Mit der Schrotflinte unterm BettSohn einer Kiezgröße: Charly Carstens Kindheit auf der Reeperbahn

Buchautor Charly Carstens schlendert über den Kiez
Uwe Marcel Carstens, der von klein auf immer Charly Carstens genannt wurde, erinnert sich an seine Kindheit auf dem Hamburger Kiez.
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Charly Carstens, der eigentlich Uwe Marcel Carstens heißt, war immer mit dabei, auf dem Hamburger Kiez, Deutschlands größter Vergnügungsmeile. In den 70er Jahren verbringt er seine Kindheit zwischen Bargästen, Prostituierten und Drogenhändlern. Er ist der Sohn von Dakota-Uwe, der als Inhaber eines Stundenhotels viel Geld und später mit manipulierten Roulette-Tischen und Drogen noch mehr Geld machte. Seine Kindheit im Kiez-Milieu hält Charly Carstens in einem Buch fest: „Der Kleine von Dakota-Uwe“.

"Es war normal, dass die abgesägte Schrotflinte unterm Bett lag"

Kiezlegende "Dakota-Uwe" im Buch "Der Kleine von Dakota-Uwe"
Charly Carstens war der Sohn von Kietzlegende Dakota-Uwe Quelle: Buch "Der Kleine von Dakota-Uwe"
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Charly Carstens Vater gab in den goldenen Zeiten St. Paulis den Ton hat, musste sich auf dem Kiez behaupten. „Der Mann fürs Grobe und doch ein liebevoller Vater“, heißt es in der Beschreibung seines Buches. Auf dem Kiez ein Raubein, daheim gut bürgerlich. So wuchs Charly Carstens im Erdgeschoss einer Villa im gehobenen Hamburger Stadtteil Blankenese auf. Doch das täuschte kaum darüber hinweg, dass sein Vater sein Geld auf nicht ganz so ehrliche Weise verdiente. „Wenn ich zur Schule gegangen bin, liefen mir Leute hinterher. Die Polizei war immer dabei“, erinnert er sich heute. „Es war normal, dass die abgesägte Schrotflinte unter dem Bett lag, dass mein Vater mit einem Revolver aus dem Haus ging, alles zu unserer Sicherheit.“

Er führte die Hunde der Prostituierten Gassi

Charly Carstens Spielplatz war die Reeperbahn.
Charly Carstens Spielplatz war die Reeperbahn. Quelle: "Der Kleine von Dakota-Uwe"
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Auf dem Pausenhof in der Schule riefen seine Mitschüler ihm „Reeperbahn, Nutten, Nutten“ hinterher, für Charly Carstens aber war das Leben auf dem Kiez Normalität. Im Restaurant seiner Patentante auf der Reeperbahn trank er heiße Schokolade, bekam auf dem Weg dorthin Süßigkeiten geschenkt. "Für mich war es normal, das mir die eine oder andere Prostituierte ‘Guten Tag’ gesagt hat und ich dann mit den Hunden Gassi gegangen bin“, erzählt er heute.

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"Als Kind habe ich eigentlich gedacht, der ist beliebt"

Charly Carstens mit seinem Vater Dakota-Uwe
"Er wollte, dass ich behütet aufwachse", sagt Charly Carstens über seinen Vater Dakota-Uwe. Quelle: Buch "Der Kleine von Dakota-Uwe"
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Charlys Vater Dakota-Uwe war einer der großen Bosse auf dem Kiez, er war bekannt, brachte Geldbatzen mit nach Hause. „Als Kind habe ich eigentlich gedacht, der ist beliebt“, erzählt Carstens gegenüber RTL Nord. Doch dann, im November 1982, wird sein Vater verhaftet. Die Gründe dafür sind zahlreich: Drogenbesitz, Zuhälterei, Manipulation. Für Charly Carstens war Papa aber nur zur Kur. Als Dakota Uwe wieder frei kommt, übernimmt er eine Eck-Kneipe in Othmarschen und tauft sie auf den Namen „Lütt Döns“, was soviel bedeutet wie kleine, kultivierte Stube. Doch ein wirklich kultiviertes Leben ist dem Rotlichtboss nie gelungen. Verschuldet begeht er 1998 Selbstmord. Der zu diesem Zeitpunkt 27 Jahre alte Charly Carstens übernimmt die Kneipe des Vaters und führt sie bis heute - seit 32 Jahren.

Ein Leben zwischen Luden und Ganoven wird öffentlich

Charly Carstens liest aus seinem Buch in der Othmarscher Kneipe "Lütt Döns"
Charly Carstens liest aus seinem Buch in der Othmarscher Kneipe "Lütt Döns"
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Über seine Kindheit zwischen Luden und Ganoven und einem Leben in einer bürgerlichen Scheinwelt erzählt Charly Carstens in seinem Buch. Als Ort für seine Lesung hat Carstens das „Lütt Döns“ in Othmarschen gewählt. Mit seinem Buch möchte der gelernte Koch seinem Vater, wie er sagt, „gerecht“ werden. „Ich habe viele Fragen bekommen. Stimmt das, dass dein Vater ein Schläger war, ein Zuhälter? Und ich war es einfach leid, mich rechtfertigen zu müssen.“ Deshalb habe Carstens aus einer Laune heraus beschlossen, seine Erfahrungen als „Der Kleine von Dakota-Uwe“ mit der Öffentlichkeit zu teilen. (lri)