Nach Selbstmord des einzigen Kindes: Mutter schreibt rührenden Brief an toten Sohn

Es ist wohl das Tragischste, was einer Mutter passieren kann: Das eigene Kind verlieren und dann auch noch durch Selbstmord. "Hätten wir gewusst, wie du dich wirklich fühlst, hätten wir dich nach Hause geholt", schreibt die Mutter in einem Brief an ihren Sohn. Ihr Sohn Jonathan hatte sich vor vier Jahre das Leben genommen, wenige Tage nach seinem 20. Geburtstag. "Wenn wir bei dir gewesen wären, hätten wir dir gesagt, wie sehr wir dich lieben und dass du nicht alleine bist." Der Brief wurde anlässlich des weltweiten 'Suicide Prevention Days' am 10. September von der britischen Zeitschrift 'Mirror' veröffentlicht.
Es war der 27. Mai 2011, als der Albtraum für Jonathans Eltern Joy und Phil Heal begann. Wie immer kamen sie an diesem Tag spät von der Arbeit nach Hause. Joy rannte schnell die Treppen hoch, um sich umzuziehen, damit sie noch rechtzeitig zu ihrem Yoga-Kurs erscheinen konnte. Auf dem Weg dorthin wurde sie in ihrem Auto von einem Polizeiwagen angehalten. "Sind Sie Joyce?", fragte der Polizist. "Er sagte mir, er müsse mit mir sprechen und ich solle zurück nach Hause fahren", erzählt Jonathans Mutter in dem Brief. Im Haus sagten die beiden jungen Polizisten den Eltern dann das Unbegreifliche: "Ihr Sohn ist tot, wir glauben, dass er sich selbst das Leben nahm."
Völlig schockiert und überrascht von dem wahren psychischen Zustand ihres Sohnes fallen die Eltern zunächst in ein Loch. "Es war der Beginn eines Albtraums aus dem es kein Erwachen zu geben schien", erklärt Joy. Wieso hatten sie nichts gemerkt? "Als du am 14. Mai aus Nottingham zu uns kamst, um deinen Geburtstag zu feiern, aßen wir alle zusammen, du, ich, dein Vater und deine Onkel und Tanten", schreibt Joy. "Nur 13 Tage später hast du dir dein Leben genommen und wir haben erst später erfahren, dass das nicht dein erster Versuch war." Denn Jonathan hatte wenige Tage vor seinem Selbstmord schon einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Doch bei diesem Versuch konnten seine Mitbewohner das Schlimmste verhindern. Sie brachten ihn sofort ins Krankenhaus, das die Eltern jedoch nicht darüber informierte, da ihr Sohn laut Gesetz schon als erwachsen galt.
Obwohl Jonathan nach seinem ersten Selbstmordversuch von zwei Seelsorgern betreut wurde, konnte der zweite Anlauf nicht verhindert werden. Denn Jonathans Zustand wurde falsch eingeschätzt: "Einer sagte, du wärst sehr gefährdet, der andere sagte, dir ginge es gut. Leider vertraute man der zweiten Einschätzung", berichtet Joy.
"Du warst immer ein sensibler Junge, stimmt‘s? Wenn du 20 Freunde zu deinem Geburtstag eingeladen hattest und 19 gekommen sind, machtest du dir Sorgen um den einen, der abgesagt hatte. Du konntest es nie ertragen, wenn jemand ausgeschlossen wurde. Ich denke, das war, weil du selber gemobbt wurdest, seit du jung warst. Ein pummeliger Junge mit leuchtend rotem Haar und Sommersprossen, du warst ein leichtes Opfer", beschreibt Joy.
Seine Familie und Nachbarn schätzten den Jungen immer sehr für seine Hilfsbereitschaft, auch seine Chefs lobten ihn in höchsten Tönen. "Du warst immer so witzig. Du konntest fast alle Akzente imitieren und hast uns die ganze Nacht unterhalten", schwärmt Jonathans Mutter.
"Wir werden niemals richtig verstehen, warum du getan hast, was du getan hast"
Eine Frage quält die Eltern besonders: Sie kennen nicht den Grund, den Auslöser für den Selbstmord ihres einzigen Kindes. Hat er versucht sich seinen Eltern anzuvertrauen und sie haben es nicht gemerkt? Seine Eltern stellen sich auch vier Jahre nach dem Tod ihres Kindes noch viele Fragen. "Wir werden niemals richtig verstehen, warum du getan hast, was du getan hast, aber da ist eine Sache, die wir wirklich wissen – wir könnten nicht stolzer sein auf den wunderbaren jungen Mann, der du warst", schreibt die Mutter am Ende ihres Briefs, "wir haben die wunderbarste Person verloren, die wir je kannten."
Nachdem die Eltern selbst Hilfe in Selbsthilfegruppen fanden, um über den Tod ihres Kinder hinwegzukommen, führen sie heute selber eine solche Gruppe, um auch anderen Eltern den Weg in eine neue Normalität zu erleichtern. So konnten sie ihrem Leben wieder einen Rhythmus geben. Bleibt zu hoffen, dass die beiden diesen schweren Weg weiterhin so tapfer bestreiten.