Dressur-Wettkampf im 5. Schwangerschaftsmonat?Gynäkologe erklärt: "Sport an sich kein Problem, doch ein Pferd ist unberechenbar"

Doppel-Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl nimmt mit ihrer Stute „Dalera“ am Weltcup-Finale der Dressurreiter teil – obwohl die 36-Jährige bereits im fünften Monat schwanger ist. Stellt die Teilnahme am Turnier ein großes Risiko für Bredow-Werndls Nachwuchs dar? Gynäkologe Dr. Markos Botsaris erklärt, inwieweit der Sport-Wettkampf gefährlich für das Wohl von Mutter und Kind ist.
"Sollte es zum Sturz kommen ..."
„Zunächst einmal muss man sagen, dass Sport in der Schwangerschaft an sich kein Problem und sogar sehr zu empfehlen ist“, erklärt Botsaris, der jedoch eine Ausnahme macht: „Bei Leistungssport ist es wieder eine etwas andere Sachlage. Hier ist die Frage, wie sehr die Umstände den Fitnesszustand einschränken. Ist der Bauch etwa schon ausgeprägt, was im fünften Monat definitiv der Fall ist, kann es zu Atemschwierigkeiten kommen.“
Also erst mal ein Anlass zum Durchatmen für Bredow-Werndl – aber: Eine weitere Variable sorgt für Gefahr: „Pferde sind natürlich aufgrund ihres Wesens unberechenbar. Sollte es zu einem Sturz kommen, können die Folgen gravierend sein. Von einer Gebärmutter-Einblutung bis hin zur Fehlgeburt kann da viel passieren“, sagt Dr. Botsaris.
Speziell auf den Leistungssport bezogen erinnert der Mediziner außerdem an den Mutterschutz. Ab sechs Wochen vor der Geburt bis acht Wochen nach der Geburt gilt diese Regel. „Der Mutterschutz wurde ja nicht umsonst eingeführt, das hat schon seinen Nutzen. Doch was nach und vor diesem Zeitraum passiert, ist nicht festgelegt. Wenn die Frau meint, sie möchte Fahrrad fahren, dann soll sie das tun. Oder auch wenn sie meint, ihr Pferd muss bewegt werden. In diesem Fall ist das ja ein Beruf, da gilt es also auch Verständnis zu zeigen.“
"Es ist eben alles eine Risikoabwägung"
Hätte Botsaris eine Patentin dieser Art, würde er nur einen Ratschlag geben: „Jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Es beruht alles auf Eigenverantwortung. Wenn es sich jetzt um Gewichtheben handelt, würde ich eventuell einschreiten, aber bei Dingen, die sich im Rahmen halten, müssen das die Personen selbst wissen. Solange sie die Tätigkeit beschwerdefrei ausführen können, spricht nichts dagegen. Sobald es aber erste Anzeichen gibt, zum Beispiel ein Stechen im Bauchbereich, sollte man umgehend aufhören“, so der Gynäkologe.
Botsaris bringt seine Ausführungen auf den Punkt: „Wenn ich wirklich jede Gefahr eliminieren wollen würde, dürfte ich eine schwangere Frau auch nicht mehr Auto fahren lassen, es könnte ja ein Unfall passieren. Es ist eben alles eine Risikoabwägung.“ Dieses Risiko darf beim Dressurreiten als doch sehr gering eingeschätzt werden, da Stürze hier in der Regel äußerst selten vorkommen. (lde)