Weniger Testzeit und einmal zahlen

Budget-Skandal: Glimpfliche Strafe für Red Bull

(L to R): Dr Helmut Marko (AUT) Red Bull Motorsport Consultant; Max Verstappen (NLD) Red Bull Racing; and Christian Horner (GBR) Red Bull Racing Team Principal celebrate winning the Constructors' World Championship with the team.
23.10.2022. Formula 1 World Championship, Rd 19, United States Grand Prix, Austin, Texas, USA, Race Day.
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Max Verstappen gewann mit Red Bull im Vorjahr erstmals die WM, wiederholte in diesem Jahr das Kunststück
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Red Bull kommt für seinen Verstoß gegen die Budgetgrenze der Formel 1 im Jahr 2021 glimpflich davon: Der Rennstall muss eine Strafe von sieben Millionen Dollar zahlen. Außerdem hat Red Bull ein Jahr lang weniger Zeit für Aerodynamik-Tests – der im Regelwerk festgelegte Koeffizient, mit dem die Testzeit der Teams berechnet wird, wird um zehn Prozent gekürzt. Das gab die FIA am Rande des Mexiko-GP bekannt. Ein Punktabzug für Max Verstappen und der Verlust dessen erster WM-Krone ist damit vom Tisch.
Red Bull einigte sich mit dem Automobil-Weltverband auf ein sogenanntes „Accepted Breach Agreement“ (ABA), akzeptiert damit sowohl den Regelbruch als auch die ausgesprochene Strafe. Die Vereinbarung kommt einem Schuldeingeständnis gleich, verhindert aber härtere Sanktionen.
Die FIA lüftete das Geheimnis um die Summe, die Red Bull im Vorjahr über der Budgetgrenze von 148,6 Millionen Dollar lag: 1,864 Millionen Pfund (rund 2,2 Millionen Dollar) gab das Team in Verstappens WM-Saison zu viel aus.

Was ist geringfügig?

Zudem habe Red Bull Verfahrensfehler begangen, teilte die FIA mit. Für solche wurde auch Aston Martin bestraft. Das Team, für das Sebastian Vettel seit dem Vorjahr fährt, muss 450.000 Dollar Strafe zahlen, trägt zudem die „Verfahrenskosten“ für das ABA.

Grundsätzlich unterscheidet die FIA bei den Budget-Vergehen zwischen geringfügigen und deutlichen Überschreitungen. Die Grenze liegt bei fünf Prozent des Gesamtbudgets, 2021 also bei etwa 7,43 Millionen Dollar. Der Verstoß von Red Bull belief sich laut Erklärung des Weltverbandes auf 1,6 Prozent.

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Betrugsvorwürfe gegen Red Bull werden in der Vereinbarung nicht erhoben – im Gegenteil. Es gebe keine Beweise, dass der Rennstall zu irgendeinem Zeitpunkt „unehrlich oder in betrügerischer Weise“ gehandelt oder der zuständigen Budget-Verwaltung der F1 „Informationen verschleiert“ habe. Die FIA wies zudem darauf hin, dass Red Bull nur um etwas mehr als 430.00 Pfund überzogen hätte – hätte das Team einen Steuerrabatt korrekt geltend gemacht.

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Weniger Testzeit könnte Red Bull die Flügel stutzen

Teamchef Christian Horner nahm am Freitag in Mexiko Stellung zu dem Thema. Man habe die Strafe "widerwillig akzeptiert", sagte Horner und versicherte, die Überschreitung des Kostendeckels habe sich in keinster Weise auf die Leistung der Autos ausgewirkt. "Aber hätten wir uns nicht auf die Vereinbarung mit der FIA eingelassen, wäre es eine lange Geschichte geworden.“ Dann hätte sich das Verfahren bis weit in die kommende Saison gezogen, das habe man im Sinne aller Beteiligten vermeiden wollen.

Red Bull lag nach eigenen Angaben zunächst unter der Grenze von 148,6 Millionen Dollar, die Übertretung betrug dann aber doch 2,2 Millionen Dollar. Kosten für Ersatzteile und Catering sollen dazu ebenso beigetragen haben wie Abfindungen, Lohnfortzahlungen für erkrankte Mitarbeiter und Steuer-Nachzahlungen.

Härtere Strafen wären wohl nur möglich gewesen, wenn Red Bull das Urteil der FIA weiter angefochten hätte. Spekuliert wurde zuvor über einen Punktabzug, der dann die WM-Entscheidung 2021 womöglich beeinflusst hätte: Verstappen holte damals den Titel mit nur acht Punkten Vorsprung auf Lewis Hamilton im Mercedes.

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Die Geldstrafe und die Einschränkung der ohnehin knappen Windkanal-Zeit treffen das Team aber durchaus. Denn die Testmöglichkeiten orientieren sich grundsätzlich am sportlichen Abschneiden: Je erfolgreicher ein Team ist, desto weniger Zeit hat es im Windkanal. Als Konstrukteursweltmeister 2022 hat Red Bull hier also ohnehin schon Nachteile gegenüber der Konkurrenz.

Wolff: "Cashwerter Vorteil" - so oder so

Die Konkurrenz von Red Bull hatte nach Bekanntgabe des Budgeverstoßes ein kosnequentes Vorgehen der FIA und harte Strafen für Red Bull gefordert. McLaren-Boss Zak Brown schrieb in einem Brief an den Weltverband, das Vergehen stelle „Betrug“ dar.

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff sagte am Rande des US-GP in Austin: „Mit was immer sie drüber sind, ist ein cashwerter Vorteil, den man in Entwicklung umsetzten kann.“ Die Red-Bull-Gegner dürften enttäuscht auf das FIA-Urteil reagieren.

Horner hatte die Affäre am vergangenen Samstag vor der Todesnachricht von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz eskalieren lassen. Browns Betrugsvorwurf sei schockierend.

Der Brite wies auch darauf hin, wie komplex das Regelwerk sei auf insgesamt 52 Seiten nur zur Budgetgrenze. Horner berichtete zudem, Kinder von RB-Mitarbeitern seien auf dem Spielplatz gemobbt worden, nachdem Red Bull so lange am Pranger gestanden habe. Während Brown die Auseinandersetzung verbal nicht noch weiter befeuert hatte, höhnte Wolff gesagt: „Ich habe fast eine Träne verdrücken müssen, als ich das gehört habe.“ Neun Teams hätten sich an die Budgetgrenze gehalten und seien das Opfer.

Nachdem Rennställe in der Vergangenheit auch mal mehrere hundert Millionen Dollar ausgegeben haben sollen, hatte sich die Formel 1 nach einer jahrelangen und immer wiederkehrenden Diskussion auf ein Ausgabenlimit geeinigt. Dadurch soll zum einen eine größere Chancengleichheit unter den teilnehmenden Teams erreicht werden. Zum anderen will sich die Motorsport-Königsklasse dadurch auch für andere Hersteller in Kombination mit weiteren Reformen als nachhaltigere und umweltfreundlichere Rennserie attraktiver machen. (sid/dpa/mar)