Nach „Kochsalzskandal“ in Schortens

Die fieberhafte Suche nach den Geimpften

ARCHIV - 25.04.2021, Niedersachsen, Schortens: Eine ältere Dame betritt das Impfzentrum Landkreis Friesland. Nach den Impfungen mit Kochsalzlösung im Landkreis Friesland sollen mögliche Betroffene an diesem Mittwoch auf Antikörper getestet werden. Eine Mitarbeiterin des Impfzentrums hatte eingeräumt, in sechs Fällen Biotech-Impfstoff durch eine Kochsalzlösung ausgetauscht zu haben. (zu dpa: "Nach Impfungen mit Kochsalzlösung: Kreis lädt zu Antikörpertests") Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Im Impfzentrum in Friesland finden die Antikörpertests statt
ass sab len, dpa, Mohssen Assanimoghaddam

Großer Trubel in Schortens (Landkreis Friesland): 118 Personen mussten zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen ins Impfzelt. Und zwar nicht, weil sie die zweite Dosis ihrer Corona-Impfung erhalten sollen. Bei ihnen muss erst einmal getestet werden, ob sie die erste Impfung überhaupt bekommen haben. Denn was sich hier abgespielt hat, hört sich nach einer Horrorvorstellung an…

Statt Impfstoff wurde Kochsalzlösung gespritzt

Das Unglück passierte vor zwei Wochen: Einer 40-jährigen, erfahrenen Krankenschwester zerbricht beim Anmischen eines Corona-Impfstoffes ein Fläschchen. Damit der Vorfall unbemerkt bleibt, befüllt sie kurzerhand sechs Spritzen mit Kochsalzlösung. Später vertraut sie sich einer Kollegin an, die den Fall meldet. Am Mittwoch (05.Mai) hat die Suche nach denen begonnen, die die Placebo-Spritzen erhalten haben. Denn: Keiner kann genau sagen, wer die Kochsalzlösung und wer den Impfstoff erhalten hat.

Konsequenzen wurden gezogen

Nach Bekanntwerden des Vorfalls äußerten sich viele Menschen schockiert. „Ich bin fassungslos und erschüttert über die Handlungen dieser Frau. Es handelt sich um ein schweres Vergehen“, sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD). Obwohl das Spritzen von Kochsalzlösung unbedenklich ist, wurden Konsequenzen gezogen. Die Frau hat ihren Job verloren, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen. Derzeit geht man von einer Affekthandlung aus. Außerdem wurde laut Frieslands Landrat Sven Ambrosy (SPD) das Vier-Augen-Prinzip eingeführt.

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Betroffene sehen Lage entspannt

Trotz der Umstände ist die Stimmung vor Ort in Schortens heute gelassen: „Alles gut, war ein bisschen ärgerlich“, „Man hat sich ein bisschen betrogen und unsicher gefühlt. Grundsätzlich muss ich aber sagen, dass ich vom Landkreis Friesland sehr transparent immer informiert worden bin“ oder „Es ist zwar nicht gefährlich, aber es ist natürlich unangenehm, dass man das Thema für sich eigentlich schon abgehakt hatte. Und jetzt weiß man es halt nicht“ sind nur einige der Reaktionen, die RTL Nord vor Ort eingefangen hat. Die heute genommenen Blutproben werden nun vom Landesgesundheitsamt untersucht. Erste Ergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet. Die Menschen, die die Kochsalzlösung erhalten haben, bekommen am 12. Mai ihre Impfung mit einem richtigen Impfstoff verabreicht. Da der Bluttest bei den 80 Zweitgeimpften keine Aussage hat, müssen diese in den kommenden Wochen ein drittes Mal geimpft werden.