Künstliche Intelligenz statt eigener Hirnleistung
Hamburger Politiker lässt Rede von Computer schreiben - und keiner merkt's!
von Tom Klose und Henrik Zinn
Anfang Februar hielt Hansjörg Schmidt (SPD), Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, eine Rede im Landesparlament. Das Verrückte: Den Text schrieb er nicht selbst, sondern ChatGPT, ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basierendes Sprachmodell, das seit Monaten schon ein weltweiter Hype ist. Offenbar fiel gar nicht auf, dass der Abgeordnete einen computerbasierten Ghostwriter hatte.
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Rede von ChatGPT in der Hamburgischen Bürgerschaft
ChatGPT ist das heiße Tech-Tool der letzten Monate. Die Software kann von Menschen geschriebene Texte täuschend echt imitieren und Briefe, Aufsätze oder ein schickes Start-Up-Konzept scheinbar in Sekunden mühelos aus dem virtuellen Ärmel schütteln.
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So eben auch die Rede von SPD-Mann Hansjörg Schmidt. Er erzählt im Gespräch mit RTL, er habe vorher schon viel mit dem Tool herumprobiert und sich dann gedacht: „Jetzt kann ich auch mal versuchen, damit eine Rede zu schreiben.“ Die Abgeordneten im Rathaus, die zwischen seiner Rede immer wieder Applaus spendeten, wussten davon nichts. Erst am Ende klärte Schmidt seine Kollegen auf: „Ich habe diese Rede, die sie ja scheinbar alle offensichtlich genossen haben, mit der Hilfe von ChatGPT erstellen lassen.“
ChatGPT kann nicht alles
So gut die künstliche Intelligenz ihm auch beim Schreiben unterstützt habe, so sehr brauche sie momentan doch noch die Hilfe von Menschen. „Was gar nicht funktioniert ist, wenn ich sage, schreibe mir eine Rede zu einem bestimmten Thema“, so Hansjörg Schmidt in einem Gespräch mit RTL. Man müsse das Tool schon selbst mit Texten und den wichtigen Informationen füttern. Das habe er gemacht und dann gesagt: „Und jetzt erstelle mir daraus eine Rede.“
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Aber auch die Software zeigt menschliche Züge und ist längst nicht perfekt. „Ich habe gesagt, schreibe mir eine Rede mit 500 Wörtern. ChatGPT hat mir aber nur ca. 240 Wörter ausgespuckt. Das war sehr putzig, dass das Tool seine eigenen Wörter nicht zählen kann“, erzählt Hansjörg Schmidt weiter. Die Inhalte, die ChatGPT schreibt, denkt sich die KI übrigens nicht selbst aus. Sie greift auf Informationen zurück, die Menschen ihr eingespeist haben.
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Die anderen Abgeordneten reagierten nach seiner „KI-Beichte“ übrigens gelassen und interessiert. „Das Tool wird ja aktuell heiß diskutiert, viele kannten es natürlich auch schon“ so Schmidt. Er sei sich sicher, dass er in Zukunft auch lang nicht mehr der Einzige sein werde, der sich beim Reden schreiben von einer künstlichen Intelligenz unterstützen ließe.