Nur 3 Kilometer entscheiden über Hunderte Euro
Lücken im Kita-System: Großfamilie zahlt 766 Euro für EIN Kind
Großfamilie fällt durchs Kita-System
von Lauren Ramoser
Nur noch wenige Monate, dann kommen auf die sechsköpfige Familie Trapp aus der Nähe von Bonn Kita-Kosten in Höhe von 766 Euro zu – und das für nur ein einziges Kita-Kind. Dann nämlich wechselt das Zweitjüngste in die Schule und somit fällt der Geschwister-Bonus weg. Warum die Familie durch alle Lücken im Kita-System fällt und welche Konsequenzen das jetzt hat, erzählt Mutter Heinke Trapp hier.
Sechsköpfige Familie zahlt für jedes Kita-Kind wie für ein Einzelkind
Normalerweise gibt es für kinderreiche Familie gleich mehrere Sicherheitsstufen im Kita-System. Durch ältere Geschwister gibt es einen Bonus, durch den Wohnort können Kita-Gebühren sogar ganz entfallen. Und auch das Einkommen der Eltern entscheidet über die Höhe des Beitrags.
Für Familie Trapp aus der Nähe von Bonn gelten all diese Erleichterungen nicht – und das wegen einiger Zufälle. Die bittere Konsequenz daraus: Für das Nesthäkchen zahlt die Familie ab August dann den Beitrag, den Eltern normalerweise für ein Einzelkind bezahlen würden. Der Grund dafür ist der Altersunterschied der Kinder. Der liegt zwischen allen vier Kindern bei etwa vier Jahren, somit sind fast nie zwei Geschwister gleichzeitig in der Kita. Geht das zweitjüngste Kind dann in die Schule, fallen der Vorschul- und der Geschwisterbonus gleichzeitig weg.
- Ein Vergleich: Läge der Altersunterschied der vier Kinder nur bei zwei Jahren, hätte die Familie nur beim ersten Kind den vollen Satz zahlen müssen. Alle anderen wären durch ein älteres Geschwisterkind in der Kita oder der Vorschule durch den Bonus abgedeckt.
„Wir kommen richtig in finanzielle Knappheit ab August“, erklärt Mutter Heinke Trapp gegenüber RTL. „Jetzt beim vierten Kind kann ich einfach nicht mehr so viel arbeiten, dass ich diesen immensen Kita-Beitrag zusätzlich erwirtschafte, zusätzlich zu dem, was wir für unsere Haushaltskasse brauchen. Das tut uns finanziell total weh.“
Familie überschreitet knapp die Einkommensgrenze
Die Familie fällt durch verschiedene Lücken im Kita-System. Für den Geschwisterbonus ist der Altersunterschied zwischen den Kindern zu groß. Das Haushaltseinkommen der Familie liegt knapp über 85.000 Euro und damit genau über der Einkommensstufe, die in ihrem Kreis schon die Höchststufe markiert. In anderen Kreisen lägen sie damit gerade einmal im Mittelfeld. Oder würden wegen anderer regionalpolitischer Regelungen gar keinen Beitrag für die Kinderbetreuung bezahlen.
Heinke Trapp ist bewusst, dass das kein geringes Einkommen ist. Doch die Kosten für eine Familie mit vier Kindern sind hoch – auch ohne einen Einzelkind-Beitrag für die Kita.
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Wohnort: Wenige Kilometer kosten Hunderte Euro
Ein weiteres Ärgernis für die Familie: Die Höhe der Kita-Kosten wird in Deutschland von den Kommunen geregelt. Als die Familie vor vier Jahren von Bonn in den Vorort Wachtberg gezogen ist, haben sie sich nicht über die Höhe des Kita-Beitrags informiert. „Als wir hier schon wohnten und festgestellt hatten, dass der Kita-Beitrag hier fast doppelt so hoch ist wie in der Stadt Bonn, waren wir so erschrocken“, so Heinke Trapp. „Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir das bei der Wohnortwahl vermutlich schon berücksichtigt.“
Die Bonner Innenstadt liegt nur knapp 15 Kilometer entfernt. In die andere Richtung sind es nur rund drei Kilometer bis nach Rheinland-Pfalz. Dort würde die Familie keine Beiträge für die Kita zahlen. Und damit ist das Bundesland nicht alleine, auch in großen Städten, wie Berlin oder Düsseldorf, werden die Betreuungskosten für Kita-Kinder weitestgehend übernommen.
Kita-Kosten in Deutschland überall unterschiedlich geregelt
Der Kita-Betrag richtet sich auch nach dem Haushaltseinkommen der Eltern. Im Rhein-Sieg-Kreis, wo die Familie lebt, beginnt die höchste Einkommensgruppe schon bei 85.000 Euro. „In anderen Kommunen gehen die Einkommensstufen noch bis 150.000 oder sogar 200.000 Euro Jahreseinkommen. Dort lägen wir mit 85.000 Euro noch irgendwo im Mittelfeld und man zahlt dann entsprechend relativ weniger“, erklärt die berufstätige Mutter.
Von der lokalen Politik kam bisher keine Unterstützung. „Aus meiner Erfahrung fühlt sich da niemand richtig verantwortlich. Und mit dem Kita-Thema sind Eltern ein paar Jahre betroffen und dann ist es auch vorbei, deswegen hängt sich da keiner so richtig rein“, so Heinke Trapp.
Lösung noch nicht in Sicht: "All das fuchst mich sehr"
Heinke Trapp will sich nicht entmutigen lassen. Bis im August der volle Beitrag fällig wird, versucht sie alle Hebel in Bewegung zu setzen. Die vierfache Mutter fühlt sich der Politik im Stich gelassen. „Wir haben mit Politikern gesprochen, ob man da nicht etwas machen kann, bezüglich der Geschwisterkindregelung. Es geht schließlich um das vierte Kind“, erklärt sie. Doch bisher fühlt sich niemand verantwortlich.
„All das fuchst mich sehr, wenn ich die Politiker davon reden, dass die Frauen als Fachkräfte auch dringend benötigt werden. Ich bin Gymnasiallehrerin und es gibt einen Lehrermangel an Gymnasien. Gleichzeitig wird mir das so schwer gemacht, zu arbeiten“ erklärt die vierfache Mutter. Eine Lösung für die Großfamilie ist noch nicht in Sicht, aufgeben, um nach einer gerechten Lösung zu suchen, will Mutter Heinke Trapp aber nicht.