Machtwechsel in Niedersachsen: Hauchdünne Mehrheit für Rot-Grün

Der SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil (M) bejubelt seinen Wahlsieg am 20.01.2013 auf der Wahlparty der SPD in Hannover am Abend der Landtagswahl 2013 in Niedersachsen. Foto: Peter Steffen/dpa  +++(c) dpa - Bildfunk+++
SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil wird neuer Ministerpräsident in Niedersachsen.

Schwarz-Gelb knapp vorn, dann wieder Rot-Grün und wenig später ein Patt der beiden Lager – der Wahlabend in Niedersachsen war an Spannung nicht zu überbieten. Erst knapp sechs Stunden nach Schließung der Wahllokale stand der Machtwechsel fest. SPD und Grüne haben eine hauchdünne Mehrheit von einem Sitz im neuen Landtag von Hannover erreicht: 69 gegenüber 68 Mandate.

Dass die CDU trotz starker Verluste laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 36,0 Prozent stärkste Partei blieb, reichte am Ende ebenso wenig wie das Rekordergebnis der FDP (9,9 Prozent). SPD und Grüne steigerten sich auf 32,6 bzw. 13,7 Prozent. Die Linke flog mit 3,1 Prozent aus dem Landtag, die Piraten verpassten den Einzug ins Parlament mit 2,1 Prozent noch klarer.

Damit wird SPD-Mann Stephan Weil, bisher Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, CDU- Ministerpräsident David McAllister (CDU) ablösen. "Ich freue mich jetzt auf fünf Jahre Rot-Grün", sagte Weil. Die Grünen haben ein Rekordresultat erzielt.

Damit machen SPD und Grüne acht Monate vor der Bundestagswahl eine Kampfansage an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Schwarz-Gelb in Berlin. Der in der Kritik stehende SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück erhält neuen Auftrieb. Für Schwarz-Gelb geht jetzt im Bundesrat nichts mehr. Dort hat Rot-Grün durch die sechs Stimmen aus Niedersachsen künftig mit 36 der 69 Stimmen die Mehrheit. Dem angeschlagenen FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler verschaffte das beste Niedersachsen-Ergebnis seiner Partei möglicherweise etwas Luft.

Höhere Wahlbeteiligung als 2008

McAllister hatte sich noch zufrieden mit dem Wahlergebnis seiner Partei und optimistisch gezeigt, als er am frühen Abend vor seine Parteifreunde trat. Er habe die berechtigte Hoffnung, dass die Koalition in Hannover fortgesetzt werden könne.

Bei der Wahl vor fünf Jahren hatte die CDU 42,5 Prozent Stimmen bekommen und war damit stärkste Kraft. Die SPD kam auf 30,3 Prozent, die FDP auf 8,2 Prozent und die Grünen auf 8,0 Prozent. Die Linke schaffte 2008 mit 7,1 Prozent erstmals in Niedersachsen den Sprung ins Parlament.

Der FDP-Chef in Niedersachsen, Stefan Birkner, war mit dem überraschend guten Ergebnis der Liberalen hochzufrieden. "Wer hätte vor drei oder vier Monaten gedacht, dass die FDP da stehen würde, wo sie jetzt ist. Wir kämpfen weiter für die liberale Sache in Niedersachsen." In den Umfragen der vergangenen Wochen war die Partei unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben.

Die SPD sieht den Erfolg der Liberalen als ein Ergebnis einer Leihstimmenkampagne der CDU. Die Kampagne habe geklappt, sagte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Stefan Schostok. Der stellvertretende Landesvorsitzende Olaf Lies sprach von einer "Leihstimmen-FDP". "Ich glaube, dass wir deutlich machen konnten, dass ein Wechsel nötig ist", sagte er zu dem Ergebnis von SPD und Grünen.

In Niedersachsen haben mehr Menschen ihre Stimme abgegeben als 2008. Die Wahlbeteiligung stieg auf 59,4 Prozent. Vor fünf Jahren hatte sie Wahlbeteiligung mit 57,1 Prozent einen historischen Tiefststand erreicht. "Ein Sieger steht fest: Ich freue mich sehr, dass die Wahlbeteiligung gestiegen ist", sagte SPD- Spitzenkandidat Weil.

Insgesamt waren im zweitgrößten deutschen Flächenland 6,1 Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen. Um die Sitze im Landtag bewarben sich 659 Kandidaten.