Ultraharte Trainings und MülleimerDie Skandalakte von Eiskalt-Trainerin Eteri Tutberidse

Sie ist der härteste und kälteste Protagonist der Olympischen Spiele in Peking: Eiskunstlauf-Trainerin Eteri Tutberidse. Ihre langen blonden Engelslocken sind nur der schöne Schein. Ihre empathielosen Augen entlarven die Gnadenlosigkeit, mit der sie ihre Schülerinnen triezt. So wie Kamila Walijewa, den magischen Superteenie, der in China und an der Last des Dopingfalls zerbrochen war.
"Würde eines Kindes verletzt"
Müll gehört in den Müll
Die Bilder der völlig überforderten Kamila Walijewa und der auf sie vorwurfsvoll einredenden Eteri Tutberidse werden von diesen Spielen in Erinnerung bleiben. Mehr als die meisten Goldmedaillen, mehr als spektakuläre Stürze und besondere Umarmungen. Denn die Kälte, mit der die Trainerin ihrer Schülerin begegnete, sie hat die Welt erschüttert. Kein Trost, keine Liebe – nur Vorhaltungen.
Nun ist es nicht so, als wäre das nicht alles zu erwarten gewesen. Denn die 47-Jährige genießt in der Szene einen eher zweifelhaften Ruf. Sie ordnet dem Erfolg alles unter, sogar das Menschliche. Eine Geschichte über ihre Methoden ist besonders erschreckend. Sie wurde von einer ehemaligen Schülerin erzählt. Verifiziert ist sie nicht. Weil ihr Training schlecht gewesen sei, sagte Polina Shuboderova, sei sie von Tutberidse in eine Mülltonne mit geschlossenem Deckel gesteckt worden. Dort musste sie bis zum Ende der Einheit bleiben. Die Trainerin sagte: Müll gehört in den Müll.
Lese-Tipp (I): Die russischen Wegwerfmädchen – Kommentar zum Fall Walijewa
Lese-Tipp (II): Katarina Witt bricht live im TV in Tränen aus
Keine Gnade kennt die gebürtige Moskauerin auch bei Verletzungen. Gebrochene Zehen? Kein Grund für eine Pause. Das klingt absurd. Auf den Füßen der Athleten und Athletinnen lastet so ungemein großer Druck beim Absprung oder den Landungen. Für die Tutberidse, die nach schweren Verletzung an den Wirbeln vom Eiskunstlauf zum Eistanz wechseln musste, offenbar egal. Sonderlich erfolgreich war sie als Aktive übrigens nicht – eventuell erklärt das auch ihre Unbarmherzigkeit.
Kamila Walijewa zerbricht am Druck
Als Sportlerin kaum erfolgreich

Auch mit der Unterstützung von renommierten Trainerinnen wie Natalja Linitschuk und Tatjana Tarassowa reichte es für Tutberidse nicht einmal für die nationale Spitze. Und auch ihre eigene Tochter Diana Davis konnte Tutberidse nicht an die Spitze führen. Wie ihre Mutter wich diese zum Eistanz aus, in Peking kam sie mit ihrem Partner Gleb Slomkin auf Rang 14. Indiskutabel für die erfolgsversessene Tutberidse.
Auch Alina Sagitowa, die Olympiasiegerin von 2018 und Weltmeisterin von 2019, berichtet über die Methoden der Eiskalt-Trainerin. Im russischen „Sport Express“ sagte sie: "Man musste einfach nur die Klappe halten und nichts essen! Oder zumindest ein wenig." Sagitowa tritt im Alter von 19 Jahren nicht mehr an. Geht vermutlich auch nicht. Polina Shuboderova sagte einmal: „Ewig kannst du das nicht durchhalten.“ Sie ging in die USA – und dort staunte man über das Pensum der Athletin, die teilweise bis zu zwölf Stunden am Tag trainieren musste.
Doch der Erfolg gibt ihr (leider) recht. Die Liste der Top-Läuferinnen ist lang. Und in Peking wurde sie noch länger. Gold-Prinzessin Anna Schtscherbakowa und das sprunggewaltige und maximal wütende Silbermädchen Alexandra Trusowa (beide 17) stammen alle aus dem "Stall Sambo 70". Noch jüngere Läuferinnen scharren schon in der russischen Hauptstadt ungeduldig mit den Kufen. Mit noch mehr Tempo, mit noch mehr Vierfach-Sprüngen. Tutberidses "Quad Squad" hat kein Nachwuchsproblem.
Und in Russland auch kein Anerkennungsproblem. Auf eine überraschend scharfe Kritik von IOC-Boss Thomas Bach - ihn hatte die Härte der Trainerin „verstört“ - hieß es aus dem Kreml: "Ihm gefällt die Härte unserer Trainer nicht, aber alle wissen, dass im Spitzensport die Rigidität des Trainers der Schlüssel zum Sieg seiner Schützlinge ist", sagte Sprecher Dimitri Peskow. (tno)