Raubkunst und Kriegsverbrechen im Namen des britischen Königshauses
Hamburger Historiker: Queen hat persönlich vom Kolonialismus profitiert
Die Queen ist tot – viele Briten und royale Fans trauern um Elisabeth II. Doch wie sehen das eigentlich die Menschen, die vom britischen Empire teilweise jahrhundertelang unterdrückt wurden? Die im Namen der Krone verübte koloniale Gewalt hat die Queen weder verhindert noch sich angemessen dafür entschuldigt. Das Königshaus und auch die Queen sollen persönlich vom Kolonialismus profitiert haben, meint der Hamburger Historiker Jürgen Zimmerer. Da gehe es um Werte von Millionen Euro aus Ausbeutung, sagte der Experte für Kolonialgeschichte dem „Tagesspiegel“ (Sonntag). So sei „seit Jahrzehnten bekannt, dass in den Kronjuwelen Edelsteine aus kolonialen Raubzügen verarbeitet sind“. Ehemalige Kolonien forderten sie seit Jahren zurück.
Professor: Queen "deshalb so beliebt, weil sie nie jemandem auf die Füße getreten ist"
Der Professor am Arbeitsbereich Globalgeschichte der Universität Hamburg warf der verstorbenen Königin Elisabeth II. vor, sie habe sich auch später „nie kritisch zum britischen Kolonialismus geäußert“. „Ich habe den Verdacht, dass sie deshalb so beliebt war, weil sie nie jemandem auf die Füße getreten ist“, sagte Zimmerer.
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Kriegsverbrechen in den Kolonien: Königin sei "entscheidend mitverantwortlich für die britische Politik"
Vor allem in Malaysia, Kenia und Ägypten habe die britische Herrschaft koloniale Verbrechen begangen, sagte er. In der britischen Kolonie Malaysia habe die britische Armee Kriegsverbrechen begangen. In Kenia sei sie brutal gegen die Widerstandsbewegung der Mau-Mau vorgegangen, habe deren Mitglieder und Familien in Konzentrationslager gesperrt und gefoltert: „Das alles ist in ihrer Amtszeit passiert.“ Die Königin sei „entscheidend mitverantwortlich für die britische Politik“ gewesen.
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Wegen Sklaverei und Kolonialismus: "Als Kenianer fühle ich nichts"
Und so sammelten sich in den sozialen Medien nach Bekanntwerden des Todes von Elisabeth etliche kritische Stimmen. Ungefähr alle sechs Tage feiere ein Land seine Unabhängigkeit von Großbritannien, kommentierte ein Twitter-Nutzer. Dieser Anlass sei der am weitesten verbreitete Feiertag auf der Welt. "Hätte sich die Königin für Sklaverei, Kolonialismus und Neokolonialismus entschuldigt und die Krone aufgefordert, Reparationen für die Millionen von Menschenleben zu leisten, die in ihrem Namen geopfert wurden, dann würde ich vielleicht das Menschliche tun und mich schlecht fühlen", twitterte der Uni-Professor Mukoma Wa Ngugi. "Als Kenianer fühle ich nichts. Dieses Theater ist absurd."
Kenia befand sich seit 1895 unter britischer Herrschaft. Im Jahr 1920 wurde es offiziell zu einer Kolonie ernannt und erlangte erst im Jahr 1963 - also elf Jahre, nachdem Elisabeth II. den britischen Thron bestiegen hatte - seine Unabhängigkeit.
Etwa alle 6 Tage auf der Welt feiert ein Land seine Unabhängigkeit von Großbritannien
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Hoffnung in die jungen Royals
Natürlich hat sie in ihrer langen Regentschaft viele Staaten gesehen, die unabhängig wurden. Doch die post-koloniale Ära ist immer noch nicht abgeschlossen. Die früheren Kolonien aus Asien, Afrika und der Karibik gingen im Commonwealth auf, einem losen Bund, der heutzutage aus 56 souveränen Staaten besteht. Die Queen - und nun König Charles III - sind nach wie vor Staatsoberhäupter einiger dieser Staaten, den sogenannten Commonwealth Realms. Zeit ihres Lebens setzte sich Elisabeth II. dafür ein, dass die Gruppe als Einheit bestehen bleibt.
Doch der Druck, sich zu vergangenen Gräueltaten und Unrecht im Namen des Kolonialismus zu äußern, wächst. Auch Rassismus-Vorwürfe in Bezug auf Herzogin Meghan, die von ihr und ihrem Mann, Prinz Harry, selbst hervorgebracht worden waren, heizten die Debatte an. Und es war auch der jüngste Sohn von König Charles III., der im Juli 2020 offen ansprach, dass sich die Staaten des Commonwealth mit ihrer kolonialen Vergangenheit auseinandersetzen müssen. (kra mit epd)