzwischen sehen viele den Weihnachtsbaum neben der Tradition vor allem auch als ein Stück abgesägte Natur im Wohnzimmer. Wobei man hier jedoch erwähnen muss, dass Weihnachtsbäume extra gepflanzt werden.
Aber es gibt ein Problem, denn wer seinen Baum schon sehr früh in der warmen Wohnung aufstellt läuft Gefahr, dass er am Weihnachtsfest selbst schon die Äste hängen lässt. Vielleicht wäre ein künstlicher Baum ja auch eine Alternative?
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Bei etwa einem Drittel und damit der Großteil der Befragten, wird er dagegen erst ganz traditionell wenige Tage vor Heiligabend platziert.
Fakt ist, einen Baum abzuholzen, um ihn nur wenige Tage über Weihnachten zu feiern und dann zu entsorgen ist nicht mehr zeitgemäß.
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Aber wo kommt eigentlich der Brauch mit dem Baum?
Eines Vorweg: Der Weihnachtsbaum ist keine christliche Erfindung. Aber in der christlichen Geschichte gilt der Christbaum mit seinem satten Grün als ein Symbol der verheißenen Geburt von Jesus Christus. Mit dem Weihnachtsbaum vereint sich demnach der uralte Menschenglaube an Unsterblichkeit und Lebensfähigkeit mit dem christlichen Glauben an Jesus Christus als „Licht der Welt“.
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Aber unabhängig vom Christentum war es schon immer üblich sich in der dunklen Jahreszeit Symbole des Lebens in die Zimmer zu holen. Dabei waren Wacholder- und Mistelzweige als Winterschmuck ebenso beliebt wie Tannenzweige oder Zweige von anderen immergrünen Nadelbäumen. Doch statt Zweigen holten sich die Menschen mit der Zeit gleich einen ganzen Baum ins Haus.
Alte Chroniken verzeichnen einen ersten geschmückten Weihnachtsbaum in Freiburg im 15. Jahrhundert. Bekannt und weltweit beliebt wurde er allerdings erst später ab dem 19. Jahrhundert.
2. Der Baum muss bis zu den Heiligen Drei Königen stehen bleiben
Wie lange ein Baum in den eigenen vier Wänden verweilen darf, ist natürlich ganz individuell. Traditionell wird der Weihnachtsbaum jedoch am 6. Januar, dem Dreikönigstag, abgeschmückt und der Wohnung verwiesen. Denn an diesem Datum endet die Weihnachtszeit in der christlichen Tradition. Andere katholische Haushalte dagegen behalten den Baum sogar bis zu Maria Lichtmess, die am 2. Februar gefeiert wird.
Wieder andere haben schon an Silvester die Schnauze voll vom Tannenbaum – sei es, weil das gute Stück nadelt oder weil man schlicht keine Lust mehr auf die weihnachtliche Atmosphäre hat.
Für viele ist das nachvollziehbar. Denn mit dem Jahreswechsel sehnen sich viele bereits nach dem Frühling. Und da sind Tulpen definitiv mehr geeignet als nadelnde Tannnenbäume.
3. Zwischen Weihnachten und Silvester keine Wäsche waschen
Laut einer germanischen, vorchristlichen Legende können schlimme Dinge passieren, wenn Sie Ihre Wäsche zwischen Weihnachten und Neujahr waschen. Im schlimmsten Fall kann sogar ein Familienmitglied sterben. Das klingt aber richtig dramatisch.
Aber auch wenn man abergläubisch ist, Bäuche versucht aufrecht zu erhalten und Traditionen gerne fortführt – wie soll eine Familie mit Kindern oder gar eine Großfamilie das bitte umsetzen? Es ist ja nicht so, als seien die Kinder zur Weihnachtszeit besonders behutsam und versauen ausnahmsweise mal weder Kleidung noch Tischdecke und Co. Was also bleibt wäre, das Mutti zwar ne tolle „waschfreie“ Zeit zwischen den Tagen hat, direkt im neuen Jahr allerdings sofort doppelt und dreifach malochen darf.
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Jeder, der sich diesen Stress im neuen Jahr nicht aussetzen will, sollte den Aberglauben vielleicht besser kurz beiseite schieben und waschen. Sind ja schließlich keine Feiertage.
