Auffrischungsimpfung für Amerikaner ab September

Prof. Timo Ulrichs: "Das ist nicht nur egoistisch, sondern auch sehr kurzsichtig"

Auch in Deutschland sind Auffrischungsimpfungen in einigen Bundesländern für bestimmte Gruppen schon möglich. In Nordrhein-Westfalen und Bayern beispielsweise können sich ältere Menschen, deren Impfung schon mindestens sechs Monate zurückliegt, schon nachimpfen lassen. Bei allen Altersgruppen sei das jetzt „sehr wahrscheinlich aber nicht notwendig“, kritisiert Prof. Timo Ulrichs. Die USA planen aber genau das. Ab September sollen sich alle Amerikaner – je nach Impfstoff – ein zweites oder drittes Mal impfen lassen können. Warum Epidemiologe Ulrichs darin Nachteile für die Virusverbreitung auf der ganzen Welt sieht, erklärt er im Corona Talk mit RTL-Reporterin Nele Balgo.
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Ulrichs: Impfstoff sollte lieber weltweit verteilt werden

Während reiche Industrienationen bereits früh mit Impfstoff versorgt wurden, warten einige ärmere Länder immer noch darauf, ausreichend Impftermine anbieten zu können. „Es gibt ja schon sehr viel Impfstoff, der gar nicht mehr so richtig abgerufen wird. Auch in Deutschland geben die Bundesländer wieder Impfstoffdosen zurück an den Bund. Das bedeutet, dass da schon etwas zur Verfügung steht, was man möglichst schnell verteilen könnte“, sagt Timo Ulrichs.

Impfstoff ist also da, er muss nur dort ankommen, wo er dringend gebraucht wird. Auch die WHO kritisiert, dass die Boosterimpfungen für alle Amerikaner noch nicht nötig seien. Das sieht Epidemiologe Ulrichs genauso und geht noch einen Schritt weiter: „Das ist nicht nur egoistisch, sondern auch sehr kurzsichtig, denn wenn wir jetzt die vorhandenen Impfstoffdosen nicht gleich und schnell und gerecht verteilen, dann geben wir dem Virus, auch gerade dieser Delta-Variante, eben Raum in anderen Weltregionen, dass es nochmal in großen Mengen zirkulieren kann.“ Würde sich die Variante sogar noch einmal verändern, müsste mit angepassten Impfstoffen nachgeimpft werden. Zu vermeiden sei das, indem große Mengen Impfstoff ärmeren Ländern zur Verfügung gestellt würden.

Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei Geimpften viel geringer

Trotz Impfung gibt es auch mehrere tausend sogenannte Impfdurchbrüche – also Infektionen trotz vollständigem Impfschutz. Eine Studie der Universität Oxford hat jetzt analysiert, dass die Viruskonzentration bei Geimpften, die sich mit der Delta-Variante infizieren, ähnlich hoch ist wie bei ungeimpften Infizierten. „Nun darf man aber nicht die Wahrscheinlichkeiten verwechseln. Also, bei einem Geimpften ist die Wahrscheinlichkeit eben sehr, sehr viel geringer, dass da eine Infektion stattfindet, als bei einem Ungeimpften“, erklärt Ulrichs.
(nba)

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