Das Drama um den ESC-Vorentscheid geht weiter

Ikke Hüftgold wirft dem NDR Betrug vor – jetzt reagiert der Sender!

Sänger Ikke Hüftgold alias Matthias Distel startet mit seinem Titel 'Lied mit gutem Text' beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest (ESC) 2023 unter dem Motto 'Unser Lied für Liverpool' mit einer Bühnenprobe in den MMC Studios. Köln, 02.03.2023
Ikke Hüftgold (alias Matthias Distel) bei der Bühnenprobe zum Vorentscheid des ESC 2023.
sz, action press, ActionPress
von Charlotte Reppenhagen

„Jetzt wird Klartext gesprochen!“ Das verspricht Partyschlager-Sänger Ikke Hüftgold (alias Matthias Distel, 46) mit einem ausführlichen Statement, das er am 15. April auf seinem Instagram-Account veröffentlicht. Auf mehreren Seiten erhebt Distel schwere Vorwürfe rund um den ESC-Vorentscheid 2023. Es ginge um „Intransparenz, Klüngel, Vorteilsnahme und Angst einer Sendeanstalt, die von öffentlichen Geldern finanziert wird“ – kurz: „dem NDR“, so Distel. Auf RTL-Nachfrage reagierte auch der Sender selbst.

Ikke Hüftgold ist überzeugt: Der NDR wollte ihn nicht zum ESC schicken

Deutschland hat entschieden: Die Band „Lord of the Lost“ wird in diesem Jahr für uns beim „Eurovision Song Contest“ antreten. Sänger Ikke Hüftgold rechnete sich im Vornherein zwar große Chancen auf ein Ticket nach Liverpool aus, landete dann aber auf Platz zwei. Nach der Entscheidung habe er sich als guten Verlierer geben wollen, gratulierte den Gewinnern und zeigte sich „zufrieden“ – immerhin Platz zwei! Friede, Freude, Eierkuchen, möchte man also meinen.

Dass es hinter den Kulissen des ESC Vorentscheids aber ganz anders ausgesehen haben könnte, wird durch ein neues Statement von Matthias Distel klar. Am 15. April erhebt er auf Instagram schwere Anschuldigungen gegen den NDR, der für den Vorentscheid verantwortlich ist, und gegen den langjährigen ESC-Kommentator Peter Urban (75). Warum Distel von ihm seinen sofortigen Rücktritt fordert, lesen Sie hier.

Auf mehreren Seiten lässt Distel die Ereignisse rund um die ESC-Entscheidung von Anfang März 2023 aus seiner Sicht Revue passieren. Eigentlich habe er diese hinter sich lassen wollen – bis sich Peter Urban in einem Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ vermeintlich abfällig gegenüber Ikke Hüftgold und der Partyschlager-Szene äußerte. Und den Stein der Anklagen von Matthias Distel so wieder ins Rollen gebracht zu haben scheint.

Die Vorwürfe, die Distel dem NDR macht, wiegen schwer. Dem Musiker zufolge weigere sich die öffentlich-rechtliche Medienanstalt, „die genauen Abstimmungszahlen öffentlich bekannt zu geben“. Zwar habe Distel auf Nachdruck die „angeblichen Zahlen“ vorgelegt bekommen. Aber: „[Diese] Tabelle enthält zahlreiche Rechenfehler. Die Zahlen der einzelnen Votings münden in falsch errechnete Gesamtsummen, sodass der Eindruck der nachträglichen Manipulation entsteht“. Der NDR habe diese Fehler ihm gegenüber „nicht erklären wollen“ und dem 46-Jährigen per Mail untersagt, die Zahlen „weiterzugeben oder zu veröffentlichen.“

Außerdem soll die Medienanstalt Jurymitglieder berufen haben, „die durch eine aktive wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Künstlern befangen waren.“ Um welche Personen und Künstler es dabei gehen soll, erklärt Distel an dieser Stelle nicht.

