Vater wickelt Kind im Gericht

Horror-Eltern sollen Tochter misshandelt haben – Urteil gefallen

Prozess gegen Eltern aus Elsterberg
Die Angeklagten kamen mit dem Kinderwagen zum Prozess.
RTL
von Frank Vacik und Sebastian Stöckmann

Überschminkte Lisa S. Knochenbrüche, um Misshandlungen zu vertuschen?
Die 28-Jährige und ihr Mann Patrick S. (31) sollen ihrer kleinen Tochter Schlimmes angetan haben. Am Montag (6. Mai) sind die Eltern in Plauen verurteilt worden.

Angeklagte kommen mit Kinderwagen zum Gericht

Mit dem Kinderwagen kommen die Angeklagten am Morgen zum Amtsgericht Plauen. Beim Gericht sorgt das für Verwunderung, viele Prozessbeobachter vermuten dahinter Kalkül. Sie gehen davon aus, dass Lisa S. und Patrick S. ein Schauspiel aufführen und die fürsorglichen Eltern spielen wollen. Mit dem Ziel, eine mildere Strafe zu bekommen.

Später wickelt Patrick S. sein Kind im Sitzungssaal und füttert es im Flur. Bei den Zuschauern sorgt das für Kopfschütteln.

Elsterberg: Mädchen erlitt zahlreiche Frakturen

Was dem Ehepaar aus Elsterberg (Sachsen) vorgeworfen wird, klingt schrecklich. Zwischen Juni 2018 und März 2019 sollen die beiden ihr Kind geschlagen und gewürgt haben, um sein Schreien zu unterbinden: Lisa S. in neun Fällen, Patrick S. in sieben Fällen. Ihre Tochter war im Juni 2018 auf die Welt gekommen.

Bei den Misshandlungen entstandene blaue Flecken sollen die zwei mit Schminke verdeckt haben. Zweimal sollen sie dem Mädchen die Arme an den Handgelenken hinter dem Rücken zusammengebunden haben, damit es sich nicht die Finger in den Mund steckt. Stumpfe Gewalt oder zu kräftiges Schütteln soll bei dem Kind Frakturen beider Arme sowie des Schienbeins und des Mittelfußes verursacht haben.

Patrick S. soll Sohn erstickt haben – Freispruch

Besonders schlimm: Lisa S. und Patrick S. mussten sich schon vor drei Jahren wegen Totschlags vor dem Landgericht Zwickau verantworten. Die Staatsanwaltschaft legte den Eltern zur Last, ihren Sohn Liam (sechs Monate) am 6. Juli 2017 in ihrer Wohnung getötet zu haben. Patrick S. soll dem weinenden Säugling für mehrere Minuten ein Kissen aufs Gesicht gedrückt haben, um ihn ruhigzustellen. Das Kind erstickte. Lisa P. soll die Tat nicht verhindert haben, obwohl das jederzeit möglich gewesen sei.

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Tochter des Ehepaars aus Elsterberg vertraute sich Pflegemutter an

Der Fall kam erst zwei Jahre später durch die Tochter des Ehepaars ins Rollen: Sarah (Name geändert), am Tag des mutmaßlichen Verbrechens vier Jahre alt, vertraute sich ihrer Pflegemutter an. Sie erzählte, die schreckliche Tat ihres Vaters beobachtet zu haben. Im Frühjahr 2019 war Sarah zu der Pflegefamilie gekommen.

Am Ende wurden die Eltern aus Mangel an Beweisen freigesprochen: Das Gericht konnte nicht ausschließen, dass Liam an einer bestehenden Herzerkrankung starb.

Prozess in Plauen: Legen Eltern ein Geständnis ab?

Zum Prozessauftakt am Montag schweigen die beiden Angeklagten zunächst. Dann kommt es zu einem Rechtsgespräch; Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Gericht beraten mehr als eine Stunde lang. Offensichtlich gibt es eine Einigung: Die Eltern sollen hinter verschlossenen Türen aussagen – und gestehen teilweise! Am Ende verurteilt das Gericht Lisa S. und Patrick S. zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Außerdem muss das Paar 250 Arbeitsstunden leisten.