Initiative kämpft gegen Öffnungsverbot für Sportstätten

Depressionen, Angststörungen und Verhaltensauffälligkeiten: Sportler leiden im Lockdown

Panikattacken, Angst, Verhaltensauffälligkeiten, Depressionen - Wenn Sport Kraft für Körper und Psyche gibt, dann kann fehlender Sport auch krank machen.
Panikattacken, Angst, Verhaltensauffälligkeiten, Depressionen - Wenn Sport Kraft für Körper und Psyche gibt, dann kann fehlender Sport auch krank machen.
istock/ Tero Versalainen, iStockphoto, istock

Seit einem Jahr sieht sich Nick Kedzierski, Inhaber von Nicks Fight & Fitness Academy in Chemnitz, im Berufsverbot. Zwar durfte die Kampfsportschule im Sommer kurze Zeit öffnen, aber die Trainings mussten kontaktlos ablaufen. „Mit Kampfsport hatte das nichts zu tun“, sagt er. Zusammen mit anderen Trainern hat Kedzierski die Initiative „Wir für Sport“ gegründet, die für die Öffnung der Sportstätten kämpfen will. Denn welche Folgen die monatelange Schließung und der Trainingsausfall für Kinder und auch Erwachsene haben kann, ist schon längst sichtbar.
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Statt Training erstmal seelische Aufbauarbeit

In ihrem Positionspapier erzählen die Gründer von „Wir für Sport“ von den unangenehmen Erinnerungen, als nach der ersten Schließung im Frühjahr 2020 die Kinder, Jugendlichen und teilweise die Erwachsenen mit Verhaltensauffälligkeiten wieder zum Training erschienen.

„Die Emotionen reichten bei über 40 Prozent der Schüler von Unsicherheiten in Bewegung und Verhalten bis hin zur Selbstisolation und Angst“, schreiben Kedzierski und seine Mitstreiter. Um die Trainierenden wieder mental stabil zu machen, mussten die eigentlichen Trainingskonzepte über Bord geworfen und stattdessen seelische Aufbauarbeit geleistet werden.

Rückfall in Depression, Angststörung, soziale Auffälligkeiten

Seit Jahrzehnten kümmern sich die Mitglieder der Initiative „Wir für Sport“ unter anderem um Gewaltprävention und um die Vermittlung von sozialen Werten, wie Mut, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Beständigkeit. Die Trainer begreifen sich selbst auch als „Bindeglied zwischen Schule und Eltern, Ansprechpartner, teilweise sogar Psychologe, Motivator, Lehrer und Freund für Kinder und Erwachsene in ganz Deutschland.“ Kinder und Jugendliche bekommen durch den Sport, besonders in Gruppen, Selbstbewusstsein und Stabilität. Was passiert, wenn der Sport monatelang fehlt, kann man auf der Facebookseite der Initiative sehen: Bilder und Texte dokumentieren, wie wichtig der persönliche Kontakt im Sport ist.

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Die Leidtragenden sind vor allem Kinder und Jugendliche

Folgen der Lockdown-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche sind unter anderem Depressionen, Angststörungen und Verhaltensauffälligkeiten.
Fehlende soziale Kontakte, keine Sportangebote, Homeschooling, keine Freizeitaktivitäten - Kinder und Jugendliche leiden unter den Lockdown-Maßnahmen.
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Wie Studien belegen, leiden vor allem Kinder und Jugendliche unter den Lockdown-Bedingungen, wie Homeschooling, fehlende soziale Kontakte und Sportausfall. Die Folgen sind psychische Auffälligkeiten, Gewichtszunahme, Suchtanfälligkeiten. Besonders sind die jungen Menschen betroffen, die aus sozial benachteiligten Familien kommen. Aber auch Eltern stehen durch den Spagat zwischen Homeschooling und Homeoffice unter enormer Belastung.

Selbst der Deutsche Städtetag warnt vor den Folgen der Lockdown-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche. Vizepräsident Markus Lewe sagte in einer Pressekonferenz Ende April: „Das hinterlässt Spuren in Körper und Seele bei Millionen von Kindern und Jugendlichen.“

Protestaktionen für die Öffnung von Sportstätten

Die Initiative "Wir für Sport" kämpft für die Öffnung von Sportstätten. Am 01. Mai veranstalteten sie deshalb eine Sportaktion vor dem Rathaus in Chemnitz und in weiteren Städten zur gleichen Zeit. (Quelle: "Wir für Sport"/Nick Kedzierski)
Die Initiative "Wir für Sport" kämpft für die Öffnung von Sportstätten. Am 01. Mai veranstalteten sie deshalb eine Sportaktion vor dem Rathaus in Chemnitz und in weiteren Städten zur gleichen Zeit. (Quelle: "Wir für Sport"/Nick Kedzierski)
wir für Sport/Nick Kedzierski, wir für Sport/Nick Kedzierski, wir für Sport/Nick Kedzierski

Um das Thema stärker in die Öffentlichkeit zu tragen und Druck auf die Politik auszuüben, veranstalten die Initiatoren an verschiedenen Orten angemeldete Outdoor-Trainings. Jeder kann in seiner Sportklamotte, mit Trainingsmatte und Transparenten kommen und zusammen mit anderen Sportbegeisterten ein Training absolvieren – natürlich mit Abstand und Hygieneauflagen. Mit den Sportaktionen wollen sie gegen die Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Gewerken protestieren.

„Warum darf ich kein Einzeltraining bei mir in der Halle machen, obwohl sich im Büro Tag für Tag mehrere Menschen treffen?“, fragt Kedzierski im Rahmen der ersten Veranstaltung am 1. Mai. Bisher hat er darauf keine nachvollziehbare Antwort bekommen.

Die nächste Protestaktion soll am 19. Juni in Chemnitz, Erfurt, Dresden, Limbach- Oberfrohna, Marburg und möglichen anderen Städten zeitgleich um 14 Uhr erfolgen.