Simon K. ließ sich von einem Freund anwerben
Prozess in Berlin: 18-Jähriger soll als falscher Polizist Rentner am Telefon abgezockt haben

In kurzer Zeit viel Geld verdienen- genau davon träumte Simon K. und soll sich Ende 2020 einer Betrügerbande angeschlossen haben. Seine Aufgabe sei es gewesen, sich am Telefon als Polizist auszugeben und Rentnern ihr Geld aus der Tasche zu ziehen. Dafür wurde er von einem Kumpel zunächst in Deutschland angeworben und dann in die Türkei geflogen, von wo die Drahtzieher der Bande arbeiten. Nun steht der junge Mann in Berlin vor Gericht.
Berliner Akademikersohn lässt sich von Betrügerbande anwerben
Simon K. ist gerade einmal 18 Jahre alt, stammt aus einer Akademiker-Familie und lebt in Berlin. Und genau dort will er auch ahnungslose Rentner um ihr Geld bringen, heißt es in der Anklage gegen ihn. Sein Arbeitsplatz soll jedoch nicht das heimische Wohnzimmer gewesen sein. Nach Aussage des 18-Jährigen wird extra für mehrere Tage in ein Call-Center in die Türkei geflogen und soll von dort seine betrügerischen Telefonate führen.
Am Anfang will er von dem Vorhaben nichts gewusst haben. Vor Gericht sagt er, er dachte, er würde in den Urlaub fahren. Dazu eingeladen habe ihn sein Kumpel David, der plötzlich ein dickes Auto fährt, mit vielen Geldscheinen um sich wirbelt und auch Simon K. laut eigenen Aussagen das große Geld verspricht.
Betrüger geben sich am Telefon als Polizisten aus
Die Masche ist immer gleich: Die Betrüger rufen bei den Rentnern an und geben sich als Polizisten und Staatsanwälte aus. Sie behaupten, dass ein Einbruch unmittelbar bevorstünde und spielen ihren Opfern vermeintliche Tonaufnahmen vor, in denen sie namentlich genannt werden und bestätigt wird, dass dort Wertgegenstände und Geld geklaut werden sollen. Die Betrüger bieten dann ihre Hilfe an und drängen die Rentner dazu, ihr Hab und Gut zusammenzupacken und es an einem vereinbarten Treffpunkt abzulegen, um es in Sicherheit zu bringen. Ab diesem Zeitpunkt würden die Rentner ihre Habseligkeiten jedoch nie wieder sehen.

Auch Simon K. soll laut Anklage am Telefon ältere Menschen zu diesen Taten überreden. Eine bestimmte Software ermöglicht es ihm dabei, seine Telefon-Nummer zu überschreiben, sodass die Rentner tatsächlich dachten, die 110 ist am anderen Ende der Leitung.
Simon K. sagt, er habe stundenlang telefonieren müssen
Vor Ort in der Türkei musste er „dann da von 7 bis 17 Uhr telefonieren. Es wurde auch Druck auf uns ausgeübt.", erzählt er dem Richter vor Gericht in Berlin. Untergebracht sei er in einem Appartement zweineinhalb Taxistunden vom Flughafen Istanbul entfernt gewesen. Dort habe er ein eigenes Zimmer gehabt, in dem neben dem Bett auch ein Schreibtisch mit einem Laptop und Headset steht. Neben ihm seien auch weitere „Jungs“ in dem Appartement gewesen, schildert er. Jeder von ihnen habe sein eigenes Zimmer gehabt, kommuniziert wurde untereinander laut Simon K. mit Walkie-Talkies. Zwei „Erwachsene“ leiteten seiner Aussage nach den Betrieb. Nach Urlaub hört sich das nicht wirklich an.
Ganze acht Tage bleibt Simon K. in der Türkei, bevor er wieder nach Deutschland zurückfliegt und von dort die Trickbetrüger-Bande weiterhin unterstützt. Seine Aufgabe sei nun die Abholung und der Weitertransport der Beute, heißt es in der Anklage.
Opfer fühlen sich nicht mehr sicher und wollen umziehen
Unter seinen Opfern sind auch Lutz H. und Claudia B., die gemeinsam in einem Haus in Berlin wohnen. Sie telefonieren stundenlang mit den Betrügern aus der Türkei, die ihnen ihnen von einem Einbruch im Nachbarhaus erzählen. Die beiden bekommen es mit der Angst zu tun, als ihnen der vermeintliche Polizist am anderen Ende der Leitung eine Tonbandaufnahme vorspielt, in der sich die Täter darüber unterhalten, wie sie die beiden als nächstes ausrauben wollen.
Schließlich packen sie ihre Wertsachen zusammen - eine Münzsammlung, Schmuck, Geld und wichtige Unterlage im Wert von 70.000 Euro- und schmeißen alles in ein Gebüsch. Als das erledigt ist und die beiden wieder zuhause sind, ruft der falsche Kommissar an und spricht ein großes Lob aus: "Das haben sie richtig gut gemacht." Simon K. war es, der die Beute einsammeln sollte. Doch dazu kommt es nicht mehr, denn die Polizei überführt die Bande.
Die richtige Polizei übergibt dann die Beute zurück an ihre Besitzer. "Wir haben schon so oft von diesen Betrugsmaschen gehört, aber das wir da selbst mal drauf reinfallen, haben wir nicht gedacht. Es wirkte alles so echt.", erzählt Claudia B. im Gespräch mit RTL-Reporterin Franca Pörsch. Seit dem Vorfall überlegen die beiden umzuziehen, raus aus dem Haus. "Wir fühlen uns da nicht mehr ganz so sicher wie vorher. Die Bande weiß ja jetzt, wie viel Wertsachen wir haben und wo wir wohnen."
Polizei: Niemals Geld oder Wertgegenstände an unbekannte Personen übergeben
Simon K. muss sich nun vor dem Landgericht in Berlin verantworten. Sein Anwalt lässt beim ersten Prozesstag in Berlin ausrichten, dass er Simon K. bei seinen Opfern gern entschuldigen möchte. Er sei doch ein nur 18 Jahre alter Junge.
Um vor Risiken zu warnen, weist die Polizei in ihrer Info-Broschüre auf mögliche Tricks hin. Sie raten dazu, am Telefon nicht über persönliche und finanzielle Verhältnisse zu reden und niemals Geld oder Wertgegenstände an unbekannte Personen zu übergeben. (cbe)