Wer nicht mit fünf Geräten am Start ist, geht leer aus

Nehmt doch gleich meine Niere! Warum wird es eigentlich immer schwieriger, Konzerttickets zu bekommen?

Mobile phone with website of US company Ticketmaster Entertainment Inc. on screen. Stuttgart, Germany - 12-02-2022: Mobile phone with website of US company Ticketmaster Entertainment Inc. on screen in front of business logo. Focus on top-left of phone display. Copyright: xZoonar.com/TimonxSchneiderx 19528398
Vor dem Vorverkauf ist Pre-Sale... Gefühlt wird es immer schwieriger, Konzerttickets zu bekommen.
Imago Entertainment
von Katharina Meyer

Konzerttickets zu bekommen, ohne sich den Verkaufsstart ganz fett im Kalender einzutragen? Unmöglich!
Ihr habt zufällig gesehen, dass eine Band, die ihr schon seit Jahren gerne mal live sehen würdet, in eure Stadt kommt? Tja, statt Jubelschreien sind dann wahrscheinlich eher enttäuschte Seufzer fällig. Denn vermutlich habt ihr den Vorverkauf verpasst, und die Tickets sind schon längst ausverkauft. Wie kommt es, dass vom krassen Megastar bis hin zur eher nischigen Indie-Band gefühlt nur noch Tickets im Pre-Sale zu holen und danach alle Konzerte ausverkauft sind?
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Ausverkauft nach 20 Minuten - wer zu spät kommt, hat Pech gehabt

Taylor Swift performs at the Monumental stadium during her Eras Tour concert in Buenos Aires, Argentina, Thursday, Nov. 9, 2023. (AP Photo/Natacha Pisarenko)
Der Vorverkauf für Taylor Swift war Stress pur!
Natacha Pisarenko, picture alliance

Viele von euch dürften sich den 27. November fett in den Kalender eintragen haben. Denn um 18 Uhr startet an diesem Tag der Vorverkauf für Helene Fischer bei Eventim und Ticketmaster. Doch wenn ihr Pech habt, ist um die Zeit schon längst kein Ticket mehr zu bekommen. Denn es gab – wie immer häufiger in letzter Zeit – auch noch den sogenannten Pre-Sale. Wer sich bis zum 26. November um 17 Uhr mit seiner E-Mail-Adresse für den Vor-Vorverkauf registriert hat, der darf schon um 9:30 Uhr Tickets in den Ticketmaster-Warenkorb legen.

Helene Fischer steht zwar nicht auf meiner Konzert-Wunschliste, aber das gleiche Verfahren habe ich dieses Jahr auch beim Vorverkauf für Taylor Swift durchgemacht. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes „durchgemacht“. Ich habe mich mit insgesamt sechs verschiedenen E-Mail-Adressen bei mehreren Konzerten in ganz Europa für den Pre-Sale angemeldet, habe an den beiden Vormittagen, an denen der Vorverkauf lief, alle Termine abgesagt und saß mit vier Geräten parallel wie auf heißen Kohlen an den Bildschirmen, während ich dabei zusah, wie die riesengroße Nummer in der Warteliste langsam kleiner wurde. Stress pur, das sage ich euch! Am ersten Vormittag ging ich zwar selbst leer aus, aber da ich über die eh schon extremen Vorkehrungen hinaus noch einen „Wer reinkommt, holt so viele Tickets wie möglich“-Deal mit mehreren Freundinnen laufen hatte und dann am zweiten Tag selbst Tickets ergattern konnte, werde ich nächstes Jahr zu den glücklichen Fans gehören, die Taylor Swift live sehen werden.

Lese-Tipp: Wie der Swift-Look funktioniert: Star-Styles zum Nachahmen

Nicht nur Megastars arbeiten mit Pre-Sale-Codes

Bleachers Tour schnell ausverkauft
Kaum hat der Vorverkauf begonnen, war auch diese Tour schnell ausverkauft.
bleachersmusic, Instagram

Na gut, Taylor Swift und Helene Fischer sind natürlich jetzt nicht gerade nischige Stars. Da könnte man vielleicht damit rechnen, dass nicht jeder, der gerne möchte, auch ein Ticket bekommt. Aber dann habe ich letzte Woche Ähnliches erlebt, als ich ein Ticket für die Band Bleachers kaufen wollte. Die Band um Musikproduzent und Songwriter Jack Antonoff hat zwar eine treue Fanbase, aber so schwer dürfte es da nicht sein, ein einzelnes Ticket zu ergattern – oder?

