Vogelfreunde pilgern auf ein Feld
Gartenspottdrossel zum ersten Mal in Deutschland gesichtet - Vogelkundler reisen in Scharen nach Niederkassel
Hunderte Menschen pilgern derzeit nach Niederkassel im Rhein-Sieg-Kreis. Sie reisen extra aus Norddeutschland oder Belgien an, schauen durchs Fernglas und hoffen auf die Sichtung des Jahres.
Zum ersten Mal in Deutschland
Fröhlich zwitschernd sitzt die kleine, graue Gartenspottdrossel auf einem Ast am äußeren Rand eines Apfelbaumes. Auf den Betrachter wirkt es fast so, als genieße der Piepmatz seinen Auftritt. Viele würden den unscheinbaren Vogel wohl nicht direkt als besonders ansehen, für die Vogelkundler ist das Tier aber eine Sensation. „Das sehen wir sehr wahrscheinlich nur einmal im Leben“, beschreibt Georg Rauschenberger seine Eindrücke. Dabei steht er nur wenige Meter von dem Tier entfernt und hat damit vielen Hobby-Vogelkundlern etwas voraus, die seit mehr als zwei Wochen nach Niederkassel auf ein Feld pilgern. Denn die meisten hatten nicht das Glück, dass die Gartenspottdrossel direkt vor ihnen auf einem Ast landete.

Es ist wohl die erste Sichtung des Vogels in Deutschland, denn normalerweise ist er in den südlichen USA beheimatet. Wieso dieses eine Tier jetzt in Niederkassel ist, weiß keiner. Es kann sein, dass er im Bauch eines Schiffes nach Deutschland gekommen ist, aber sicher beantwortet werden kann das nicht.
Die Welt der Vogelkunde zu Gast auf einem Feld in Niederkassel
600 bis 700 Vogelkundler sollen die Reise nach Niederkassel bislang angetreten haben, sagt Karl-Josef Engels. Er betreibt den nahegelegenen landwirtschaftlichen Betrieb „Engelshof“. Seit zwei Wochen begrüßt er unter anderem Gäste aus England, aus der Schweiz und aus Dänemark. „Es war schon ein Hype für die“, so der Landwirt. Probleme mit den Gästen hatte er kaum. Nur am Anfang hätten sie die Landwirtschaftswege zugeparkt, darauf habe er sie aber hingewiesen. Ansonsten würden sie den Vogel aus sicherer Entfernung beobachten, auch um ihn nicht zu verscheuchen. „Sie sagen, das wäre eine Sensation, den Vogel live zu sehen. Auf Bildern könnte man das immer,“ sagt Karl-Josef Engels.

Dass so viele Menschen überhaupt über den Vogel Bescheid wissen, liegt an einer App, die die Vogelkundler benutzen. Dort tragen sie die gesichteten Tiere ein und so hat sich der Vogel auf dem Feld in Niederkassel in Windeseile in der Szene herumgesprochen. Auch der Leverkusener Alexander Fridman hat dadurch davon erfahren. Seine Frau hat ihm am Morgen extra dafür die Gartenarbeit erlassen und wollte nicht mitkommen. „Klein, grau, brauche ich nicht zu sehen,“ habe sie ihrem Mann gesagt. Für den Arzt ist der Tag aber auf jeden Fall etwas Besonderes, denn es sei „völlig unerwartet, so einen Vogel in Deutschland zu sehen.“
Winter und Greifvögel nahen
Aktuell macht die Gartenspottdrossel einen fröhlichen Eindruck und singt vor sich hin. Auch Nahrung sollte sie genug haben, denn die Apfelbäume tragen noch Früchte und das ein oder andere Insekt surrt auch noch durch die Luft. Trotzdem könnte es eng werden für den Vogel, wenn es kälter wird. Dann wird auch die Nahrung knapper. Zudem lauern Greifvögel auf die kleine, graue Gartenspottdrossel.