Müll sammeln oder Laubfegen

Führende Unionspolitiker wollen Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten

02.11.2020, Niedersachsen, Hannover: Zwei Mitarbeiterinnen vom aha Zweckverband Abfallwirtschaft in der Region Hannover befreien einen Radweg im Stadtteil List mit Laubbläsern vom Herbstlaub. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Führende Unionspolitiker wollen Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten.
hcd, dpa, Hauke-Christian Dittrich

Laubfegen oder Müll aufsammeln: Führende Unionspolitiker wollen Langzeitarbeitslose zu diesen gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichten. Anlass der Diskussion ist ein Plan aus Dänemark. Dort sollen Migranten zu solchen Arbeiten verpflichtet werden.

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Idee: Über gemeinnützige Arbeit zurück in den Arbeitsmarkt

"Fördern und Fordern" sei der richtige Ansatz, sagte der CDU-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Sven Schulze der „Bild“. Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß verweist auf einen Gesetzentwurf aus Dänemark.

Ihm schwebe eine solche Regelung für Menschen vor, "die Leistungen vom Staat erhalten und nicht bereit sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren", sagte Sven Schulze weiter.

Dabei gehe es vor allem darum, "die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in das Arbeitsleben zu erleichtern", sagte Berlins CDU-Fraktionschef Burkard Dregger dem Blatt.

Friedrich Merz befürwortet den Vorstoß ebenfalls, Langzeitarbeitslose auf diesem Weg in den Arbeitsmarkt zu bringen: „Da kann das ein geeignetes Mittel sein, sie einfach nicht allein zu lassen, sondern sie wirklich auch mal ein bisschen an der Krawatte zu ziehen und zu sagen, ihr müsst euch auch mal um euch selber kümmern”, sagte Merz der „Welt“.

Auch der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, findet die Idee gut. Viele Langzeitarbeitslose könnten "wieder in ein normales Arbeitsleben zurückkehren, wenn sie gezielt über gemeinnützige Arbeit für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht werden".

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"Derzeit keine gesetzliche Grundlage"

Der CSU-Innenexperte Michael Kuffer erhofft sich für die Arbeitslosen "Wertschätzung und eine persönliche Beziehung zu unserem Gemeinwesen". Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß verwies auf einen Gesetzesentwurf aus Dänemark, wo die Regierung mit einer Pflicht zum Arbeiten die Integration von Einwanderern forcieren will. „Die Sozialdemokraten in Dänemark zeigen, dass sie deutlich mehr von Integration verstehen als ihre deutschen Kollegen“, so Ploß zur „Bild“.

Aber wie ist eigentlich derzeit die Situation? „Im Moment gibt es keine gesetzliche Grundlage, Arbeitslose zu verpflichten, gemeinnützige Tätigkeiten anzunehmen“, so Susanne Eikemeier von der Bundesagentur für Arbeit im RTL-Interview. Bei regulären Jobs müsse man unterscheiden: Wer Arbeitslosengeld 1 bezieht, muss in den ersten Monaten nicht jeden angebotenen Job annehmen. Bezieht man jedoch Arbeitslosengeld 2, umgangsprachlich Hartz IV, sieht das anders aus. Hartz IV-Bezieher sind verpflichtet, jeden zumutbaren angebotenen Job anzunehmen. Im schlimmsten Fall könnten sonst Leistungen gekürzt werden. Das sei allerdings das allerletzte Mittel.

Dänemark will Migranten zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten

Die dänische Regierung will einige Arbeitslose dazu verpflichten, 37 Stunden in der Woche zu arbeiten. Die Maßnahme ist Teil eines Reformpakets, das Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Dienstag vorstellte. Es gehe um Arbeitslose mit „Integrationsbedarf“, die vom Staat finanzielle Unterstützung bekommen. Auch hier wurden Tätigkeiten wie Plastik oder Zigaretten am Strand sammeln genannt.

De facto sind es aber zwei unterschiedliche Ansätze, die diese Debatte abbildet. Während es in Dänemark vornehmlich um die Integration von Migranten in die Gesellschaft geht, wird in Deutschland über die Integration in den ersten Arbeitsmarkt nach langer Arbeitslosigkeit debattiert.