Franzosen starten "Rac(H)er"-Programm

Alpine will mehr Frauen-Power im Stall

 SZAFNAUER Otmar, Team Principal of Alpine F1 Team, portrait during the Formula 1 AWS Grand Prix du Canada 2022, 9th round of the 2022 FIA Formula One World Championship, WM, Weltmeisterschaft on the Circuit Gilles Villeneuve, from June 17 to 19, 2022 in Montreal, Canada - F1 - CANADIAN GRAND PRIX 2022 DPPI/Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxFRAxITAxBEL G00D0444
Otmar Szafanuer hofft, dass mehr Frauen den Weg in die Formel 1 finden - ob im Auto, oder in den technischen Berufen
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von Martin Armbruster

Die Formel 1 wird gerne als PS-Zirkus bezeichnet, steht für Show, Action und Unterhaltung. Mehr und mehr aber entwickelt sich Rennserie auch zu einer Plattform. Fahrer und Teams nutzen die F1, um auf soziale und gesellschaftspolitische Themen aufmerksam zu machen. Lewis Hamilton kämpft gegen Rassismus und Diskriminierung, Sebastian Vettel setzt sich für Umweltschutz ein. Das Alpine-Team hat sich auf die Fahnen geschrieben, mehr Frauen in seinen Rennstall zu holen – und das auch aus ganz „egoistischen“ Gründen, wie der Teamchef im RTL-Interview verrät.

"90:10 ist kein gutes Verhältnis"

Die Formel 1 gilt noch immer als Männerdomäne – und das nicht nur, weil die 20 Piloten allesamt Männer sind. Wer durch das Fahrerlager läuft, der sieht überwiegend Männer, sei es in den Garagen und an den Kommandoständen der Teams, sei es bei Reifenhersteller Pirelli, sei es im Medien-Center.

Auch in den Fabriken der Teams sind Frauen unterrepräsentiert. Alpine will das ändern, hat hierzu das „Race(H)er“-Programm ins Leben gerufen. „Unser Ziel ist es, dass sich mehr Frauen für die Möglichkeit interessieren, eine Karriere in F1 einzuschlagen“, erläutert Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer. Dabei gehe es nicht nur um das „offensichtliche“ Thema einer potenziellen Fahrerin in der Formel 1. „Wir haben mehr als 1000 Angestellte bei uns und nur etwa zehn Prozent sind Frauen. Dieses Verhältnis ist nicht repräsentativ für die wahre Welt. Vielleicht erreichen wir nie 50:50, aber 90:10 ist kein gutes Verhältnis.“

Alpine will Frauen vor allem auch für vermeintliche „Männerberufe“ im Ingenieurswesen sowie für technische Berufe begeistern. Und das nicht nur aus edlen Motiven, wie Szafnauer unumwunden zugibt. „Wenn man egoistisch denkt, will man einfach die besten Leuten, die besten Talente haben, egal ob sie männlich oder weiblich sind. Wir stellen Frauen nicht einfach ein, weil sie Frauen sind.“

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Schon jetzt zeigen Frauen, was sie drauf haben

Um „weiblicher“ zu werden nimmt Alpine Geld in die Hand, investiert nach Teamangaben in regionale „STEM“-Initiativen (steht auf englisch für: Wissenschaft, Technologie, Ingenieurswesen, Mathematik), kooperiert mit Ausbildungs-Einrichtungen, um eben mehr Frauen für eine Karriere im Motorsport zu gewinnen.

Schon jetzt arbeiteten bei dem französischen Werksteam Ingenieurinnen und Technikerinnen, so der amerikanische Team-Boss. Szafnauer verwies auch auf Frauen-Power bei anderen Rennställen. Am Alfa-Romeo-Kommandostand etwa schmiedet Ruth Boscombe als Chefstrategien die Rennpläne. Red-Bull-Berater Helmut Marko lobte nach dem Monaco-Sieg des Teams die Strategien Hannah Schmitz öffentlich für ihre perfekten Ansagen.

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Michèle Mouton lässt grüßen

Alpine hat als Ziel ausgegeben, seinen Frauenanteil in den nächsten fünf Jahren auf 30 Prozent anzuheben. Und: Die Franzosen wollen, dass endlich eine Frau den Sprung in die F1 schafft. Hierfür stellt der Rennstall nach eigenen Angaben „beträchtliche Ressourcen“ bereit. Die Formel 1 – sie soll bei Alpine nicht länger ein reiner Männersport bleiben.

Das Rac(H)er-Programm “beinhaltet den Abbau von Vorurteilen, indem wir die Forschung nutzen und eine wissenschaftliche Studie fördern, um all die vermeintlichen Pseudo-Hürden für weibliche F1-Fahrerinnen wie Fitness und kognitive Fähigkeiten definitiv abzubauen“, heißt es vonseiten Alpines.

Dass Frauen Auto fahren können, weiß man nicht zuletzt seit Michèle Mouton: Die Französin mischte in den 1970er und 1980er Jahren die Rallye-WM auf, gewann ein ums andere Mal gegen keinen geringeren als Walter Röhrl.