DAS sagt unser ExperteÄrztin über Asthma-Spray gegen Corona: "Es wirkt, aber niemand will es hören"

ARCHIV - 07.11.2020, Baden-Württemberg, Sulzburg: Ein Asthmatiker hält einen Asthmaspray in der Hand. Experten beurteilen die Ergebnisse einer aktuellen Studie zur Einnahme eines Asthma-Sprays bei Covid-19 als vielversprechend. (zu dpa «Experten: Dringend auf Studie zu Asthma-Medikament aufbauen») Foto: Philipp von Ditfurth/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Budesonid wird als Spray eigentlich gegen Asthma eingesetzt. Kann es auch vor schweren Corona-Verläufen schützen?
pvd exa vco, dpa, Philipp von Ditfurth

„Budesonid verhindert schwere Verläufe in den Atemwegen bei Corona-Erkrankungen.“ Das sagt die österreichische Allgemeinärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr im Gespräch mit RTL. Und: „Die Nutzen-Risiko-Abwägung ist eindeutig!“ Trotzdem ist das Medikament nicht zur Behandlung von Covid 19 Patienten zugelassen. Könnte es der Gamechanger sein? Dr. Georg-Christian Zinn vom Zentrum für Hygiene und Infektionsprävention schätzt das Medikament für uns ein.
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Eine Oxford Studie bestätigt die Wirkung von Budesonid

Alles beginnt, als die zweite Corona-Welle in Österreich vor der Tür steht. Die österreichische Allgemeinärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr ist zu dieser Zeit viel im Corona-Notdienst tätig. „Wir mussten Lösungen finden, jetzt in dieser Situation, als die Patienten vor uns standen.“, sagt Dr. Kellermayr zu RTL.

Eine Lösung, die Dr. Kellermayr einfällt, weil sie das Medikament bereits aus der Behandlung von Asthma-Erkrankungen kennt: der Wirkstoff Budesonid. Es wird in Form eines Sprays angewandt und tief in die Lunge inhaliert. „Bei Patienten mit leichtem Corona-Verlauf, was die Atemwege betrifft, kommt es unter der Anwendung von Budesonid nicht zur fulminanten Lungenentzündung“, erklärt Dr. Kellermayr RTL gegenüber. „Ein weiterer Abfall der Sauerstoffsättigung kann dadurch verhindert werden.“, so Dr. Kellermayr weiter.

Sogar eine Studie der Universität Oxford untersucht die Gabe von Budesonid bei Covid 19 Patienten. Und bestätigt: von 10 Corona Erkrankten, die Budesonid verabreicht bekommen haben, musste im Anschluss nur ein Patient in einer Klinik behandelt werden. Dies ergibt in der Untersuchung einen Rückgang um fast 90 Prozent.

Der Haken: Budesonid ist nicht zur Behandlung von Corona zugelassen.

Darum ist Budesonid nicht zugelassen

Budesonid ist eigentlich ein Medikament für vorwiegend Asthmatiker. Inhaliert man es, lindert Budesonid die Symptome entzündlicher Veränderungen. Werden Medikamente für andere Erkrankungen eingesetzt, spricht man vom sogenannten „off label use“. Das bedeutet nicht, dass das Medikament allgemein keine Zulassung hat – nur eben für in diesem Fall Corona-Erkrankungen nicht indiziert ist. „Off label wird Budesonid häufig bei länger andauernden Bronchitiserkrankungen verwendet.“, erklärt Dr. Lisa Maria Kellermayr RTL. Auch hier also wird Budesonid bereits „zwecktentfremdet“.

Sogar Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht von einem „Game Changer

Warum kann also das Spray jetzt nicht offiziell zugelassen werden, wenn es doch bereits eine Studie über die Wirksamkeit von Budesonid bei Corona Infektionen gibt?

Dr. Georg-Christian Zinn, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin vom Zentrum für Hygiene und Infektionsprävention erklärt RTL im Interview: „Da sind Stoffe drin, die auch entzündungsfördernd sind, Cortinsonanteile beispielsweise, es ist ein sehr wirksames Medikament bei Asthma. (...) Die Studienlage ist noch nicht ausreichend, da dieses Mittel auch Nebenwirkungen haben kann, nämlich zum Beispiel entzündungsfördernd sein kann. Zum Beispiel kann es Pilzinfektionen im Rachen-oder Mundbereich hervorrufen. Deshalb würde man das nicht einfach so einsetzen. Wir brauchen da noch mehr Studien, um wirklich sagen zu können: es wirkt. (…) Eine Studie macht da noch kein gutes Medikament.“

Gesunde Menschen, die nicht an Asthma oder Corona erkrankt sind, sollen sowieso die Finger davon lassen, raten Experten.

„Budesonid muss richtig angewendet werden. Man muss das Spray tief inhalieren, so dass es in die Lunge gelangt, danach muss man den Mund gut ausspülen. Wie man das Medikament richtig benutzt, steht aber ganz genau in der Packungsbeilage.“, erklärt Dr. Kellermayr RTL. Im Mundraum solle es nicht verbleiben, da es dort unter Umständen zu den bereits erwähnten Pilzinfektionen kommen kann.

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Warum darüber so wenig bekannt ist? „Ich bin weiblich, ich bin jung und ich habe vielleicht zu wenige Titel!“, sagt Dr. Lisa-Maria Kellermayr RTL gegenüber. Als Frau habe man es in der Medizinwelt schwer, gehört zu werden. Die 35-jährige Allgemein- und Hausärztin arbeitet in einer Praxis in Oberösterreich und hat viele Corona-Dienste übernommen. Ihre Kollegen habe sie umgehend von der Wirksamkeit des Medikaments Budesonid unterrichtet und man habe es im Team häufig angewandt, mit großem Erfolg. Nur sei der wiederum in der medizinischen Fachwelt bisher ausgeblieben. „Die Nutzen-Risiko-Abwägung ist eindeutig“, sagt Dr. Kellermayr im Gespräch mit RTL.