"Die schmecken wie Garnelen"
Start-up aus Hannover: Mit gebackenen Heuschrecken gegen Massentierhaltung

Gebackene Mehlwürmer, Grillen in Kräutern oder Knoblauch - klingt doch interessant, oder? Michael Blautzik aus Hannover hat ein Start-up gegründet, um mit Insekten der Massentierhaltung den Kampf anzusagen. Auf dem Markt im hannoverschen Stadtteil Linden und via Online-Shop "Bugoo" verkauft er seine Krabbeltiere. Er hat große Pläne - auch für Bratwurst-Liebhaber.
Es gibt schon Fans
Eine Kundin steht im Laden von Michael Blautzik. Ein schneller Blick, sie staunt, dann geht sie weiter. Nach wenigen Metern bleibt sie stehen, dreht sich um und mustert den Marktstand erst aus der Ferne, dann kommt sie zurück. Der Händler möchte der Frau helfen, sie meint verlegen, später noch einmal wiederzukommen - oder in einer Woche. Michael Blautzik, nickt verständnisvoll, er kennt das. Was hat die Kundin so verwirrt? Es ist eine ganz spezielle Delikatesse, die vermutlich kaum jemand auf dem Speisezettel haben dürfte: Insekten. Kundin Andrea Reißmann kennt Insekten dank einer Kollegin, die in Afrika gearbeitet und geröstete Heuschrecken mitgebracht habe: „Die schmecken wie Garnelen“. Jetzt ist sie neugierig, will mehr wissen und ausprobieren. Mehlwürmer gefällig? Die seien ja ohnehin „köstlich“, sagt sie wissend und deutet auf die Packungen mit gebackenen Heuschrecken: „Die Großen will ich auch“ und dazu Grillen, in Kräutern, Chili oder Knoblauch. Abscheu überwinden müsse sie nicht: „Was gibt's Besseres an Proteinen?“
Insekten aus Deutschland und Holland
Michael Blautzik weiß: Sein Geschäftsmodell - und seine Waren - muss er den Menschen erklären. Daher steht er samstags auf dem Wochenmarkt im hannoverschen Stadtteil Linden, denn „einfach so“, so viel stehe fest, kämen die Menschen nicht auf seinen Online-Shop. Die Insekten züchte er nicht selbst, sondern beziehe sie von Züchtern in Deutschland und Holland. Die gefriergetrockneten Insekten würden in einer angemieteten Küche gebacken, verpackt und verkauft. Was brachte ihn dazu? „Die Massentierhaltung kann so nicht weitergehen“, betont Blautzik. Das sehen viele seiner potenziellen Kunden wohl ebenso, aber manche seien „noch nicht bereit“. Auf dem Lindener Markt erzählt Norbert Lawrenz, er esse ohnehin weniger Fleisch - und die Grillen, die er gerade probiert, erinnern ihn an Chips oder geröstete Nüsse. Für ihn sind die Insekten eine interessante Alternative auf dem Teller - vegane Ersatzprodukte dagegen hält er wegen der „vielen Zusatzstoffe“ für „totalen Blödsinn“. Allerdings seien die Grillen mehr ein Snack als eine Mahlzeit.
Insekten für Grill- und Nudelfans
Michael Blautzik hat vermutet, dass sich eher jüngere Menschen für die knusprigen Krabbeltiere interessieren, aber seine Kundschaft sei bunt gemischt. Noch gebe es keinen richtigen Markt dafür, aber auf lange Sicht, in fünf bis zehn Jahren, wer weiß - vielleicht sei es dann Normalität. Fest steht: Viel Aufklärung gehöre dazu, sagt der 32-Jährige, der im April sein Start-up „Bugoo“ gegründet hat - das englische Wort „bug“ wegen der Insekten und die zwei angehängten „oo“ wegen des Klangs.
Doch Blautzik hat weitere Pläne: Das Rezept für eine Insektenbratwurst stehe bereit, sie solle noch in diesem Jahr auf den Markt kommen und Freunde des Grillens neugierig machen. Auch Insektennudeln seien geplant, Insektenchips habe er bereits im Shop. Denn er ist sicher: Sind die Insekten erst einmal so zubereitet, dass man sie nicht mehr erkennt, dann ist es für viele Menschen leichter, sie zu essen. (dpa/cgo)