Mutter erinnert sich: "Ich wurde am ganzen Körper blau!"Schlaganfall im Mutterleib: So geht es dem kleinen Jano (8) heute

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Jano und seine Mutter: Sie sind ein eingespieltes Team.
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von Lisa Marie Siewert und Sarina Sprengelmeyer

Janos Eltern aus dem niedersächsischen Edewecht freuen sich über die Geburt ihres zweiten Sohnes. Zunächst sieht alles so aus, als wäre Jano ein gesundes Baby. Doch je älter er wird, desto deutlicher werden seine Einschränkungen: Seine rechte Seite kann er nicht richtig bewegen, hat Probleme beim Trinken und Essen. Erst als er zwei Jahre alt ist, erhalten seine Eltern die unfassbare Diagnose: Jano hatte einen Schlaganfall - im Mutterleib! Was damals passiert ist, und wie es Jano heute geht, hat uns seine Mutter erzählt.

War das der Schlaganfall-Moment? "Meine Hände und Finger wurden blau"

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Janos Mutter erinnert sich an den Schreckensmoment
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Die Schwangerschaft mit Jano verlief eigentlich völlig normal, erzählt Mutter Rebekka Macke-Book. Es ist bereits ihr zweites Kind und zunächst deutet nichts auf Komplikationen hin. Bis auf einen unheimlichen Vorfall im 4. Monat. Sie ist auf der Arbeit, als plötzlich das passiert: „Ich wurde am ganzen Körper blau. Hände blau, die Finger blau. Meine Kollegin guckt mich an und sagt: „Das ist nicht normal! Ich rufe einen Krankenwagen!“

Kurze Zeit später ist ein Rettungswagen vor Ort. Doch keine zehn Minuten danach ist die Blaufärbung wieder verschwunden. Im Krankenhaus können die Ärzte nichts feststellen, auch Baby Jano geht es vermeintlich gut. Im Nachhinein bewertet Rebekka Macke-Book das Erlebte jedoch anders: „Ich vermute, dass das die Situation war, in der Jano kurzfristig nicht versorgt war.“

Ihr Muttergefühl habe ihr gesagt, dass etwas nicht stimme. Doch die Ärzte versichern ihr, alles sei in Ordnung. Darauf habe sie sich verlassen.

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Es dauert zwei Jahre bis Janos Eltern erfahren, was wirklich passiert ist

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Janos rechte Seite war von Anfang an eingeschränkt: Doch niemand ahnte, dass dafür ein Schlaganfall verantwortlich war!
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Die restliche Schwangerschaft und die Geburt verlaufen unauffällig. Doch als Jano noch ein kleiner Säugling ist, fällt seinen Eltern auf, dass er die rechte Hand oft als Faust verschlossen hat und die Finger nicht richtig öffnet. Auch hier beruhigen sie die Ärzte und Ärztinnen: Das Baby habe vielleicht im Mutterleib auf der Seite gelegen, es würde sich schon alles normal entwickeln. Auch bei den U-Untersuchungen ist scheinbar alles in Ordnung. Weil Jano aber auch Probleme beim Trinken aus der Flasche und beim Brei essen hat, bekommt er seit seinem zweiten Lebensjahr eine Physiotherapie. Die Therapeutin äußert dort das erste Mal einen schlimmen Verdacht, wie uns Janos Mutter schildert.

„Also die Therapeutin sagte zu mir: ‘Mit ihrem Sohn stimmt etwas nicht. Ich darf keine Diagnosen stellen, aber lassen Sie das überprüfen’.“ Rebekka Macke-Book hört auf den Rat und auch im Krankenhaus werden die Ärzte und Ärztinnen hellhörig und ordnen ein MRT an. Doch zuerst sollen sie drei Monate auf die Untersuchungen warten. Rebekka Macke-Book lässt das jedoch keine Ruhe und sie setzt alle Hebel in Bewegung für eine frühere Untersuchung.

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Die MRT-Aufnahmen zeigen eine Narbe im Gehirn "Die Welt bricht zusammen"

Die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich: Auf den Aufnahmen wird eine Narbe in Janos Gehirn sichtbar. Die Diagnose: Schlaganfall im Mutterleib.