Doch! Auch hier gab es einen Pre-Sale vor dem offiziellen Start des Vorverkaufs, von dem ich nur deshalb erfahren habe, weil ich der Band sehr aufmerksam auf Instagram folge. Den Pre-Sale-Code, mit dem man schon vor allen anderen Tickets kaufen konnte, gab es für alle Fans, die das neue Album der Band vorbestellen. Dumm nur, dass ich schon lange keine CDs mehr kaufe und auch keine Vinyl-Ausgaben von Alben sammle, sondern Musik nur noch streame. Nachdem ich ein bisschen ratlos auf der Webseite der Band rumgesucht habe, habe ich den kleinen Link-Button gefunden, über den man sich auch ohne Vorbestellung für den Pre-Sale registrieren konnte.

Als ich dann, diesmal mit drei Geräten gleichzeitig, ein Ticket für meinen Wunschort kaufen wollte, funktionierte die Ticketmaster-Seite ausgerechnet für dieses Konzert nicht. Panisch überlegte ich, welcher Ort noch für mich infrage käme und legte ein Ticket in den Warenkorb. Dann hatte ich fünf Minuten, um meine Rechnungsadresse einzugeben. Eigentlich genug Zeit – wenn nicht erst Ticketmaster verlangt hätte, dass ich aus Sicherheitsgründen ein neues Passwort einrichte, dann Paypal nicht als Bezahlmethode gestreikt hätte und bei meiner deutschen Postleitzahl für ein Konzert in Großbritannien keine Fehlermeldung aufgeploppt wäre. Sitzung abgelaufen, neuer Versuch. Auch bei diesem Konzert habe ich nur mit jeder Menge Stressperlen auf der Stirn und einer ganzen Portion Glück ein Ticket ergattern können. Das ist doch nicht mehr normal – nehmt doch beim nächsten Mal gleich meine Niere!

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Sind Tickethaie schuld oder nutzen sie nur das unfaire System aus?

Ich könnte so weitermachen, und von euch gibt es bestimmt auch eine Menge Musikfans mit ähnlichen Geschichten. Für ein bereits ausverkauftes Konzert im Februar, dessen Pre-Sale ich einfach verpasst habe, scanne ich inzwischen regelmäßig die App „Kleinanzeigen“. Da gibt es noch Tickets – für 79 statt 46 Euro. Ganz ungeniert werden hier ein bis vier Tickets angeboten.

Der Hinweis „Wir sind ein gewerblicher Anbieter von Tickets und bieten Ihnen Eintrittskarten zu vielen ausverkauften und begehrten Veranstaltungen“ zeigt, dass hier nicht etwa Fans ihre Karten weiterverkaufen, die es selbst doch nicht zum Konzert schaffen, sondern System dahinter steckt. Aber wenn man einen Künstler oder eine Band unbedingt sehen möchte, bleibt einem oft nichts anderes übrig, als dieses unfaire System noch zu unterstützen. Auch die offiziellen FanSale oder Resale-Angebote der großen Ticketanbieter schlagen ordentlich was auf den Originalpreis drauf. Eigentlich müsste man dieses Vorgehen boykottieren – und Tickets nur zu vernünftigen Preisen aus zweiter Hand kaufen.

Konzertbesuche sind ein stressiges Hobby

Es ist schön, dass die Nachfrage nach Konzerttickets nach Corona wieder so groß ist. Wir mussten lange genug auf Live-Events verzichten und ich freue mich über jeden Fan, der mit mir gemeinsam in der Menge steht, um Bands, Sängern und Sängerinnen gemeinsam zu lauschen, zu tanzen und mitzugröhlen. Der Stress der Vorverkäufe ist in diesen Momenten natürlich wieder vergessen. Doch ohne ein gewisses Maß an Eigeninitiative hätte ich im letzten Jahr sehr viel weniger Konzerte besucht.

Inzwischen behandle ich die Pre-Sales für die Konzerttickets meiner Lieblingskünstler wie Arzttermine. Ich schreibe sie akribisch in meinen Kalender, richte mir Erinnerungen ein – und sitze dann, mit mehreren Geräten in verschiedene Accounts bei Eventim, Ticketmaster und Co. eingeloggt, parat. Ich würde mir jedoch wünschen dass man auch spontan noch Tickets ergattern kann, wenn man den Vor-Vorverkauf einer Band, der man vielleicht nicht auf Social Media folgt, mal wieder verpasst hat.

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