Ein Schicksalsschlag veränderte sein LebenDie traurige Geschichte von Handball-Bundestrainer Alfred Gislason

Alfred Gislason ist Isländer durch und durch. Ein harter Hund, groß gewachsen, knurrig, genießt die Ruhe – ein Wikinger, wie er im Buche steht. Doch all das scheint im Jahr 2021 wie weggeblasen: Der Handball-Bundestrainer erlebt einen schweren Schicksalsschlag, der sogar seine große Liebe zum Sport und seine Karriere gefährdet.
Handball-Bundestrainer Alfred Gislason: Frau erhält Krebs-Diagnose
Der große Schock ereilt die Familie am 3. Mai! Ehefrau Kara-Gudrun erhält nicht zum ersten Mal die niederschmetternde Diagnose: Krebs. Ein Gehirntumor ist mit aller Macht und Brutalität zurückgekommen. Sofort bekommt Kara-Gudrun eine Chemotherapie, doch die Ärzte geben schnell auf. Sie können nichts mehr tun, der Kampf ist aussichtslos. Für die Familie ist das ein Albtraum.
Gislason fällt in ein Loch, will nach der Schock-Diagnose sogar sein Amt als Bundestrainer niederlegen. Damals stehen die Olympischen Spiele in Tokio kurz bevor, doch Gislason hat ganz andere Gedanken: Er will die letzte Zeit mit seiner Frau lieber in der Heimat erleben. Doch die hält ihren Mann auf, verhindert den Rücktritt. „Kara war auch wirklich sauer auf mich, als ich sagte, ich höre auf.“ Schon am 31. Mai stirbt sie im Alter von 61 Jahren – Wochen vor Beginn des Turniers.
Es sei „schockierend gewesen“, wie schnell es am Ende alles ging, erinnert sich Gislason dann im September zurück. Zu diesem Zeitpunkt spricht er erstmals über die schlimmste Zeit in seinem Leben. Der heute 65-Jährige verliert damals seine große Liebe: Alfred und seine Kara-Gudrun kannten sich seit ihrem 12. Lebensjahr, vier Jahre später verliebten sie sich. Seitdem waren sie ein Paar, heirateten, bekamen zwei Söhne und eine Tochter.
Handball und Familie spenden Alfred Gislason nach Tod seiner Frau Trost
„Es kam irgendwie alles zusammen“, sagt Gislason später über die harte Zeit. Aber er nehme das Schicksal so wie es sei. Trost erhält er nach dem Tod seiner Frau und auch heute noch in seiner Großfamilie: Eltern, Kinder und vier Enkelkinder, zu denen der Trainer eine innige Beziehung pflegt. Seit Anfang 2023 ist er auch neu verliebt, hat eine neue Lebensgefährtin.
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Auch der Handball gibt Gislason in dieser schweren Zeit viel Kraft. Er sagt: „Gerade wenn man eng mit jungen Leuten arbeitet, hält einen das auf Trab und am Leben. Es macht das Leben schön, wenn man junge Leute in ihrem Sport und auf ihrem Lebensweg weiterbringen kann. Es ist alles anders gekommen, als ich dachte, aber das Leben geht weiter. Und mir geht es persönlich inzwischen wieder sehr gut.“ Dass seine Frau ihn kurz vor ihrem Tod vom Rücktritt abhielt, ist also ein wahrer Segen für den Isländer.
Trainer-Guru Alfred Gislason verspricht Erfolge mit der deutschen Handballnationalmannschaft
Auch für die deutsche Handball-Nationalmannschaft ist sein Verbleib ein Segen. Denn der Trainer-Guru verspricht Erfolge: Gislason gewann auf Vereinsebene schon alles, was es zu gewinnen gibt. In Deutschland hinterließ er vor allem in seiner Zeit beim THW Kiel einen bleibenden Eindruck. Höhepunkt seiner Karriere: In der Saison 2011/2012 spielte er mit den Norddeutschen die erfolgreichste Saison, die es jemals gab. Neben dem Pokal und der Champions League jubelte der THW auch in der Liga – und gewann dort sogar alle Spiele. Historisch!
Nun ist Gislason seit 2020 Bundestrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft, wo Erfolge bitter nötig und heiß ersehnt sind. Seit dem EM-Titel 2016 und Olympia-Bronze im selben Jahr war die deutsche Handball-Nationalmannschaft bei Großereignissen ohne Medaille geblieben. 2024 änderte sich das endlich wieder: Das DHB-Team holte bei den Olympischen Spielen in Paris die Silbermedaille!
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Bei der Handball-WM 2025 in Dänemark, Norwegen und Kroatien, die für das deutsche Team am Mittwoch mit dem ersten Vorrundenspiel gegen Polen beginnt und mit Spielen gegen die Schweiz und Tschechien weitergeht, zählt das DHB-Team nicht zu den Top-Favoriten auf den Titel, aber zu den Nationen, die um die Medaillen mitspielen können.
Was ist bei der Handball-WM 2025 für Deutschland möglich?
Selbst auf seinen WM-Favoriten angesprochen, hat Alfred Gislason im sid-Interview einen klaren Titelanwärter auserkoren: „Nach wie vor ist Dänemark weiter das Maß aller Dinge. Die Dänen werden der ganz große Favorit auf den Titel sein, gerade weil sie zuhause spielen.“ Darüber hinaus nennt der DHB-Coach Frankreich und Schweden als Kandidaten auf den WM-Titel. „Dahinter kommen Teams wie Kroatien, Norwegen, wir, Island, Slowenien und Spanien. Es ist so eng und es kann so viel passieren. Deswegen muss man sich einfach auf den nächsten Gegner fokussieren und nicht anfangen zu rechnen“, so der 65-Jährige.
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Doch obwohl es ihm nach dem Tod seiner Frau wieder sehr gut geht, so ein bisschen haben sich seine Ansichten auch nachhaltig weg vom so sehr geliebten Handball verschoben: „Ich habe es am eigenen Leib erfahren, wie wichtig Gesundheit für jeden Einzelnen ist.“ Dennoch will der Bundestrainer das Versprechen an seine Kara-Gudrun einhalten: Ein Karriereende ist weiter nicht in Sicht. „Der Handball wird mich nicht so schnell los“, sagte Gislason schon vor zwei Jahren und scheint recht zu behalten. (mit dpa/sid)