Die geheime Todesakte MaradonaDas ruinöse Leben der Fußball-Legende

A fan of Argentine soccer superstar Diego Armado Maradona takes a picture of a mural as he celebrates the idol's 35th anniversary of the "goal of the century", against England during the 1986 World Cup played in Mexico, in Buenos Aires, Argentina June 22, 2021. REUTERS/Agustin Marcarian
Eine Legende in Argentinien, auch nach seinem Tod: Diego Maradona.
AM/, REUTERS, AGUSTIN MARCARIAN

Am 25. November 2020 verstirbt Diego Armando Maradona gut drei Wochen nach seinem 60. Geburtstag in seinem Haus in Buenos Aires. Erst zwei Wochen zuvor war das ehemalige Fußballgenie aus dem Krankenhaus entlassen worden, wo er sich einer Gehirnoperation unterzog. Die offizielle Todesursache: Herzversagen.
Dem Investigativ-Team um Reporter Felix Hutt liegen Dokumente vor, die für das scheinbar unvermeidlich klingende Ende des ebenso exzessiv wie zerstörerisch geführten Lebens von Diego Maradona einen anderen, schwerwiegenderen Verdacht zulassen: Ist die Fußballlegende umgebracht worden? Heue Abend ab 20.15 Uhr zeigt RTL die Dokumentation "War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona!".
Im Rahmen einer Live-Sendung mit Studiogästen wird die umfassende Investigativ-Recherche präsentiert und enthüllt, dass es Grund zum Zweifel an der Darstellung des natürlichen Todes des Argentiniers gibt. Der Tod des Weltmeisters von 1986 wird zum echten Kriminalfall! Vorab blicken wir noch einmal auf das bewegte Leben der Legende zurück.

„Ihr wisst ja nicht, was ihr verpasst habt!“

Von Ben Redelings

Maradona hat sein eigenes Leben stets genossen – auch wenn es nicht immer einfach war. Doch gerade auch deshalb würde es nicht in zehn abendfüllende Spielfilme passen. Es ist einfach zu groß und überwältigend. Wenn man die Bilder seiner Karriere bis zu seinem Tod anschaut, kann man kaum fassen, dass dies das Leben eines einzigen Menschen sein soll.

„Alle sind verrückt. Es gibt einen, der sagt, er sei Napoleon, und niemand glaubt ihm. Ein anderer sagt, er ist Gardel, und niemand glaubt ihm. Ich sage, ich bin Maradona, und sie glauben mir nicht.“ Kein Spruch beschreibt in so kurzen Worten besser das unglaubliche und einzigartige Leben des großen Diego Armando Maradona, als diese Sätze, die er selbst über seinen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik gesagt hat.

Wie einmalig und unsterblich dieser Ausnahmefußballer zu seinen besten Zeiten auf dem grünen Rasen war, verdeutlicht auf fantastische Art und Weise ein Graffiti, das verliebte Tifosi des SSC Neapel in den 80er-Jahren anlässlich des Titelgewinns ihres Klubs mit einem alles überragenden Maradona und im Überschwang ihrer Gefühle für den kleinen Argentinier an eine Friedhofsmauer sprühten: „Ihr wisst ja nicht, was ihr verpasst habt!“

"Sogar wenn ich mit meiner Frau ins Bett ging, habe ich noch trainiert"

epa02522708 (FILE) A file picture dated 27 June 2010 shows Argentinian national soccer team head coach Diego Armando Maradona celebrating a goal by his team during the FIFA World Cup 2010 Round of 16 soccer match between Argentina and Mexico at the Soccer City stadium outside Johannesburg, South Africa. Maradona saod on 09 January 2011 he will fly to England in February to study an offer from an English Premier League club, Argentine media reported. EPA/KERIM OKTEN Please refer to www.epa.eu/downloads/FIFA-WorldCup2010-Terms-and-Conditions.pdf
Leidenschaftlicher Typ!

Alle Welt wird bis zum Ende aller Tage immer wieder von diesem einen, traumhaften Sommer 1986 sprechen, als es für einen kurzen Moment auf dieser Erde noch einen zweiten Gott gab: den Fußball-Gott Diego Armando Maradona. Die Fans waren in diesen heißen Tagen von Mexiko einfach nur verzückt von diesem kleinen, quirligen Argentinier.