„Die Welt bricht zusammen. Man hat das Gefühl ‘Ich bin schuld als Mutter’. Und das ist auch das, was ich anderen Müttern auf den Weg gebe, die vielleicht mal EINE Zigarette rauchen oder mal EIN Glas Wein trinken in der Schwangerschaft: Macht es nicht!“

Rebekka Macke-Book selbst habe gesund gelebt, und trotzdem lange nach einem Grund, einem Auslöser für den Schlaganfall auch in ihrem eigenen Verhalten gesucht: „Bis heute habe ich nichts gefunden. Es war eine Laune der Natur. Das macht es auch so unbegreiflich.“

Diagnose wichtig für Janos weiteres Leben

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Janos Einschränkungen sind immer noch spürbar im Alltag.
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Doch so schlimm dieser Moment war, er bringt der Familie Klarheit und sorgt dafür, dass Jano optimal therapiert werden kann. Damals erhalten sie eine Beratung vom Gesundheitsamt. Jano bekommt die Pflegestufe 3. Es sei wichtig für Betroffene Familien, so eine Hilfe anzunehmen.

„Diese Kinder brauchen ganz viel Unterstützung. Etwa eine Reittherapie, die übernimmt aber nicht die Krankenkasse. Oder man fährt zu Spezialisten, die sind nicht immer um die Ecke“, erzählt Rebekka Macke-Book. Bei vielen finanziellen Belastungen helfe dann das Pflegegeld. Auch Jano musste mit seinen Einschränkungen leben lernen.

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Einschränkungen erst sichtbar auf den zweiten Blick

Bis heute ist Janos rechte Körperhälfte teilweise gelähmt. Mithilfe einer Fuß-und Handprothese wird ihm dabei geholfen, seine Gliedmaßen normal einzusetzen. Aber auch die psychischen Belastungen wären nicht zu unterschätzen, erklärt seine Mutter: „Er wollte so sein wie alle anderen Kinder.“ Jano geht inzwischen auf eine spezielle Förderschule, denn auch das Lernen fällt Jano nicht leicht. Auch daran mussten sich seine Eltern und er erstmal gewöhnen: Heute sind sie sicher, dass die Schule das Beste ist, was ihnen passieren konnte.

500 Kinder in Deutschland pro Jahr betroffen - frühe Therapie wichtig

Laut der Deutschen Schlaganfall Hilfe sind rund ein Drittel der Schlaganfall-betroffenen Kinder Neugeborene. Da diese Fälle so unglaublich selten sind, kommen Ärzte und Ärztinnen sowie betroffene Familien oft gar nicht auf die mögliche Diagnose „Schlaganfall“. Was genau ein Schlaganfall ist, erfahren Sie hier.

Während bei Erwachsenen das Alter, Ernährung oder etwa Bluthochdruck Risikofaktoren sind, ist der Auslöser bei Kindern häufiger unklar. In der Schwangerschaft könne man aber vorsorgen: Die Deutsche Schlaganfall Hilfe rät, dass die persönlichen Risikofaktoren der Mutter wie Bluthochdruck und Diabetes gut eingestellt werden, Übergewicht verringert und auf Rauchen und Alkoholgenuss verzichtet werden muss. Für Eltern sei es wichtig, ihr Kind genau zu beobachten und im Zweifel schnell zu handeln: „Generell gilt beim Schlaganfall, je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser können gezielt Therapien für das Kind verordnet werden und weiteren Beeinträchtigung entgegengewirkt werden.“

Selbsthilfegruppen können dabei helfen, sich auszutauschen und Halt zu finden. Auch Janos Mutter fand einen entsprechenden Verein, engagiert sich inzwischen selbst in ihrer Regionalgruppe.

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"Man muss Mut haben"

Der Alltag müsste an Janos Einschränkungen angepasst werden, gibt seine Mutter zu. Er sei zudem oft sehr ungeduldig, wenn er merke, dass er etwas nicht könne oder rege sich schnell auf. Trotzdem sei vieles inzwischen eingespielter. Mut brauche man auf jeden Fall. Jano selbst erklärt seine Probleme ganz gelassen: „Dieser blöde Daumen will nicht dahin.“ sagt er und zeigt die rechte Faust. Da müsse er manchmal nachhelfen. Seine Orthesen (Orthopädische Hilfsmittel, die Gelenke unterstützen) nerven ihn zwar im Sommer, aber: „Ich kann auch sehr schnell rennen!“

Was ihm im Mutterleib passiert ist, kann nicht rückgängig gemacht werden. Aber Janos Geschichte zeigt: Trotz Schlaganfall ist ein gutes Leben möglich.