Neugeborenes aus Regensburg überlebte nicht

Baby tot in den Müll geworfen - Mutter (25) zu drei Jahren Haft verurteilt

Eine wegen Mordes angeklagte Frau trifft neben ihrem Anwalt Andreas Kaiser zum Prozessbeginn im Landgericht Regensburg ein. Die 25-Jährige hatte im Dezember 2020 ihr neugeborenes Kind in einer Mülltonne abgelegt. Das Baby war am ersten Weihnachtsfeiertag 2020 leblos in dem Müllcontainer entdeckt worden. Eine Obduktion des Leichnams ergab, dass das Baby bei der Geburt lebensfähig war und nicht eines natürlichen Todes starb.
Vieles ist in dem Prozess um den Tod eines Babys in Regensburg im Dunklen geblieben.
deutsche presse agentur

Am ersten Weihnachtstag 2020 brachte eine damals 24-Jährige ein Baby in einer Wohngemeinschaft in Regensburg zur Welt. Kurz darauf wurde das Mädchen tot in einer Mülltonne gefunden. Wann starb es? Hätte es gerettet werden können? Die junge Mutter wurde festgenommen und kam in Untersuchungshaft. Jetzt ist das Urteil zu dem rätselhaften Todesfall gefallen.

Richter: „Wir glauben ihr nicht!“

Die 25 Jahre alte Frau ist am Freitag vor dem Landgericht Regensburg für den gewaltsamen Tod ihres Neugeborenen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter Michael Hammer legte ihr fahrlässige Tötung zur Last.

Im Laufe des Prozesses seien allerdings viele Fragen ungeklärt geblieben, etwa, wie genau das am ersten Weihnachtsfeiertag 2020 geborene Kind starb.

Die Frau hatte nach der Entbindung behauptet, es sei eine Totgeburt gewesen. Doch angesichts widersprüchlicher und immer neuer Angaben während der Ermittlungen attestierte ihr der Richter eine „mangelnde Wahrheitsliebe“ und stellte klar: „Wir glauben ihr nicht. Sie lügt, wann immer ihr es nützlich scheint.“

Mal wollte sie das Baby die Toilette hinuntergespült haben, dann hatte sie es in die Mülltonne gepackt, mal sprach sie von einer Totgeburt und mal davon, dass sie es für tot gehalten habe.

Überhaupt habe die 25-Jährige nichts Erhellendes zum Prozess beigetragen. Die meiste Zeit schwieg sie.

"Hätte sie das Kind gewollt, dann würde es leben"

„Fest steht: Hätte sie das Kind gewollt, dann würde es leben“, sagte der Richter. Dann wäre die Frau zum Arzt oder in ein Krankenhaus gegangen oder hätte sich spätestens, nachdem sich in der Wohnung die Geburt abgezeichnet hatte, an ihre WG-Mitbewohner gewandt. All das habe die Frau nicht getan. Und das, obwohl sie bereits zuvor einmal ein Kind zur Welt gebracht hatte und dabei aufgrund von Komplikationen beinahe selbst gestorben sei.

Prozessbeobachter dürften ihrem Gefühl vertrauen, das Gericht müsse aber anderen darüber Rechenschaft ablegen, was man wirklich wisse und was nur Andeutungen seien oder was vielleicht naheliege, aber nicht beweisbar sei, sagte Hammer. „Was wissen wir? Wir wissen wenig.“

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Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre Haft

Die Staatsanwaltschaft hatte der Frau Totschlag vorgeworfen und eine sechsjährige Haftstrafe gefordert. Die Verteidiger plädierten auf fahrlässige Tötung und eine Bewährungsstrafe. Ursprünglich war die Frau wegen Mordes angeklagt.

Dass die Angeklagte keine Bewährungsstrafe erhalte, begründete der Richter unter anderem damit, dass die Frau über lange Zeit die Möglichkeit gehabt hätte, die Situation abzuwenden. Anders als beispielsweise bei einem Verkehrsunfall, wo es sich bei einer fahrlässigen Tötung um ein Augenblicksversagen handele.

Der Richter richtete zum Schluss deutliche, aber auch bewegende Worte an die 25-Jährige: Es gebe Angeklagte, die Reue und Selbsterkenntnis zeigten, bei denen man das Gefühl habe, sie seien auf dem richtigen Weg. „Das sehen wir bei Ihnen nicht.“

„Ich weiß nicht, ob Sie gefühllos sind oder ob Sie Ihre Gefühle abspalten. Ein weiteres Opfer gibt es aber sicher, wenn Sie sich nicht ändern: Sie selbst“, so der Richter.

Baby soll noch mindestens eine halbe Stunde gelebt haben

Die Babyleiche war in einer Mülltonne entdeckt worden. Laut Obduktion hatte das Mädchen nach der Geburt mindestens eine halbe Stunde oder eine Stunde gelebt. Es starb durch Ersticken oder Unterkühlung oder durch eine Kombination aus beidem.

Ein Verteidiger sagte nach dem Urteil, voraussichtlich auf Revision verzichten zu wollen. (dpa/ mor)