Wie dereinst Pelé verstand es auch Maradona eine Weltmeisterschaft zu prägen. Er war so unglaublich dominant auf dem Platz, dass die Experten tatsächlich versuchten, dem großen Star einzureden, er könne auch ohne die anderen zehn Spieler seiner Mannschaft die WM gewinnen. Doch bei aller Selbstverliebtheit, die in späteren Jahren Maradonas Leben noch an den Rand des totalen Zusammenbruchs bringen sollte, wusste er es besser. Alleine war er nichts. Mit ihm zusammen aber war jedes Team der Welt in diesen Jahren seiner sportlichen Höchstzeit fast nicht zu schlagen.

Denn Maradona war nicht nur einzigartig begabt – er war auch noch besessen vom Erfolg und vom Fußball allgemein. Er wollte gewinnen und Trophäen in die Höhe halten. Und dafür tat er alles: „Ich habe es geliebt, Fußball zu spielen. Morgens und nachmittags. Sogar wenn ich mit meiner Frau ins Bett ging, habe ich noch trainiert.“

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Unsterblich innerhalb von nur fünf Minuten

Davor Suker wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt. Foto: Antonio Bat
Davor Suker sagte: „Diego konnte alles: Ich habe ihn mit Orangen jonglieren sehen."
DPA

Der kroatische Nationalspieler Davor Suker hat einmal gesagt: „Diego konnte alles: Ich habe ihn mit Orangen jonglieren sehen oder sogar mit kleinen Kugeln aus Alufolie, die ihm die Fans zuwarfen, nachdem sie ihre Sandwichs ausgepackt hatten.“

Das war die eine Seite des Diego Maradona. Der geniale Fußballer, der wahrscheinlich mit dem größten Talent ausgestattet war, das je ein Kicker auf dieser Welt bereits mit der Geburt auf den Weg bekommen hat. Die andere Seite war die eher trainingsfaule Diva, die seine Übungsleiter reihenweise in den Wahnsinn treiben konnte.

Bei der WM 1986 in Mexiko aber sollte Maradona innerhalb von nur fünf Minuten unsterblich werden. Im Viertelfinale trafen die Argentinier damals auf überraschend starke Engländer. Maradona beschrieb die erste, legendäre Szene des Tages, in der 51. Spielminute, später so: „Der Ball kam geflogen. Shilton und ich sind hochgesprungen. Da habe ich die Augen zugemacht. Ein bisschen Gottes Hand und ein bisschen Maradonas Kopf.“

Wohltäter mit dem großen Herz.

***File Photo***
Former England football team coach Sir Bobby Robson has died at the age of 76 after losing his battle against cancer.

Steve Staunton is announced as Irish Soccer Manager along with his management team consisting of adviser Sir BOBBY ROBSON, coach Kevin MacDonald and goal keeping coach Alan Kelly at the Mansion House
Dublin, Ireland - 16.01.06 

Credit: WENN
Bobby Robson schwärmte: „Es ist wunderbar für den ganzen Fußball, dass es einen solchen Spieler gibt wie ihn.“
WENN, SI1

Doch eigentlich hatte das ganze Stadion gesehen, dass der Kopf des kleinen Argentiniers zwar in der Nähe des Balls gewesen war, aber ausschließlich die Hand den entscheidenden Unterschied zu Torhüter Shilton hatte ausmachen können.

Vier Minuten später war die Szene jedoch bereits fast wieder vergessen. Maradonas Sololauf aus der eigenen Hälfte, bei dem er sieben Engländer filigran aussteigen ließ und den er mit dem Treffer zum 2:0 kürte, begeistert noch heute jeden Fußballfan. Die Augen von Bobby Robson, dem Trainer der englischen Nationalelf, leuchteten noch weit nach Spielende: „Es ist wunderbar für den ganzen Fußball, dass es einen solchen Spieler gibt wie ihn.“

Das war der große Diego Armando Maradona auf dem Platz. Abseits der neunzig Minuten im Stadion geriet das Leben des Superstars in den End-80er-Jahren immer mehr außer Kontrolle. Vor allem auch finanziell. Maradona protzte mit seinem Wohlstand und verprasste die Millionen. Ein Yuppie, wie man damals sagte, wie er im Buche stand. Doch es gab in diesen Zeiten auch den anderen Maradona. Den Wohltäter mit dem großen Herz.

„Genießen Sie das Leben. Ihr Diego!“

25.11.2020, Argentinien, Buenos Aires: Ein Fan trauert vor einem Wandgemälde mit der Abbildung des ehemaligen Fußballstars Maradona.  (zu dpa «Verbrechen oder Schicksal: Ermittlungen nach Tod von Maradona» vom 07.07.2021) Foto: Fernando Gens/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Nationales Heiligtum.
LT flm, dpa, Fernando Gens

Irgendwann im Jahre 1989 machte der Argentinier mit seinem Berater einen Ausflug in seinem nagelneuen Ferrari Testarossa. Ein Geschenk von Enzo Ferrari. Sie flanierten im Auto durch die engen Gassen Neapels, bis es irgendwann nicht mehr weiterging. Der Ferrari war zu breit und blieb in einer Häuserflucht stecken. Über ihnen trat eine alte Frau auf einen morschen Balkon und schaute die beiden an. Putz bröckelte herunter. Maradona erwiderte den Blick der alten Dame. Dann griff er nach einem Zettel und einem Stift und notierte etwas.

Vier Wochen später schickte er seinen Berater zurück zu dem Ort, an dem sie mit dem Auto damals stecken geblieben waren. Doch der Mann staunte. Das Haus sah nicht so aus, wie einige Wochen zuvor. Alles war frisch renoviert. Der Balkon erstrahlte in neuem Glanz. Maradonas Berater ging zu der alten Frau. Sie erzählte ihm, was passiert war. Handwerker seien gekommen, die kein Geld wollten, weil alles schon bezahlt worden sei, wie sie meinten. Als er ihr einen Umschlag übergab, den Diego ihm in die Hand gedrückt hatte, sah er, wie Geldscheine herausquollen, als die Frau ihn öffnete. Und ein Zettel lugte heraus. Auf diesem stand: „Genießen Sie das Leben. Ihr Diego!“

Später versuchte er einmal verständlich zu machen, was mit ihm und seinem Leben passiert sei: „Ich habe 40 Jahre so intensiv gelebt, als wären es 70 gewesen. Dabei habe ich alles Mögliche durchgemacht und bin immer wieder aufgestanden. Ich bin wie aus heiterem Himmel aus den Tiefen der Villa Fiorito bis auf den Gipfel des Mount Everest aufgestiegen. Und einmal ganz oben angekommen, war ich plötzlich auf mich allein gestellt, weil mir niemand erklärt hatte, wie man sich in einer solchen Situation verhält."

Der Ruhm, das Leben, die Camorra

ARCHIV - 22.06.1986, Mexiko, Mexiko City: Der Argentinier Diego Maradona (r) erzielt ein Tor gegen den englischen Tormann Peter Shilton. Maradona ist tot. Er starb im Alter von 60 Jahren, wie der argentinische Fußballverband AFA am 25.11.2020 mitteilte. Foto: picture alliance / dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Die "Hand Gottes".
ls nic jai tba, dpa, dpa

Im einzigartigen Dokumentarfilm „Maradona by Kusturica“ singt der Weltstar das Lied „La mano de dios“ (Die Hand Gottes) über sich selbst. In einer Diskothek steht Maradona zusammen mit einer Band auf der Bühne. Von unten schauen seine Frau und seine Tochter zu ihm hinauf. Der Song beginnt harmlos und nostalgisch: „Von klein auf träumte er bei einer Weltmeisterschaft zu spielen und sich in der in der ersten Liga zu behaupten, um so durch das Spielen vielleicht seiner Familie zu helfen.“ Das hat Diego Armando Maradona geschafft. Doch dann kamen ihm der Ruhm, das Leben und die neapolitanische Camorra mit ihren Verlockungen dazwischen.

Das Lied endet auf eine brutal-schonungslose Art offen und ehrlich. Diego singt unter Tränen und mit dennoch voller Stimme: „Er trägt ein Kreuz auf seinen Schultern, weil er der Beste ist, seinem Gegenüber niemals käuflich. Eigenartige Schwäche. Wenn Jesus doch stolperte, warum sollte er nicht auch? Der Erfolg stellte ihm eine weiße Frau vor, geheimnisvoll angehaucht und verboten im Genuss, hat ihn von dem Verlangen abhängig gemacht, sie noch mal zu probieren und in seinem Leben einzuschließen.“

Die „weiße Frau“ ist Diego Armando Maradona nie wieder ganz losgeworden. In jedem Fall jedoch zu spät. Das Kokain hat das Leben dieses einzigartigen Fußballers zerstört. Und so ist sein Traum, den er in der letzten Zeile des Liedes besingt und heraufbeschwört, leider nicht mehr Realität geworden: „Es ist ein Spiel, das Diego eines Tages gewinnen wird.“ Es sollte anders kommen.