Showdown im Innenausschuss - Bosbach sicher: Edathy wurde gewarnt

Wer wusste im Fall Edathy wann was und hat wen informiert? Alles dreht sich heute im Bundestag-Innenausschuss um diese Frage.

Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU, l-r) unterhält sich mit BKA-Präsident Jörg Ziercke und dem früheren Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche am 19.02.2014 vor der Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages in Berlin. Der Innenausschuss beschäftigt sich mit der Frage der Weitergabe von Informationen über den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy zu Ermittlungen im Bereich der Kinderpornografie. Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
BKA-Chef Jörg Ziercke (Bildmitte) und Ex-Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche müssen sich heute vor dem Bundestag-Innenausschuss erklären.
dpa, Wolfgang Kumm

Zuerst müssen dazu BKA-Präsident Jörg Ziercke und der frühere Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche Stellung beziehen. Später werden dann die SPD-Spitzenpolitiker Sigmar Gabriel, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Fraktionschef Thomas Oppermann und Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht in der nicht öffentlichen Runde Auskunft geben. Auch Innenminister Thomas de Maizière ist geladen, sein Vorgänger Hans-Peter Friedrich (CSU) erscheint trotz Einladung nach Angaben von Wolfgang Bosbach (CDU) nicht.

Bosbach, der als Vorsitzender den Innenausschuss leitet, glaubt in der Affäre um den zurückgetretenen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy an einen Tippgeber. "Ich gehe davon aus, dass Herr Edathy gewarnt worden ist", sagte Bosbach. Er rief die geladenen Personen zur Aufklärung auf. Sonst werde eine parlamentarische Untersuchung wahrscheinlich. Wenn in der Sitzung des Innenausschusses "gemauert" werde, würden die Rufe nach einem Untersuchungsausschuss immer lauter werden, sagte Bosbach dem WDR. Wer das vermeiden wolle, sollte "Klartext reden", verlangte der CDU-Politiker.

Zentral für die Union ist die Aufklärung über einen Anruf Oppermanns bei BKA-Chef Ziercke, in dem er sich nach dem Auftauchen von Edathys Namen bei internationalen Ermittlungen erkundigt hatte. "Er wollte ihn ja dazu verleiten, dass er ein Amtsgeheimnis verletzt", so Bosbach. Der CDU-Politiker machte deutlich, dass er von Oppermann das Eingeständnis eines Fehlers erwartet.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), forderte Oppermann auf, seiner Bringschuld an Aufklärung nachzukommen. Er verteidigte, dass der zurückgetretene Friedrich es abgelehnt hatte, vor dem Ausschuss auszusagen. Bosbach sagte: "Alle Beteiligten sind Sozialdemokraten, einschließlich Herrn Ziercke. Der einzige der zurückgetreten ist, ist Herr Friedrich."

Ein Krisengipfel der Parteichefs von CDU, CSU und SPD, Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel war am gestrigen Abend ohne eine Erklärung der Beteiligten zu Ende gegangen. Das Trio hatte klären wollen, wie das durch die Edathy-Affäre angeknackste Vertrauen wieder hergestellt werden kann.

Handel mit Nacktbildern von Kindern soll bestraft werden

Merkel hatte zuvor noch einmal bekräftigt, der Rücktritt von Minister Hans-Peter Friedrich (CSU), an dem sich letztlich die Koalitionskrise entzündete, sei notwendig gewesen. Friedrich habe die politische Verantwortung für einen möglichen Vertrauensverlust der Bürger in den Rechtsstaat übernommen, "gerade in einem so schrecklichen Feld wie Kinderpornografie".

Als Innenminister hatte Friedrich im Oktober 2013 Gabriel informiert, dass der Name Edathys bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Deshalb war er zurückgetreten. Ihm droht ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat. Die Staatsanwaltschaft Berlin prüft einen entsprechenden Schritt. Der CSU-Politiker ist sich indes keiner Schuld bewusst. "Es war meine Pflicht", sagte er im ZDF-Interview.

Oppermann hatte öffentlich gemacht, dass Friedrich Gabriel informierte. Er sieht aber keinen Anlass für persönliche Konsequenzen oder Zugeständnisse. Die Koalition werde zur Sacharbeit zurückkehren und nichts verknüpfen, was nichts miteinander zu tun habe, sagte Oppermann.

Die CSU hat damit ein Problem und sieht das Verhältnis zur SPD belastet. "Es geht um Vertrauen. Das ist gestört“, sagte Seehofer. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte: "Es ist die Bringschuld der SPD, dafür zu sorgen, die Sache vollständig aufzuklären." Dabei gehe es auch darum, ob Edathy von der SPD gewarnt worden sei.

Unterdessen kündigte die Staatsanwaltschaft Hannover weitere Ermittlungen gegen Unbekannt an. Dabei geht es darum, ob er vor Ermittlungen gewarnt worden war. Der frühere niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD) hatte dem NDR gesagt, dass Edathy ihm von einem Informanten berichtet habe, der ihn vor den Ermittlungen gewarnt habe.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von kinderpornographischem Material. Der 44-Jährige hatte eingeräumt, Fotos nackter Kinder bezogen zu haben – was bislang aber nicht strafbar ist. Genau das soll sich möglichst bald ändern. Heiko Maas (SPD) sagte: "Wir wollen klären, wie wir das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen unter Strafe stellen können." Auch eine Mehrheit der Deutschen fordert schärfere Regeln. In der aktuellen RTL-Forsa-Umfrage sprachen sich 78 Prozent dafür aus, den Kauf von Nacktfotos von Kindern zu verbieten – nur 19 Prozent sagen, dass der Erwerb legal bleiben soll.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will auch Kinderfotos prüfen lassen, die aufreizend, aber nicht explizit pornografisch sind: "Diese Bilder verletzten die Rechte von Kindern." CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte: "Der Staat muss hart reagieren, wenn Nacktbilder von Kindern im Umlauf sind. Der Fall Edathy zeigt, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht."