Gleiche Krankheit wie "Take me out"-Star Till AdamLaura W. (24) hat Colitis Ulcerosa: Ich habe mich anfangs geschämt!

„An schlechten Tagen kann es sein, dass man 20 mal auf dem Klo sitzt.“ Laura W. hat Colitis Ulcerosa, eine chronische Entzündung des Darms, die zu Bauchkrämpfen und Durchfällen führt. Es ist die gleiche Krankheit, mit der „Take me out“-Star Till Adam jetzt an die Öffentlichkeit ging. Eine Krankheit, die einen großen Teil des Alltags bestimmt. Wie Laura W. den häufigen Stuhldrang händelt und mit welch unglaublichen Reaktionen sie sich bereits auseinander setzen musste, hat sie im Gespräch mit RTL erzählt.
Lese-Tipp: Colitis ulcerosa – was steckt hinter der Darmerkrankung?
Nach der Diagnose zog Laura W. sich aus Scham zurück
Als die 24-Jährige im Mai 2022 ihre Diagnose bekam, war es für sie ein großer Schock. Bereits seit Januar des gleichen Jahres hatte sie Symptome und Beschwerden, sich aber zunächst nichts dabei gedacht, erzählt sie. Nach ihrem ersten Krankenhausbesuch wurde sie vorerst ohne Diagnose wieder nach Hause geschickt. Doch dank ihrer hartnäckigen Hausärztin fanden in einem anderen Krankenhaus weitere Untersuchungen statt, wo Laura W.s Beschwerden schließlich ernst genommen und auf ihre Bedürfnisse eingegangen wurde.
In den ersten Monaten der Krankheit traute sie sich kaum rauszugehen, sagt sie. Sie musste immer die Sicherheit haben, eine Toilette in greifbarer Nähe zu wissen, wenn es drauf ankam. Gerade als Studentin musste sie in ihren sozialen Unternehmungen einige Abstriche machen. Da sie durch ihre Krankheit keinen Alkohol trinken durfte, dieses Thema auf studentischen Veranstaltungen allerdings meist super präsent war, habe sie sich in einigen Situationen schnell ausgeschlossen und nicht als Teil des Ganzen gefühlt.
"Der offene Umgang mit der Krankheit ist für mich am besten"
Die Krankheit Colitis Ulcerosa äußert sich bei der Studentin aus Hamburg besonders durch häufige Bauchschmerzen und einen stark aufgeblähten Bauch. Ihr Alltag wird begleitet durch ständige Magenkrämpfe und Durchfall. Besonders viel Stress oder das falsche Essen können Auslöser für einen neuen Schub der Erkrankung sein.
In Deutschland sind nur ca. 168.000 Menschen von der Erkrankung betroffen. Dennoch ist Colitis Ulcerosa neben Morbus Crohn die häufigste chronisch-entzündliche Darmerkrankung. Bei der Krankheit handelt es sich um eine chronische Entzündung des Dickdarms mit einem meist schubförmigen Verlauf.
„Ich habe die schlimmste Stufe der Krankheit, Pancolitis Ulcerosa. Mein gesamter Dickdarm ist betroffen“, erzählt W. Zuhause bei ihrer Familie und bei ihrem Partner, sei ihr von Anfang an viel Verständnis in Bezug auf ihre Krankheit entgegengebracht worden, wodurch sie auch über unangenehme Themen ungehemmt sprechen konnte. Die offene Kommunikation ihrer Darmerkrankung fiel ihr anfangs allerdings nicht überall unbedingt leicht. Doch ihre Wohnsituation in einer WG, in der sie sich die Toilette mit anderen teilt, ließ ihr keine andere Wahl, als mit ihren Mitmenschen offen über ihren Stuhlgang zu sprechen. Je länger die Darmerkrankung Laura W. in ihrem Alltag begleitete, desto entspannter ging sie mit ihrer Situation um. „Ich habe gemerkt, dass der offene Umgang am besten für mich ist“. Aber leider musste sich die Studentin seit ihrer Diagnose auch schon mit einigen negativen Reaktionen ihrer Mitmenschen auseinandersetzen.
„In ihren Augen war meine Krankheit ansteckend und eklig“
Laura W. berichtet mir von einer Situation im Supermarkt, bei der ihr die notwendige Hilfe verweigert wurde. Sie sei beim Einkaufen gewesen, erzählt sie, als es ihr plötzlich von jetzt auf gleich sehr schlecht ging und sie auf der Stelle eine Toilette benötigte. Als sie der Mitarbeiterin des Supermarktes daraufhin ihre Situation erklärte und um die Nutzung der Toilette bat, sei sie mit der unglaublichen Erklärung abgewiesen worden, dass das ja total eklig sei. Für die 24-Jährige ein echter Tiefschlag. Auf dem Weg nach Hause habe sie geweint und sich einfach nur geschämt.
VIDEO: Philipp Stehler spricht über Colitis Ulcerosa
Da ihre Krankheit besonders den Stuhlgang einer Person thematisiert, sei es automatisch für viele ein Tabuthema. Die Studentin erhofft sich deshalb einen offeneren Austausch und mehr Aufklärung in der Gesellschaft über diese chronische Darmkrankheit: „Ich möchte gern einfach nur, dass die Menschen verstehen: Durchfall und Stuhlgang sind nicht eklig. JEDER einzelne Mensch hat das und wir sollten uns dafür nicht verurteilen.“ Je bekannter die Krankheit und ihre Auswirkungen bei den Menschen ist, desto geringer sei das Schamgefühl und die Angst vor Abweisung der Betroffenen, erklärt sie.
Laura W. versucht, aus ihrer Krankheit das Positive zu ziehen
Sie sagt, dass sie durch ihre Erkrankung ein enorm gutes Gefühl für ihren eigenen Körper entwickelt hat. Sie weiß, wann ihr Körper eine Pause braucht und hat gelernt sich Grenzen zu setzen und diese auch einzuhalten. Darüber hinaus hätte ihre Diagnose ihr gezeigt, was wirkliche Freunde sind. „Es war toll zu sehen, wie meine Familie und Freunde zu mir gehalten haben und es auch nach wie vor tun“.
Ihr Rat für Menschen, die ebenfalls unter Colitis Ulcerosa leiden: der Austausch mit anderen Betroffenen. Auch wenn es manchmal schwer wäre, sich in medizinischer Hinsicht Ratschläge zu geben, da die Verläufe bei jedem Menschen anders sind, hat Laura besonders die psychische Unterstützung sehr geholfen. Zu sehen und zu wissen, dass man nicht alleine ist, würde Mut und Zuversicht schenken den Alltag mit dieser Krankheit meistern zu können.
Inzwischen hat Laura gelernt, gut mit ihrer Krankheit umzugehen. Eine große Portion Humor hilft ihr, gewisse Situationen besser zu verarbeiten. Sie sei gerade gut mit ihren Medikamenten eingestellt und müsse momentan auf wenig verzichten. Doch die Freude über einen guten Tag sei seit ihrer Diagnose dennoch immer gehemmt durch die Angst vor dem nächsten Schub.