"Sie hätte nie ein Kind bekommen dürfen"Mädchen (21 Monate) zu Tode geprügelt: Pflegemutter muss sieben Jahre in Haft

ARCHIV - 28.08.2013, Nordrhein-Westfalen, Wuppertal: Ein Polizeifahrzeug steht vor dem Landgericht. Ein ungewöhnlicher Fall wird am Dienstag in Wuppertal am Landgericht verhandelt: Ein Vater soll seine Tochter fremden Männern im Internet kostenlos zum Sex angeboten haben.  (zu dpa: «Tochter zum Sex angeboten: Prozess gegen Vater startet ») Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Landgericht Wuppertal
jps fdt fg, dpa, Jan-Philipp Strobel

Sie sollte sich um die kleine Naelys kümmern, das Mädchen wurde ihr von den Behörden anvertraut – doch wenige Monate später ist das Kind tot. Naelys wurde nur 21 Monate alt, totgeprügelt von ihrer Pflegemutter. Dafür muss die Frau nun knapp sieben Jahre ins Gefängnis. "Sie hätte nie ein Kind bekommen dürfen", sagte sogar ihr Verteidiger, beim Amt war sie als unzuverlässig und grausam bekannt. Warum also vertraute man ihr das Kind überhaupt an?

Naelys "sah aus wie ein Kind aus einem Krisengebiet"

Bereits 2015 bekam die heute 51-Jährige einen kleinen Jungen zur Pflege. Es sei eines der schlimmsten Pflegeverhältnisse gewesen, das sie je betreut hat, sagte vor Gericht eine Jugendamtsmitarbeiterin aus. Sie habe Angst um den Jungen bekommen und das Kind wieder abgeholt.

Trotzdem bekommt Frau G. danach weiter Kinder zugewiesen, obwohl sie "für eine Verschlechterung des Zustands der Kinder verantwortlich ist". Nach einem halben Jahr bei Frau G. war die kleine Naelys nicht wiederzuerkennen, heißt es vor Gericht. Ein Sanitäter habe sie so beschrieben: "Sie sah aus wie ein Kind aus einem Krisengebiet."

Zeugen meldeten die Pflegemutter beim Amt - doch das schaute weg

Mehrere Zeugen seien entsetzt darüber gewesen, wie die Frau das Kind behandelt habe und hätten sogar eine Kindeswohlgefährdung angezeigt. Trotz Oberarmbruch des Mädchens sei die Pflegemutter erst spät mit ihr in die Kinderklinik gegangen, obwohl die Kleine starke Schmerzen gehabt haben müsse.

Doch vom Jugendamt habe es immer nur geheißen: Man solle doch die Pflegemutter nicht weiter verunsichern, sondern unterstützen.

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"Wie von Sinnen" soll die Frau auf das Kind eingeschlagen haben

Eines Tages dann die Eskalation. Die 51-Jährige schlägt so lange auf das kleine Mädchen ein, bis es vom Hochstuhl fällt und schwer blutet. Der Auslöser am Tattag: Das Mädchen habe die Linsensuppe nicht essen wollen. Wie von Sinnen müsse die Frau mit ungeheurer Wucht auf das Kind eingeschlagen haben, anders seien die schlimmen inneren Verletzungen nicht zu erklären, heißt es vor Gericht.

Erst als sie merkt, dass es kritisch wird, habe die Pflegemutter, von einer Sachverständigen als rücksichtslose Narzisstin beschrieben, den Notruf gewählt. "Das Kind wird umgezogen, Blut wird weggewischt - das noch tun zu können, das zeigt genau den beschriebenen Charakter", so der Richter. "Unter dem Strich ist das ein schreckliches Verbrechen."

Ämter und Institutionen sollen Informationen nicht ausgetauscht haben

Das Gericht erhob schwere Vorwürfe gegen die beteiligten Jugendämter: Die 51-jährige Deutsche sei als Pflegemutter völlig ungeeignet gewesen. Sie habe massive impulsive und empathielose Charakterzüge. Dennoch habe sie Pflegekinder zugewiesen bekommen. "Das konnte nicht gut gehen", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Kötter.

Die beteiligten Institutionen und Jugendämter hätten sich gegenseitig nicht informiert und Informationen über die Pflegemutter voreinander zurückgehalten, sagte ihr Verteidiger in seinem Plädoyer.

"Genau das hätte man tun müssen: Eingreifen“

"Keiner sah die explosive Persönlichkeit der Angeklagten. Keiner überprüfte, ob sie geeignet ist", kritisierte der Richter. "Genau das hätte man tun müssen: Eingreifen.“

Das Wuppertaler Landgericht verurteilte die 51-Jährige am Freitag wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Misshandlung Schutzbefohlener. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: dpa/RTL.de