4. Kinder müssen sich ihr Geschenk erst "verdienen"
Die älteren Generationen werden es wohl noch kennen: Mal eben unter den Weihnachtsbaum krabbeln, sich seine Geschenke krallen und lediglich dem Weihnachtsmann beziehungsweise dem Christkind danken – gab es nicht. Hingegen war es selbstverständlich, dass die Kinder des Hauses sich erst einmal wie die Orgelpfeifen aufstellten, ihr auswendig gelerntes Gedicht aufsagten oder die altbekannten Weihnachtslieder schräg auf der Blockflöte trällerten. Manch einer hat wahrscheinlich jetzt noch einen Tinitus als Überbleibsel. Denn gut gemeint ist ja bekanntlich nicht immer gut gemacht.
Doch wie sieht es da heute aus? Ist diese Tradition längst überholt oder doch noch angemessen?
Kinder zu etwas zu zwingen, ist nie eine gute Option. Aber sich anzustrengen, um zu erfahren, dass eben nicht alles selbstverständlich ist, ist eine Erziehungsmaßnahme, die niemals aus der Mode kommen sollte. Auch wenn der Gesang unterm Baum immer weiter abnimmt.
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5. Erst Essen, dann Bescherung?!
Ein weiteres oft umstrittenes Ritual ist der Ablauf an Heilig Abend. Die einen wollen erst ganz in Ruhe schlemmen, bevor der Streit um die Geschenke entfacht. Andere Familien wollen lieber erst die Geschenke austauschen, bevor sie sich über die Weihnachtsgans oder den Kartoffelsalat hermachen.
Je nach Geschenk ist es vielleicht so herum auch einfacher, sich mit leckerem Essen über eine mögliche Enttäuschung hinwegzutrösten. Im Internet wird heftig diskutiert, welche Reihenfolge sinnvoll ist.
Vor allem aber für jüngere Kinder ist das Warten auf die Bescherung eine Geduldsprobe. Familientherapeut Peter Thiel hat deshalb vor Jahren bereits in „Der Westen“ dazu geraten, sie nicht länger als nötig auf die Folter zu spannen. „Die Bescherung kommt vor dem Essen. Denn das ist der Höhepunkt des Tages. Der Hunger kommt von allein, also kann man auch eine Stunde später essen, wenn die Geschenke inspiziert worden sind“, sagte er.
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6. Gemeinsam Weihnachtslieder singen
Gemeinsam Weihnachtslieder singen. Tja, bei dieser Tradition gibt es definitiv Streitpotenzial. Viele Menschen lieben es, gehen sogar in Stadien und singen mit Tausenden von anderen Menschen gemeinsam die weihnachtlichen Superhits – Ohrwurmgarantie und schräge Töne inklusive. Andere ergreifen alleine bei dem Gedanken daran, gemeinsam Weihnachtslieder zu performen, die Flucht und verziehen sich lieber in Richtung Eierlikör.
Aber ist das gemeinsame Singen noch zeitgemäß?
Fakt ist: Wenn sich Tausende von Menschen treffen, um zusammen zu trällern, kann die Tradition nicht so überholt sein.
7. Frauen die Aussteuer schenken
Kaum noch vorstellbar, aber früher bekamen Frauen zu Weihnachten tatsächlich eine Mitgift – oder auch Aussteuer genannt – geschenkt. Eigentlich ist die Mitgift eine „kulturell festgelegte Form des Gabentausches anlässlich einer Heirat“. Es ist das Hab und Gut, das die Braut als sachliches Vermögen mit in die Ehe bringt. Also beispielsweise Töpfe oder Geschirr.
Das kann man sich bildlich vorstellen, wie überaus glücklich – am besten noch Single- – Frau unter dem Weihnachtsbaum sitzt, wenn sie ein Bügeleisen oder ein neues Wetzmesser in Empfang nehmen darf.
Bei dieser Tradition sei ganz klar gesagt: überholt und keineswegs mehr zeitgemäß. Diskussion ausgeschlossen.
Weihnachtliches Fazit
Wie bei vielen Dingen im Leben sind natürlich auch Weihnachtsbräuche kein Muss. Während die einen gerne eine Tradition fortsetzen, bevorzugen andere es, neue Rituale einzuführen. So oder so sollte jeder die Bräuche bei sich Zuhause aufrecht erhalten, die Spaß machen. Denn das Wichtigste ist, dass alle glücklich sind und gemeinsam eine schöne Zeit verbringen – darauf kommt es doch besonders in der Weihnachtszeit an.