Kriminalität auf dem Revier

Polizisten verscherbeln geklaute Fahrräder - Beamtin Silke T. akzeptiert Strafe nicht

Silke T. sitzt mit ihrem Anwalt bei Gericht.
Silke T. sitzt mit ihrem Anwalt bei Gericht.
RTL

von Denise Kylla & Frank Vacik

Statt Recht und Ordnung gab es auf dem Revier von Silke T. angeblich nur annehmen und verscherbeln. Die Polizistin und einige ihrer Kollegen sollen geklaute Fahrräder aus der Asservatenkammer genommen und weiterverkauft haben, so der Vorwurf – und das für Kleckerbeträge zwischen 30 und 50 Euro. Dabei wird der Beamtin vorgeworfen, die rechte Hand der Hauptangeklagten gewesen zu sein. Silke T. ist schon 2022 zu 7.700 Euro Strafe verurteilt worden – doch die wollte sie nicht zahlen, reichte Widerspruch ein und erschien am Mittwoch vorm Amtsgericht Leipzig. Und das hatte Folgen.

Jan Siebenhüner verteidigte die Polizistin vor Gericht.
Jan Siebenhüner verteidigte die Polizistin vor Gericht.
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Vorwurf Bestechlichkeit: Anwalt und Polizistin gehen gegen Strafbefehl vor

Die ersten Vorfälle sollen schon 2014 passiert sein. Erst jetzt, neun Jahre später, gibt es eine endgültige Entscheidung – zumindest, was Silke T. angeht. Die Staatsanwaltschaft hatte der Beamtin Bestechlichkeit vorgeworfen. Eigentlich hätte sie 110 Tagessätze à 70 Euro zahlen sollen. Doch jeder Satz über 90 Tagen hätte für die Polizistin das Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis bedeutet. Silke T. und ihr Anwalt legten Widerspruch gegen den Strafbefehl ein. Jan Siebenhüner, Anwalt der Angeklagte: „Weil meine Mandantin und auch ich zu der Auffassung gekommen sind, dass wir hier ein Verfahren haben, wo die Mandantin unschuldig ist und zu Unrecht von der Staatsanwaltschaft strafrechtlich verfolgt wird.“

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Was genau war passiert? Anke S., Vorgesetzte von Silke T., soll beschlagnahmte Fahrräder aus der Asservatenkammer an Bekannte und Freunde verkauft haben. Aus Urkunden soll hervorgehen, dass die Räder erst an einen gemeinnützigen Gartenverein gingen und dann zu einem guten Zweck weiterverkauft wurden. Das Problem: Der Vater von Anke S. war wohl der Vorsitzende des Vereins, sie selbst soll eine Vollmacht besessen haben. Und es war wohl auch nicht der Verein, der verkaufte, sondern Polizisten – als Abkürzung sozusagen. Aufgeflogen sei das Ganze bei einer internen Inventur der Polizei im Jahr 2019. Dort sei aufgefallen, dass der Verbleib von knapp 1.000 Fahrräder unklar gewesen sei.

Zeugin: "Mir wurde auch ein Rad gestohlen"

Katja Ripberger musste als Zeugin vor Gericht aussagen.
Katja Ripberger musste als Zeugin vor Gericht aussagen.
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Vor Gericht sagte auch Zeugin Katja Ripberger aus. Ihr Rad sei 2015 geklaut worden, sagte sie RTL. „Irgendwann kam eine Vorladung, dass ich diesbezüglich aussagen soll“, so die Frau. Sie habe das Rad einige Zeit später identifizieren sollen, weil es gefunden wurde. „Das habe ich auch gemacht, weil Merkmale, die eindeutig waren, noch vorhanden waren“, sagt sie. Trotzdem habe sie es nie wiederbekommen. Sie sei enttäuscht, dass das Fahrrad ausgerechnet bei der Polizei verschwunden sei. „So was macht man einfach nicht – wo soll das Vertrauen noch herkommen?“ Sie findet, dass die Beamtin nicht wieder in den Dienst aufgenommen werden sollte.

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Richter entscheidet zugunsten der Polizistin Silke T.

Doch Silke T. hat die Fahrräder laut ihres Anwalts von dem gemeinnützigen Verein erworben. Die Beamtin habe geglaubt, einen guten Zweck zu unterstützen, sagte er. „Sie hat nichts mitgenommen oder sich in irgendeiner Weise bereichert“, so Siebenhüner. Die Fahrräder habe sie nach dem Kauf dann entweder behalten oder an Freunde und Bekannte verschenkt. Zu diesem Zeitpunkt, als die Polizistin die Fahrräder bei dem Verein gekauft habe, seien sie von der Staatsanwaltschaft schon als „frei zum Herausgeben“ gekennzeichnet gewesen.

Neben dem Strafverfahren laufe aktuell auch noch ein Disziplinarverfahren gegen seine Mandantin. „Sie leidet allein schon aufgrund des Ermittlungsverfahrens sehr“, so der Anwalt.

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Gerade dieses Leid sei schlussendlich auch ein Grund dafür gewesen, dass der Richter das Verfahren am Mittwoch schlussendlich beendete. „Man hat das Verfahren gegen meine Mandantin eingestellt, weil es eben schon sehr lange gedauert hat, weil meine Mandantin dadurch erheblich belastet wurde und, weil mittlerweile die Generalstaatsanwaltschaft zurecht Zweifel hat, dass diese Stellung, die meiner Mandantin vorgeworfen wurde, tatsächlich erfüllt wurde“, so Jan Siebenhüner. Das mache es für alle Seiten einfach, gesichtswahrend aus der Situation herauszukommen. Für Silke T. bedeutet das, dass sie ihren Job behalten kann. Außerdem ist sie nicht vorbestraft. Auch Anke S. wird sich noch or Gericht verantworten müssen. Wann genau das sein wird, steht noch nicht fest.