NDR versichert: "Wir haben Herrn Distel beim Vorentscheid gern eine Bühne geboten"

Distel zufolge sei bereits im Vorfeld des ESC-Entscheids „jedem bewusst [gewesen], dass eine Teilnahme von mir als stark polarisierende Persönlichkeit ein guter Aufschlag für die Presse sein würde. Mediale Aufmerksamkeit war eines der großen Ziele des NDR, nach den Jahren der Niederlagen und Fehlentscheidungen.“ Man habe Ikke Hüftgold die Teilnahme am Vorentscheid mündlich zugesichert und ihm mitgeteilt, dass alle Kandidaten im Dezember 2022 öffentlich gemacht werden sollten.

Als dies nicht passierte, habe man Distel „nach ewigem Hin und Her“ mitgeteilt, „dass es im NDR zum Eklat gekommen sei. Ikke Hüftgold passe nicht ins Bild des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und man habe Angst vor den Folgen, sollte Hüftgold am Ende sogar die Vorentscheidung für sich entscheiden.“

Lese-Tipp: Blutrote Outfits, viel Make-up und noch mehr Dezibel: „Lord of the Lost“ fährt für Deutschland zum ESC!

Auf Nachfrage von RTL erklärt die Pressestelle des NDR am 16. April per Mail, dass beim Auswahlverfahren in 2023 „die musikalische Bandbreite besonders wichtig“ gewesen sei. Im Vorentscheid hätten möglichst viele Genres vertreten sein sollen. „Dazu gehört natürlich auch der Schlager bzw. Partyschlager. Über die für den Vorentscheid zur Auswahl stehenden Titel wurde in der Redaktion intensiv diskutiert. Als Gewinner des TikTok-Votings haben wir dem Partyschlager und Herrn Distel ebenso wie den Vertreterinnen und Vertretern der anderen Genres beim Vorentscheid gern eine Bühne geboten.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Im Video: Ob diese Pläne noch stehen? Ikke Hüftgold wollte es 2024 wieder beim ESC versuchen

Nachträglich manipulierte Zahlen beim ESC-Voting? Der NDR erklärt sich

Auch zu Distels Vorwürfen eines nachträglich manipulierten Voting-Ergebnisses äußerte sich der NDR: „Die Abstimmung beim Deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2023 verlief korrekt und unter notarieller Aufsicht.“ Die Abstimmung sei von der Firma „Digame“ durchgeführt worden, „die unter anderem auch beim Internationalen ESC das Publikums-Voting betreut.“

Auf seine Nachfrage hin habe der NDR Matthias Distel am 6. März „eine Auflistung der eingegangenen Anrufe, SMS und Online-Abstimmungen“, die auch „die Summe der am Abend der Abstimmung eingegangenen Zuschauer-Votes und auch der abgegebenen Jury-Punkte“ enthalten würde. „Die Liste enthält keine Rechenfehler, sie wurde lediglich missverständlich beschriftet. Dass dies bei Matthias Distel Fragen aufwirft, ist verständlich, ‘Digame’ und wir bedauern die späte Aufklärung.“ Man habe sich bei der Veröffentlichung des Ergebnisses auf die Punkte konzentrieren wollen, die die Kandidaten „vom Publikum und von den internationalen Jurys erhalten haben. Details zu den Abstimmungszahlen haben wir daher nicht veröffentlicht“, so der NDR.

Lese-Tipp: Auch ohne Sieg beim ESC: Diese Songs wurden danach zum Chart-Stürmer.

Auch zu Distels Vorwurf, befangene Personen hätten in der Jury gesessen, äußert sich der NDR. Auf die Frage hin, ob Distels Vorwurf stimmen würde, erklärt man RTL: „Die endgültige Auswahl über eine Teilnahme am ESC-Vorentscheid ist ausschließlich durch Kolleginnen und Kollegen aus der ESC-Redaktion des NDR getroffen worden.“ Eine RTL-Anfrage an Matthias Distel und sein Management blieben bisher unbeantwortet (Stand: 16. April, 17 Uhr).