Darum muss der Deutsche den Haas-Rennstall verlassen
Fünf Gründe für ein Formel-1-Aus von Mick Schumacher

Das Aus von Mick Schumacher in der Formel 1 und bei Haas scheint mittlerweile beschlossene Sache zu sein. Gerüchten zufolge will der US-amerikanische Rennstall die Entscheidung noch vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi offiziell verkünden. Auf ihn folgen soll Nico Hülkenberg. Aber warum hat es für Mick Schumacher am Ende nicht gereicht?
Grund 1: Schumacher kostete Haas Millionen
Der Sohn von Formel-1-Legende Michael Schumacher hat in seinen ersten beiden Saisons bereits mehrere heftige Unfälle gebaut und damit immense Kosten verursacht. Zu Saisonbeginn zerlegte er in Saudi-Arabien und in Monaco seinen Boliden komplett. Totalschaden in Höhe von mehreren Millionen Euro.
Für das Team, das finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, ist das ein großes Problem. Seit seinem Debüt in der Formel 1 verursachte kein Fahrer mehr Schäden als Mick Schumacher. Zumindest nicht in finanzieller Hinsicht. Insgesamt soll der 23-Jährige das Team rund drei Millionen Euro gekostet haben. Da half es auch nicht, dass der Deutsche mit "1&1" und "Home Deluxe" lukrative Sponsoren mitbrachte. Und so stimmte das Verhältnis zwischen den Unkosten des Rennstalls und dem "Namen" Schumacher einfach nicht.
Grund 2: Erste Formel-1-Saison verschenkt
Muss Mick Schumachers zweite Saison in der Formel 1 eigentlich als seine erste angesehen werden? Argumente dafür gibt es auf jeden Fall. In seinem Debütjahr fuhr er in einem nicht konkurrenzfähigen Auto eigentlich immer nur gegen sich selbst. Denn einen Teamkollegen, an dem er sich hätte abarbeiten können, hatte er in Nikita Mazepin nicht. Ohne wirklichen Druck und die Aussicht in die Punkte zu fahren, kann man die erste Saison des Deutschen getrost als "verschenkt" bezeichnen.
Zu Beginn seines zweiten Jahres wurde dann deutlich, wie sein erstes hätte aussehen können. Gegen einen erfahrenen Fahrer - wie Kevin Magnussen - musste der 23-Jährige einige Niederlagen einstecken und produzierte unter dem größer werdenden Druck Fehler (Saudi-Arabien und Monaco). Im Laufe der Saison stabilisierte sich Schumacher jedoch, holte seine ersten Punkte und konnte seinen Teamkollegen immer wieder schlagen. Es wäre demnach wünschenswert gewesen, hätte man die ersten beiden Jahre von "Mini-Schumi" differenzierter betrachtet.
Grund 3: Medienrummel um Mick störte Haas-Teamchef Günther Steiner
Doch hatte Mick Schumacher in der aktuellen Saison wirklich eine faire Chance? Sein Onkel Ralf Schumacher hat den Schuldigen für das Aus seines Neffen bereits ausfindig gemacht: Teamchef Günther Steiner. "Mit normalen Maßstäben ist das ganze Verhalten nicht zu erklären, das muss schon fast etwas Persönliches sein. Ich glaube, dass Günther Steiner nicht damit klarkommt, dass jemand anderes aus dem Team den Fokus auf sich hat. Er ist sehr gern derjenige, der im Vordergrund steht", so der Experte bei "Sky".
Während der Saison hatte Steiner in Interviews immer wieder verwirrende Aussagen getätigt. Während er Mick Schumacher an einem Rennwochenende den Rücken stärkte und versuchte den Druck von ihm zu nehmen, kritisierte er ihn eine Woche später stark und forderte Punkte in Rennen, in denen das Auto nicht in der Lage war, in die Top-10 vorzustoßen. Zudem boykottierte Steiner Interviews mit "Sky", nachdem sich Ralf Schumacher immer wieder kritisch über den Haas-Teamchef geäußert hatte. Möglich, dass dieser Rummel am Ende ein Punkt für das Aus von Mick bei Haas war.
