Wie weit darf "Sabotage" gehen?

Beim Thema Klimaschutz wird es bei stern TV hitzig

Ganz schön lebhaft sei die Diskussion gewesen, bilanziert Moderator Nikolaus Blome seinen Wortwechsel mit dem Klimaaktivisten Tadzio Müller, und das dürfte ein wenig untertrieben gewesen sein.
Tadzio Müller stellte sich mit diesem Satz vor: "Die Klimakrise ist Gewalt, deswegen ist friedliche Sabotage legitime Notwehr."
Auf den Einwand von Nikolaus Blome, dass es "friedliche Sabotage" nicht gebe, sagt Müller, erst am Morgen habe ein Zyklon auf Madagaskar sechs Menschen getötet, im vergangenen Jahr habe die Flut im Ahrtal 134 Menschen getötet. Das sei die Gewalt, über die man reden müsse.

Was ist "friedliche Sabotage"?

Dann definiert er: "Friedliche Sabotage sind Aktionen, bei denen Menschen zum Beispiel Kohlebagger oder Gerätschaften, die ein Gaskraftwerk bauen, fachgerecht außer Stand setzen und dabei zuallererst peinlich genau darauf achten, dass keine Menschen zu Schaden kommen, und, sollte eine Möglichkeit bestehen, dass das passiert, wird die Aktion abgeblasen."

Der Tageszeitung "taz" hatte Müller im vergangenen November gesagt: "Zerdepperte Auto-Showrooms, zerstörte Autos, Sabotage in Gaskraftwerken oder an Pipelines. Das wird es nächsten Sommer auf jeden Fall geben." Und im "Spiegel" erklärte er: "Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF." Die "Rote Armee Fraktion", kurz RAF, war eine Terrorgruppe, die vor allem in den 1970er-Jahren zahlreiche Anschläge in der Bundesrepublik verübte.

"Dein Auto muss leider brennen"

Nikolaus Blome konfrontiert Müller mit seinen kontroversen Aussagen
Nikolaus Blome konfrontiert Müller mit seinen kontroversen Aussagen
RTL

Blome wirft Müller vor, er sage Autobesitzern: "Dein Auto muss leider heute brennen - lieber Zuschauer, gehen Sie mal morgen raus, morgen brennt Ihr Auto, ist halt für den Klimaschutz." Man könne sich über Klimaschutz unterhalten, müsse aber auch über die Wahl der Mittel reden.

Als Blome Müller auf das Zitat mit der "grünen RAF" anspricht, weist dieser das vehement zurück. Was er eigentlich meinte, bleibt etwas unklar - offenkundig aber wollte er sagen, dass eine "grüne RAF" die Folge sein könnte, wenn es keinen drastischen Klimaschutz gibt. Er selbst wollte, so zumindest der Eindruck, nicht dazu aufrufen, eine solche Terrorgruppe zu gründen.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Elena Uhlig findet Greta "toll"

Schauspielerin Elena Uhlig findet den Einsatz von Greta Thunberg gut
Schauspielerin Elena Uhlig findet den Einsatz von Greta Thunberg gut
RTL

Umstritten bleibt zwischen Blome und Müller auch, ob der friedliche Protest von Fridays For Future erfolgreich war und ist. Blome betont, es gebe eine Verschärfung beim Klimaschutz, Müller entgegnet, die Politik habe keinen relevanten Effekt bei der Verlangsamung der Treibhausgas-Emissionen.

Hier hakt die Schauspielerin Elena Uhlig ein. Sie sagt über die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, die Fridays For Future angestoßen hatte: "Ich finde das toll, was sie im Frieden und mit Liebe ausgelöst hat, und mit Beharrlichkeit" - und ohne Sachbeschädigung oder Gewalt auszuüben. Es schrecke sie ab, wenn sie sehe, wie sich Aktivisten an Autobahnbrücken abseilen, so Uhlig. "Dann habe ich das Gefühl, dass sich viele Menschen eher davon zurückziehen, statt gemeinsam zu sagen: Wir machen weiter."

