Alltag für Ärzte und PflegepersonalGewalt in Praxen und Kliniken
Gewalt gegen Ärzte und Pflegepersonal nimmt zu – das zeigt eine aktuelle Befragung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Schlägereien, Drohungen und sogar Rattengift in der Post gehören mittlerweile zum Alltag. Dazu sagt Dr. Jürgen Zastrow, HNO-Arzt aus Köln: „"Wir hatten jetzt tatsächlich einen Patienten, der wurde schon am Telefon aggressiv, hat die Mitarbeiterinnen beleidigt, bedroht. Wir haben ihm daraufhin Hausverbot erteilt. Er kam trotzdem und hat dann gegenüber der Erstkraft auch noch eine Bedrohung wiederholt, hat randaliert, gegen Möbel getreten, gegen die Tür getreten.“
Stress durch überzogene Erwartungen
Viele Patienten suchen Praxen inzwischen auch mit Kleinigkeiten auf und erwarten sofortige Hilfe – rund um die Uhr. Psychologe Michael Thiel erklärt das Verhalten so: „Wir sind ja durch unser Onlineverhalten gewohnt, alles immer gleich und sofort zu bekommen. Bedürfnisaufschub, ein bisschen warten, ein bisschen sich zurückhalten – diese Tugend ist nicht mehr so vorhanden. So kann es sein, dass wir in Situationen wie im Wartezimmer schnell aggressiv werden, wenn nicht gleich das passiert, was wir wollen: Wir wollen ran!"
Laut der Befragung haben 80 Prozent der Ärzte und Mitarbeiter bereits verbale Gewalt erlebt. Fast jeder Zweite berichtet von körperlichen Angriffen wie Tritten oder Schlägen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann fordert härtere Strafen: „Es ist einfach nicht hinnehmbar, dass Menschen, die dafür da sind, anderen in Notsituationen zu helfen, an bestimmten Orten in diesem Land Angst haben müssen. Das geht einfach nicht."
Alarmierende Zahlen und politische Forderungen
Die FDP brachte das Thema in den NRW-Landtag. Sprecherin Susanne Schneider schlägt ein Onlineportal vor, in dem Opfer von Gewalt anonym Vorfälle melden können: „Ich fände es ganz wunderbar, wenn wir so ein Onlineportal hätten, wo sich pflegende oder im Gesundheitsbereich tätige Menschen registrieren könnten, wenn sie Opfer von Gewalt werden. Dass das wirklich schnell geht und im Idealfall auch anonym ginge."
In einigen NRW-Kliniken gibt es bereits Videoüberwachung und Sicherheitspersonal. Ein Krankenhaus in Dortmund plant den Einsatz von Bodycams. Doch ein Gesetzentwurf für härtere Strafen bei Gewalt gegen Ärzte und Pflegepersonal liegt auf Eis – Grund sei das Scheitern der Ampel-Koalition.