General zum Afghanistan-Abzug bei "Markus Lanz - Das Jahr 2021"

"Kinder wurden in Abwasserkanäle geschmissen"

Daniel Reinhardt
Brigadegeneral Jens Arlt spricht über den Evakuierungseinsatz.
deutsche presse agentur

Brigadegeneral Jens Arlt war verantwortlich für die Evakuierung in Kabul. Am Mittwochabend sprach er in der ZDF-Sendung „Markus Lanz - Das Jahr 2021“ über die chaotischen Stunden am Flughafen der afghanischen Hauptstadt.

Arlt: "Es ist extrem wichtig, dass man Mensch bleibt"

„Nur 5.000 Menschen konnte die Bundeswehr retten“, sagt Markus Lanz und fragt den General, wie er die Evakuierung erlebt hat. Bei der Ankunft begann ein Wettlauf gegen die Zeit, sagt Arlt. Viele Nationen seien dort gewesen und man wusste nicht genau, „wo man die Kräfte einbringen sollte“. Er vergleicht die Situation wie nach einem Spiel im Fußballstadion, wenn alle Fans gleichzeitig aus dem Stadion rennen.

„Man konnte gar nicht schauen, wer jetzt Deutscher und wer berechtigt ist mit zu fliegen“, so Arlt. „Das ist das Dilemma, in dem Sie stecken. Sie müssen an die Leute dran kommen und sie selektieren.“ Er habe mit eigenen Augen gesehen, wie Kinder auf dem Flughafengelände weggeworfen worden sind. „Wir haben in bestimmten Bereichen gesehen, dass Männer versucht haben durch Kinder, die entwendet wurden, sich Zugang zu verschaffen“, schildert Arlt die schrecklichen Ereignisse. „Als sie dann drinnen waren, dachten sie, die Kinder bräuchten sie nicht mehr und haben sich ihrer entledigt. Die Kinder sogar in Abwasserkanäle geschmissen.“

Die Bundeswehrsoldaten hätten entsprechend darauf reagiert und sich um die Kinder gekümmert, erklärt er. Arlt habe mit vielen seiner Frauen und Männer über die Ereignisse gesprochen und sie aufgefordert, auch untereinander darüber zu sprechen. „Es lässt sie nicht kalt. Sie schauen in tote Augen“, sagt er. In solchen Situationen sei es extrem wichtig, dass man Mensch bleibt. (mor)