Wie krank sind die Methoden im Eiskunstlauf?

Schläge, Trainingszwang, Befehl zum Erbrechen: Savchenko-Aussagen erschüttern

Figure Skating – Pyeongchang 2018 Winter Olympics – Pair Skating free skating competition final – Gangneung Ice Arena - Gangneung, South Korea – February 15, 2018 - Aljona Savchenko and Bruno Massot of Germany in action. REUTERS/Lucy Nicholson     TPX IMAGES OF THE DAY
Aljona Savchenko gab auf dem Eis und im Training immer alles - 2018 wurde sie mit Olympia-Gold belohnt
LP, REUTERS, LUCY NICHOLSON

Wie hart, wie unmenschlich ist die Eiskunstlauf-Szene für junge Mädchen, junge Frauen? Eine Frage, die sich nach der Tragödie der 15-jährigen Eisprinzessin Kamila Walijewa bei Olympia und der eiskalten Reaktion ihrer Knallhart-Trainerin Eteri Tutberidse dringend stellt. Nach den jüngsten Aussagen von Deutschlands Olympiasiegerin Aljona Savchenko muss man die Frage so beantworten: Sehr schlimm!

Savchenkos Erzählungen schockieren

Die 38-Jährige, die von vier Jahren im Paarlauf Gold gewann, legte bei Eurosport ein erschütterndes Zeugnis ab. Schläge, Tritte, Kotzbefehle und Trainingszwang – bei den Aussagen der früheren Weltklasse-Athletin gefriert einem das Blut.

„Ich hatte Trainer, die mich mit Schonern auf den Kopf geschlagen haben, wenn ich irgendwelche Elemente schlecht gemacht habe. Ich hatte Trainer, die mit Wasserpistolen in der kalten Eishalle geschossen haben. Ich hatte Trainer, die uns wenig Essen gegeben haben“, sagte Savchenko.

Auf einem Lehrgang in Russland habe eine Trainerin sie sogar aufgefordert, sich nach dem Essen zwei Finger in den Mund stecken, um sich zu übergeben und abzunehmen, erzählte Savchenko.

Im Video: Die Tragödie der Kamila Walijewa

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"Haben uns Essen geklaut"

Ihr Leben als Eiskunstläuferin habe manchmal einer „Strafe“ geglichen, so Savchenko, die von einem knüppelharten Trainingsalltag berichtet. „Morgens aufstehen, erstmal auf die Waage, dann ein bisschen essen, zum Mittag Salat, abends gar nichts. Es gab Lehrgänge, wo wir hungrig waren. Wir haben in der Kantine heimlich nach Essen gefragt, uns hier und da etwas geklaut und versteckt gegessen.“

Es sind Aussagen, die den Eiskunstlauf in ein schlechtes Licht rücken und die Frage aufwerfen, ob Unmenschlichkeit hier System ist.

Auch die Russin Walijewa wurde vor aller Weltöffentlichkeit als Opfer eines unbarmherzigen Leistungsgedanken vorgeführt. Ihre Trainerin Eteri Tutberidse kanzelte sie nach ihrer dramatisch verpatzten Kür ab. Eine Umarmung? Ein bisschen Menschlichkeit? Njet!

Tutberidse kann zwar jede Menge Erfolge vorweisen. Allerdings ist sie dafür auch bereit, alles zu tun – auch widerliches. Ihre Methoden müssen teils derart ekelhaft sein, dass die Hölle zufriert.

Eine Geschichte über diese „Methoden“ ist besonders erschreckend. Sie wurde von einer ehemaligen Schülerin erzählt. Verifiziert ist sie nicht. Weil ihr Training schlecht gewesen sei, sagte Polina Shuboderova, habe Tutberidse sie in eine Mülltonne mit geschlossenem Deckel gesteckt. Dort musste sie bis zum Ende der Einheit bleiben. Die Trainerin sagte: Müll gehört in den Müll.

Der Fall Walijewa – vielleicht kann er ein öffentliches Bewusstsein schaffen, damit sich für die jungen Mädchen und Frauen etwas ändert. Und damit dieser Sport seinen magischen Zauber behält. (mar)