Mehr als 90 Prozent gegen Gewalt

Faktenchecker: Andreas Greuel vom RTL-Verifizierungsteam im Einsatz
Faktenchecker: Andreas Greuel vom RTL-Verifizierungsteam im Einsatz
RTL

Nach dieser sehr hitzigen Diskussion merkte Andreas Greuel vom RTL-Verifizierungsteam im Rahmen eines Faktencheck an, das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass die bisherige Klimapolitik nicht reiche und die Politik nachjustieren müsse. Als Reaktion auf das Urteil seien die Klimaziele in Deutschland daher verschärft worden.

Einig sind die RTL-Zuschauer bei der Frage, ob Klimaschutz zur Not auch Gewalt rechtfertige. Über 90 Prozent sagen darauf Nein.

Es geht auch um Schneewittchen

Rege Diskussion beim Thema Schneewittchen und die sieben Zwerge
Rege Diskussion beim Thema Schneewittchen und die sieben Zwerge
RTL

Bei stern TV geht es an diesem Abend auch um Schneewittchen und die sieben Zwerge - und um die Frage, was man heute eigentlich noch sagen darf. Muss man "rückwirkend mit dem großen Radiergummi durch die Geschichte gehen", fragt Blome provokativ. "Niemand würde das N-Wort aussprechen, weil es einfach nicht geht", sagt Frauke Ludowig. "Sprache hat eine riesige Macht", sagt Fernsehkoch Nelson Müller, einer der Gäste der Sendung.

Einig ist sich die Runde, dass man sich stets bemühen sollte, in seinen Gesprächspartner hinzuversetzen. "Wir müssen doch Respekt gegenüber der Personen oder Gruppe haben, die es betrifft", sagt "Let' Dance"-Juror Joachim Llambi.

Perspektivwechsel heiße auch, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen", sagt Nelson Müller. Und eben nicht aus Sicht von Christoph Kolumbus, sondern aus Sicht des Indigenen, der von den Aleuten nach Südamerika gekommen ist. "Das Wort 'Indianer' kreierte auch ein Bild von Kolonialismus und Völkerschauen."

"Es gibt auch Klassiker, die nicht diskriminieren"

Elena Uhlig: "Es gibt auch Klassiker, die nicht diskriminieren"
Elena Uhlig: "Es gibt auch Klassiker, die nicht diskriminieren"
RTL

Uhlig erzählt, sie benutze dieses Wort gar nicht, vor allem aber nicht, wenn sie ihren Kindern vorlese. Allgemein aber gelte: Wenn ein Begriff Menschen diskriminiert, müssen wir da dran.

Die Wissenschaftlerin Tebogo Nimindé-Dundadengar sagt, sie sehe "keine Notwendigkeit, Kindern diskriminierende Literatur vorzulesen". Bei aller Liebe zu Klassikern, "es gibt auch Klassiker, die nicht diskriminierend" sind. Sie würde ihren "Kindern keine Bücher vorlesen, die Stereotype reproduzieren".

Anlass für die Runde war die Ankündigung des Disney-Konzerns, bei der Neuverfilmung von "Schneewittchen" nicht in der bisherigen Form auch die sieben Zwerge zu besetzen. Hintergrund ist die Empörung des kleinwüchsigen Darstellers Peter Dinklage aus "Game of Thrones". Disney erzähle "diese scheiß rückwärtsgewandte Geschichte von sieben Zwergen, die in einer Höhle leben".

"Gegen Zwerge aus Märchen ist nichts einzuwenden", solange man ihn nicht so anspreche, sagt der ebenfalls kleinwüchsige Schauspieler Peter Brownbill in der stern TV-Runde. "Der Zwerg ist ein Fabelwesen." Doch man müsse sich mit dem Einwand von Peter Dinklage beschäftigen. Kein Problem allein in dem Wort sieht Nimindé-Dundadengar. Doch: "Ich kann verstehen, wenn ein kleinwüchsiger Mensch sagt, ich möchte das nicht spielen."