Kindererziehung: Dürfen sich Fremde überhaupt einmischen?

Wenn sich Fremde in unsere Kindererziehung einmischen, gibt es meist schnell Krach. Die Amerikanerin Brea Schmidt hat mit ihrer 5-jährigen Tochter aber eine ganz andere Erfahrung gemacht: Denn die konnte etwas ganz Wichtiges lernen.
"Man kann nicht alles haben im Leben"
Brea Schmidt war mit ihrer Tochter auf der Kirmes. Die Kleine verliebte sich in ein pinkfarbenes Plüschtier, das es an einer Losbude zu gewinnen gab. Aber auch nach mehrmaligen Versuchen gab es für die beiden nur Nieten und Brea beschloss, keine weiteren Lose zu kaufen. Brea wollte ihrer Tochter vermitteln, "dass man nicht immer alles im Leben haben kann", erklärte sie auf ihrem Facebook-Posting: "Zu akzeptieren, dass es Dinge im Leben geben wird, die man unbedingt haben möchte, die man aber trotz harter Arbeit und vielen Versuchen vielleicht nie erreichen kann."
Eine fremde Frau tat etwas sehr Nettes
Brea Tochter brach daraufhin in Tränen aus. Eine fremde Frau hatte die Szene beobachtet und mischte sich ein: "Weißt du was, Schätzchen, ich habe noch einen Dollar und ich werde mein Glück für dich versuchen." Breas Tochter war begeistert und tatsächlich gewann die Frau mit ihrem Los das ersehnte Plüschtier. Brea war nicht sauer, denn ihre Tochter hatte eine andere Lektion gelernt: Wenn die Kleine künftig jemanden trifft, der traurig ist, „dann erinnert sie sich vielleicht an die Frau an der Losbude und findet einen Weg, wie sie diesem Schüler helfen kann, sich wieder besser zu fühlen." Obwohl die fremde Frau die eigentliche Lektion fürs Leben kaputt gemacht hat, war die andere Lektion trotzdem eine wichtige.
Wer darf Kindern Grenzen setzen?
Aber wie weit dürfen sich Fremde überhaupt in die Erziehung einmischen? Die meisten Eltern sind sich einig: Gar nicht. Mütter werden heutzutage von allen Seiten so oft mit Ratschlägen überschüttet, dass viele eine Einmischung komplett ablehnen. Wenn aber Kinder im Bus auf den Sitzen toben, sich im Supermarkt auf den Boden schmeißen, um einen Schokoriegel zu bekommen, im Restaurant herumschreien oder auf dem Spielplatz mit Sand um sich werfen: Ist dann Kritik erlaubt? Wo ist die Grenze zwischen Belästigung der Mitmenschen und dem Recht von Kindern auf normales kindliches Verhalten?
Meistens sind es jedoch keine mitfühlenden Ratschläge, die Mütter zu hören bekommen. Sondern sie werden belehrt von genervten gestressten Mitmenschen, von chronischen Besserwissern und superschlauen Erziehungsfachleuten. Hinzu kommt der große Auftritt vor Zuschauern, denn meist finden solche Situationen in der Öffentlichkeit statt. Das trägt nicht zur verständnisvollen Aufmerksamkeit der betroffenen Mütter bei, denn die fühlen sich angegriffen, kritisiert und inkompetent. Das provoziert in Sekundenschnelle eine wütende oder trotzige Reaktion.
Denn nur die Eltern kennen ihre Kinder genau: Wer weiß schon, in welcher schwierigen Phase sich die Kleinen gerade befinden, vielleicht sind sie nur müde oder gelangweilt oder brüten gerade eine Krankheit aus. Zudem fühlt man sich in Deutschland oft schneller von Kindern gestört als in anderen Ländern, manchmal fast bis zur Kinderfeindlichkeit.
Ich kann beide Seiten verstehen
Wer hat also Recht? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Ich kann beide Seiten verstehen: Natürlich benehmen sich Kinder manchmal schlecht und ungezogen, und damit stören sie eben auch andere Menschen. Wie man am besten mit der Einmischung umgeht, hängt aber auch von der jeweiligen Situation und der Art der Einmischung ab. Tatsächlich kann ein Hinweis oder eine Reaktion von außen bewirken, dass Ihr Kind etwas annimmt, was es sich vorher niemals von den Eltern hätte sagen lassen.
Die meisten Eltern möchten, dass ihre Kinder soziale Wesen werden, die respektvoll mit ihren Mitmenschen umgehen. Und dazu gehört eben auch der Respekt vor den Grenzen anderer Leute. Letztlich kann man nie verhindern, dass einem Ratschläge erteilt werden. Und – entspannt und in aller Ruhe betrachtet - sind die vielleicht garnicht so verkehrt. Denn auch Breas Tochter hat eine wichtige Lektion für ihr Leben von einer Fremden gelernt.