Vater soll Messer noch in der Hand gehalten haben

Hawin (22) findet ihre Mutter im Badezimmer: "Da war überall Blut"

Mohammad E. wird vorgeworfen, seine Ehefrau am 30. März 2022 in der Wohnung in Weyhe erstochen zu haben.
Mohammad E. wird vorgeworfen, seine Ehefrau am 30. März 2022 in der Wohnung in Weyhe erstochen zu haben.
RTL Nord
von Anna Böker und Jule Blaase

„Habe ich gut gemacht, lass sie sterben!“ Das soll Hawins Vater gesagt haben, nachdem er ihre Mutter am 30. März 2022 in ihrer Wohnung in Weyhe mit einem Küchenmesser erstochen haben soll. Es ist ein Tag, den die 22-Jährige nie vergessen wird. Im Prozess sagt sie am Freitag unter Tränen gegen ihren Vater aus.

Hawin zum Richter: "Können Sie ihn bitte nicht meinen Vater nennen?"

Hawins Haltung gegenüber dem „Täter“ – wie sie ihn selber nur noch bezeichnet – ist von der Sekunde an klar, in der sie den Gerichtssaal vom Landgericht Verden betritt. Zuerst versucht sie noch die Fassung zu wahren, als sie ihren Vater mit Fußschellen auf der Anklagebank sitzen sieht, bricht sie jedoch in Tränen aus. Auch Mohammad E. weint bitterlich.

Vor ihrem Zeugenstuhl geht Hawin kurz unter Tränen auf die Knie. Dann setzt sie sich mit ihrer Anwältin. Wie sie über den Mann auf der Anklagebank denkt, macht sie dem Richter mit einem einfachen Satz deutlich: „Eine Bitte: Können Sie ihn bitte nicht meinen Vater nennen?“. Während ihrer weiteren Zeugenaussage nennt sie Mohammad E. nur noch den „Täter“.

Hawin E.´s Mutter hatte Mitleid mit ihrem Noch-Ehemann

Obwohl die Tat bereits über ein halbes Jahr zurückliegt, kann sich Hawin noch gut an alles erinnern. Zum Tatzeitpunkt leben ihre Eltern bereits getrennt voneinander. „Meine Mama wollte sich trennen, weil er meine Mama geschlagen hat. Er hat viel geschlagen. Ich habe nie verstanden, wieso er das gemacht hat.“ Hawin berichtet von häuslicher Gewalt, ihr Vater habe auch gegenüber ihr und ihrer Schwester die Hand erhoben, als die Familie noch im Iran lebt.

Am 30. März soll Mohammad E. dann plötzlich vor der Tür der Wohnung in Weyhe gestanden haben. Hawins Mutter will ihn zuerst nicht sehen, lässt sich dann aber wohl doch auf ein Gespräch an. Hawin berichtet, ihre Mutter hätte Mitleid mit ihrem Vater gehabt. „Sie sagt: Der Arme ist sehr traurig. Er fühlt sich einsam.“ Lange bleibt es ruhig zwischen Mutter und Vater. Doch dann hört Hawin, wie ihre Mutter ihren Namen ruft: „Ich glaube, sie wollte raus.“, erinnert sie sich mit tränenerstickter Stimme.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

"Da war überall Blut"

Nach ihrer Erzählung findet Hawin die beiden im Badezimmer, allerdings sei die Tür verschlossen gewesen. Unter Tränen erzählt sie dem Gericht, was sie gesehen hat, als sich die Tür öffnete: „Der Täter stand da mit einem großen Messer in der Hand. Mama lag auf dem Boden. Überall war Blut.“ Laut dem Landgericht Verden befinden sich die Stichwunden von Hawins Mutter vor allem im Kopf- und Halsbereich. Hawin versucht laut eigener Aussage noch, ihre Mutter zu retten und die Wunden am Hals zuzuhalten.

Dem Gericht erzählt sie mit Tränen in den Augen: „Meine Mama wollte noch leben, sie wollte noch meine Schwester sehen im Iran. Sie war jung.“ Doch Mohammad E. gibt ihr damals angeblich keine Chance, ihrer Mutter noch zu helfen. Er hält ihren Arm fest: „Er sagte dann: Habe ich gut gemacht, lass sie sterben.“

Mutter stirbt noch am Tatort

Hawin berichtet weiter, dass sie versucht hätte, einen Krankenwagen zu rufen. Doch auch davon soll ihr Vater sie abgehalten haben. Hawin verlässt die Wohnung, ruft auf der Straße nach Hilfe. Letztendlich ruft eine Nachbarin den Krankenwagen. Doch für Hawins Mutter ist es bereits zu spät. Der Notarzt kann nur noch ihren Tod feststellen. Mohammad E. wird daraufhin festgenommen, Hawin kommt zunächst bei Familienangehörigen unter, mittlerweile wohnt sie in Hamburg. Auf die Frage des Richters, wie es ihr heute geht, kann sie keine klare Antwort geben: „Ich kann das nicht beantworten. Ich habe meine Mama verloren. Ich kann sie nicht mehr umarmen. Ich glaube immer noch nicht, dass sie so gestorben ist.“

Verminderte Schuldfähigkeit?

Mohammad E. wurde mit Fußschellen ins Gericht geführt. Ihm wird vorgeworfen, seine Ehefrau erstochen zu haben.
Mohammad E. wurde mit Fußschellen ins Gericht geführt. Ihm wird vorgeworfen, seine Ehefrau erstochen zu haben.
RTL Nord

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von einer verminderten Schuldfähigkeit aus. Das bestätigt ein Gerichtssprecher gegenüber RTL. Es habe ein Vorgutachten gegeben, indem von Wahnvorstellungen des Angeklagten die Rede war.

Ein abschließendes Urteil wird Anfang Dezember erwartet, bis dahin sitzt Mohammad E. weiter in Untersuchungshaft.