Grund 4: Hülkenberg und Magnussen sind erfahrener
Mit dem Aus von Mick Schumacher öffnet sich die Tür für Nico Hülkenberg. Der Emmericher, der zuletzt 2019 einen festen Platz in der Formel 1 hatte, soll das freie Cockpit bei Haas übernehmen. Mit der Erfahrung von insgesamt 181 Rennen dürfte er konstantere Leitungen als Mick Schumacher abliefern. Ob er aber wirklich immer wieder in die Punkte fahren kann, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen und ist auch nur möglich, wenn das Team das Auto weiterentwickelt.
2020 und 2021 überzeugte der 35-Jährige bei Auftritten als Ersatzfahrer. 2020 sprang er in beiden Silverstone-Rennen für den an Corona erkrankten Sergio Pérez bei Aston Martin ein, das damals noch Racing Point hieß, und fuhr in seinem zweiten Qualifying direkt auf Platz drei. Das Rennen beendete er dann auf einem starken siebten Platz. Zu Beginn dieser Saison ersetzte er Sebastian Vettel beim britischen Rennstall, weil dieser wegen Corona die ersten beiden Rennen verpasste. Vor allem in Saudi-Arabien lieferte Hülkenberg mit einem zwölften Platz gute Argumente für eine Rückkehr in die Formel 1.
Kevin Magnussen, der erst kurz vor Beginn der Saison sein Comeback feierte, weil Nikita Mazepin im Zuge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine entlassen worden war, zeigte bei Haas schnell seine ganze Routine. In seinen ersten vier Rennen fuhr er dreimal in die Punkte und hatte schnell die Oberhand gegenüber Mick Schumacher. Allerdings konnte der Däne seine Form nicht lange halten und enttäuschte, mit Ausnahme seiner famosen Pole Position in Brasilien, immer häufiger. Trotzdem dürfte die Paarung Magnussen/Hülkenberg in der kommenden Saison für mehr Konstanz und damit auch für mehr Punkte bei Haas sorgen.
Grund 5: Mick Schumacher war zu inkonstant
Genau das könnte am Ende der entscheidende Grund für das Aus von Mick Schumacher gewesen zu sein. Zwar zeigte der Deutsche in diesem Jahr endlich, dass er durchaus das Zeug hat, um in der Formel 1 mitzufahren, allerdings lieferte er diese Leistungen zu selten ab. Auf Unfälle in Saudi-Arabien und Monaco ließ der 23-Jährige gute Auftritte in Kanada, Silverstone und Österreich folgen, holte in England seine ersten Punkte.
Zu diesem Zeitpunkt schien die Vertragsverlängerung eigentlich schon gesichert. Seit dem Rennen in der Steiermark wartet Schumacher allerdings auf weitere WM-Zähler. Daran ist der ehemalige Formel-2-Champion aber nicht immer selbst schuld gewesen. Einige Male wurde er vom Team im Stich gelassen, das sich für eine falsche Strategie entschied oder beim Boxenstopp patzte.
Dass Schumacher nicht das Naturtalent eines Max Verstappen, Lando Norris, George Russell oder Carles Leclerc besitzt, war Haas von Anfang an bewusst. Innerhalb des Teams hatte man aber wohl mit einer besseren Entwicklung gerechnet. Auch in der Außendarstellung dürfte man auf einen höheren Mehrwert gehofft haben. Ein Typ "mit Ecken und Kanten" - wie beispielsweise Max Verstappen - ist der seit Jahren medientrainierte Mick Schumacher nicht.
Trotzdem ist die Chance groß, dass Schumacher in der Zukunft einen weiteren Anlauf in der Königsklasse des Motorsports wagen darf. Im Gespräch ist ein Platz als Ersatzfahrer bei Mercedes. Auch der Einstieg des deutschen Autoherstellers Audi, der ab 2024 neuer Titelsponsor des jetzigen Alfa-Romeo-Teams sein wird und gerne einen deutschen Fahrer im Aufgebot hätte, dürfte für den 23-Jährigen eine Möglichkeit darstellen. (Philipp Schmalz/sport.de)