Thriller im Check
"Die Rache der Väter" von S.A. Cosby: Rasanter Trip durch das Dickicht der Diskriminierung

Mit „Die Rache der Väter“ liefert S.A. Cosby einen bemerkenswerten Thriller ab, der sich mit verschiedenen Aspekten der Diskriminierung beschäftigt: Der Schwarze Landschaftsgärtner und Ex-Häftling Ike Randolph und der weiße Kleinkriminelle Buddy Lee Jenkins könnten kaum unterschiedlicher sein. Auf den ersten Blick haben sie nur eines gemeinsam: Ihre Söhne sind schwul. Ike und Buddy Lee hätten sich wahrscheinlich niemals getroffen, wären ihre miteinander verheirateten Söhne nicht ermordet worden.
Schmerzhafte Reue
Weder Ike noch Buddy Lee waren auf der Hochzeit ihrer Söhne, denn sie konnten die sexuelle Orientierung ihrer „Stammhalter“ nicht akzeptieren. Und beiden wird nun erst schmerzlich bewusst, wie sehr sie ihre Söhne geliebt haben. Nach einigen Startschwierigkeiten, vorurteilsbehaftetem Abchecken und kurzem Für-und-Wider-Abwägen tun die beiden sich zusammen. Sie wollen herausfinden, warum ihre Söhne sterben mussten, und auf ihre Art Wiedergutmachung leisten für das Unrecht, das ihren Söhnen widerfahren ist. Und das Unrecht, das sie selbst ihren Kindern angetan haben. Ike und Buddy Lee reaktivieren lang abgebrochenen Kontakte in die Unterwelt und begeben sich auf einen langen, schmerzhaften Rache-und-Reue-Trip.
Erkenntnis als erster kleiner Schritt
Die Rache der Väter von S.A. Cosby ist ein rasanter Thriller und eine ungemütliche Tour durch das Dickicht der Diskriminierungen. Kaum jemand ist vor ihr gefeit, niemand diskriminiert nicht selbst, fast jeder, der Opfer ist, ist auch Täter, denn es gibt ausreichend Bereiche im Leben und in der Gesellschaft, die es einem ermöglichen, auf jemand anderen hinabzublicken. Am Beginn von „Die Rache der Väter“ steht die Homophobie, denn zum einen besteht der Verdacht, dass das Ehepaar Opfer eines Hassverbrechens geworden ist. Zum anderen stehen dann Väter am Grab, deren Schwulenhass die Liebe zu ihren Söhnen zu Lebzeiten überschattet hat. Väter, die sich ihres Fehlverhaltens schlagartig bewusstwerden. Doch dieses „sich Bewusstwerden“, die Erkenntnis und die Reue bedeuten nicht die Überwindung des Hasses. So enden zum Beispiel Ikes und Buddy Lees Nachforschungen in einer Schwulenbar aufgrund Ikes Unbeherrschtheit in einem Desaster.
"Mir war nur bislang nicht klar, wie gut ich’s habe, weil ich weiß und hetero bin"
Dabei weiß gerade Ike, wie es ist, diskriminiert und vorverurteilt zu werden. So wird seine Wandlung vom brutalen Gangmitglied zum ehrlichen Mittelständler von der Gesellschaft immer wieder infrage gestellt – vor allem wegen seiner Hautfarbe. Buddy Lee hingegen hat schon sein ganzes Leben darunter zu leiden, aufgrund seiner sozialen Stellung herabgesetzt zu werden. Er haust in einem heruntergekommenen Trailer auf einem nicht weniger heruntergekommenen Wohnwagenpark. Seine Frau hat ihn verlassen und einen einflussreichen Politiker geheiratet – für ihren Ex-Mann hat sie nur noch Verachtung übrig: Buddy Lee ist „White Trash“ und muss in dem ganzen Drama dennoch irgendwann ernüchtert feststellen, dass er noch die geringsten Probleme mit Diskriminierung hat: „Ist schon okay. Mir war nur bislang nicht klar, wie gut ich’s habe, weil ich weiß und hetero bin.“ Eigentlich will er nur einen Spruch loslassen, aber stellt noch während des Sprechens bestürzt fest, dass ihm da eine ordentlich Portion Wahrheit über die Lippen kommt.
Fesselnd und aufrüttelnd
Mit „Die Rache der Väter“ ist S.A. Cosby ein richtig guter Thriller gelungen, der mit jeder Menge Action und einer Prise Humor den Rachefeldzug zweier Väter beschreibt, die aufgrund ihrer Erfahrungen das Vertrauen in das Rechtssystem verloren haben. Ein Rechtssystem, das unter der Prämisse der Gleichheit aller funktionieren mag, aber tatsächlich vor dem Hintergrund herrschender Ungleichheiten, Vorurteilen und Diskriminierungen nicht für jeden gleich gilt. So kommen sie zu dem Entschluss, dass nur sie selbst für Gerechtigkeit sorgen können. Dieser Entschluss konfrontiert die beiden Protagonisten schließlich mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten und ihrem eigenen diskriminierenden Hass.
Cosby beschreibt die ungeheuerliche Zerstörungskraft, die dieser Hass entfalten kann. Welche Anstrengung und Kraft es braucht, diesen Hass zu überwinden. Gleichzeitig zeigt er, dass jeder die Stärke und Kraft, Hass zu überwinden, in sich trägt, begleitet von der bitteren Erkenntnis, dass es ganz schnell viel zu spät sein kann. Ein fesselndes und aufrüttelndes Buch.
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