Prozess nach tödlichem UnfallAutofahrer schleift Fußgänger fast 60 Meter mit: "Es tut mir leid"

Oktober 2020, kurz vor neun Uhr abends: Ein 25-Jähriger ist zu Fuß in Hamburg-Wandsbek unterwegs. Obwohl die Fußgängerampel für ihn Rot zeigt, betritt der junge Mann die Kreuzung Wandsbeker Marktstraße/Brauhausstraße. Auf der Straße erfasst ihn ein VW Polo und schleift ihn auf dem Dach fast 60 Meter mit. Der damals 21-jährige Fahrer flüchtet vom Unfallort und stellt sich etwa eine Stunde später der Polizei. Für den Fußgänger kommt aber jede Hilfe zu spät, er erliegt im Krankenhaus seinen Verletzungen. Am Mittwoch musste sich der Unfallfahrer vor dem Wandsbeker Amtsgericht verantworten.
Gericht sieht keine fahrlässige Tötung
Obwohl der Fahrer mit 60 statt erlaubten 50 km/h unterwegs gewesen sein soll, erhebt die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage keinen Vorwurf wegen fahrlässiger Tötung. „Der Unfall ist im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft eingehend untersucht worden und mithilfe eines unfallanalytischen Sachverständigen rekonstruiert worden. Mit Blick auf die Frage, ob der Unfall für den Angeklagten vermeidbar gewesen ist und ob man ihm den Vorwurf eines Fahrfehlers machen kann, kam diese Ermittlung zu dem Ergebnis, dass der Unfall für den Angeklagten nicht vermeidbar gewesen ist“, erklärt Gerichtssprecher Kai Wantzen im RTL-Interview.
Wer hat Schuld an dem Unfall?

Für einen Fahrlässigkeitsvorwurf sei laut Staatsanwaltschaft erforderlich gewesen, dass der Tod des Fußgängers für den Angeklagten vermeidbar gewesen wäre. In diesem Fall sei es aber so, dass der Angeklagte bei Grünlicht darauf vertrauen konnte, freie Bahn zu haben. Außerdem geht die Anklage davon aus, dass der zu Tode gekommene Fußgänger alkoholisiert gewesen sei. Ein Drogenscreening des PKW-Fahrers blieb dagegen ohne Befund. Die Hauptursache für den tödlichen Crash liege somit in der roten Ampel, die der Fußgänger überquerte.
Geldstrafe und Führerscheinentzug

Verantworten muss sich der Autofahrer am Mittwoch allerdings wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort sowie unterlassener Hilfeleistung. „Es tut mir leid für ihn, dass er gestorben ist. Es war am Anfang nicht einfach für mich, ich hatte wochenlang Schlafstörungen. Es kommt immer wieder, man denkt dran – es tut mir leid“, sagt der heute 22-Jährige.
Das Gericht verhängt eine Geldstrafe in Höhe von 1.200 Euro und entzieht dem Angeklagten den Führerschein. Frühestens in drei Monaten kann er diesen neu beantragen. Eine Fahrerlaubnis hat der Angeklagte schon seit dem Unfall nicht mehr. (kbü/kzi)




