Mom-Bashing: Schluss mit Lästern und Sticheleien

ILLUSTRATION - ARCHIV - Eine Mutter scherzt am 05.11.2012 in Kaufbeuren (Bayern) mit ihrer kleinen Tochter. Der Sozialverband VdK schaltet sich vor der Bundestagswahl in die Debatte um die Mütterrenten ein. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Wenn es um Erziehung geht, weiß es jede Mutter besser.
dpa, Karl-Josef Hildenbrand

Am besten gefällt mir die Szene, in der „the unnatural woman“ Riona zerknirscht im Café sitzt und Kuchen isst. Sie tut das mit ultra-schlechtem Gewissen, denn sie hat ihren kleinen Sohn mit einem Tablet ruhiggestellt, damit sie endlich mal ihre Ruhe hat. In ihrem neuen Facebook-Video nimmt die britische Comedian all die Mütter (und andere Menschen) auf die Schippe, die ständig an anderen Müttern herum kritteln und ihnen das Gefühl geben, nichts - aber wirklich so gar nichts - richtig machen zu können. Mama Bashing nennt man dieses Verhaltensmuster. Menschen, die keine Kinder haben, aber alles über die richtige Kinderaufzucht wissen, machen das gerne. Aber auch engagierte Mütter. Mit denen hat übrigens auch 'die Katze' Katzenberger so ihre Probleme.

Der Schlechte-Gewissen-Modus ist schnell aktiviert

Wenn andere Mütter über die neuesten Impfungen und Ernährungstheorien sprechen, „fühl´ ich mich immer so fehl am Platz“, erzählt 'die Katze' auf ihre Facebook-Account. An Grundsatzdebatten über Brote mit Nuss-Nougat-Aufstrich beteiligt sie sich deshalb mit zwei Trotzreaktionen: Entweder sie erzählt einen „versauten Blondinen-Witz“ oder sie beißt während der Debatte über gesunde Zähne in ein Eis mit dickem Schoko-Überzug.

Auch eine Möglichkeit, sich vom Diktat der Liga der perfekten Mütter freizumachen. Warum nur ist es so schwer, einfach mit anderen Mamas zusammen zu sein, ohne sich gegenseitig mit Tipps zu Ernährung und Erziehung und unterschwelligen Sticheleien das Leben schwer zu machen? Eine subtile Kampf-Kunst, die 'die Katze' übrigens auch ganz gut beherrscht. Die anderen Mütter beschreibt sie nämlich folgendermaßen: „Die sind dann in meinem Alter, sehen aber zehn Jahre älter aus. Ich kann mit denen auch nicht so“.

Mädels! Es wird Zeit, stolz zu sein!

Jaah… Gut… Also, unser Thema heute ist ja der Appell, die andere einfach mal so hinzunehmen, wie sie ist. Und zu akzeptieren, dass die eine Mutter viel Zeit in ihr äußeres Erscheinungsbild investiert und die andere Mutter das Tomaten-Ketchup selbst einmacht. Das die eine Gläschen aufwärmt und die andere jeden Gemüsebrei frisch kocht. Oder – jetzt sind wir wieder bei Rionas sehr lustigem Clip – dass die eine ihr Kind auch mal schreien lässt und die andere mit ihm jede Nacht im selben Bett schläft. Welches mütterliche Verhalten die gröbsten psychischen Schäden in der Kinderseele hervorruft, kann man mit Sicherheit ohnehin erst feststellen, wenn das Kind 18 ist.

Aber alle Mamas eint das Problem, dass sie nie – wirklich nie – ungestört aufs Klo gehen können. Allein dieser Umstand müsste eigentlich alle Mütter zu einer großen, entspannten Solidar-Gemeinschaft zusammenschweißen! Und Menschen ohne Kinder müssten vor Bewunderung ob der Leidensfähigkeit und Ausdauer von Müttern auf die Knie sinken. Läuft aber anders. Stattdessen wird gelästert, gestichelt und besser gewusst. Hier ein Tipp. Dort eine mitfühlende Frage („Ach? Du gibt´s ihm jetzt schon was mit Industrie-Zucker?“) – und schon ist der Schlechte-Gewissen-Modus wieder aktiviert.

Mädels! Es wird Zeit, dass ihr auf euch stolz seid und mit euch zufrieden seid! Ihr leistet genug, einfach, indem ihr einen kleinen Menschen Kind großzieht! (Verantwortung! Schlafentzug! Multi-Multi-Tasking!).

Für so viel super-anstrengenden Kinderkram ist nicht jede geboren – aber spätestens nach der Geburt des ersten Kindes muss trotzdem jede Mama irgendwie damit klarkommen. Auch Riona nennt sich ja nicht umsonst „unnatural woman“. Auf ihrer Seite schreibt sie: „They said motherhood would come naturally. They lied.“ (Frei übersetzt: „Alle haben gesagt, dass das Mutterglück automatisch kommt. Sie haben gelogen.“)

Mama-Sein ist immer auch ein gutes Stück Arbeit. Die Vloggerin hat schon recht: „Mom shaming ain´t cool“ (Mütter zu verurteilen ist nicht cool), denn jede von ihnen leistet unglaublich viel. Zum Beispiel Babys unappetitliche Hinterlassenschaften aus der Badewanne klauben – das erste Bild des Videos. Wer so etwas ohne Murren erledigt, sollte über jede Kritik erhaben sein. Sogar wenn sie ihr Kind völlig anders erzieht, als es der persönlich favorisierte Erziehungs-Ratgeber empfiehlt.