Sprachwissenschaftler erklären den GrundDarum wirken WhatsApp-Nachrichten mit Punkt am Satzende passiv-aggressiv

Setzen Sie am Ende einer WhatsApp-Nachricht einen Punkt oder lieber Emojis? Eine Sprachwissenschaftlerin verrät, warum viele Texte allein durch einen Punkt am Satzende schon "passiv aggressiv" auf andere wirken können.
Ein Gedanke pro Nachricht
Die Linguistin Gretchen McCulloch aus Montreal, die sogar ein Buch über die Internet-Regeln geschrieben hat, sagt, dass ein Punkt am Ende des Satzes fast einen „passiv aggressiven“ Beiklang habe. Das hänge aber davon ab, wie viele von uns ihre Gedanken in Instant-Messaging-Apps wie WhatsApp und Facebook Messenger kommunizieren. "Wenn Sie ein junger Mensch sind und jemandem eine Nachricht senden, werden Sie Ihre Gedanken wahrscheinlich beenden, indem Sie jeden Gedanken als neue Nachricht senden", erklärt McCulloch im Interview mit der "BBC". "Da zum Senden nur die Nachricht selbst erforderlich ist, kann alles, was Sie zusätzlich hinzufügen, eine zusätzliche Interpretation erhalten."
Studie 2015: Menschen, die einen Punkt am Satzende sitzen, wirken unehrlich
Bei einer Studie der Binghamton University von 2015 gaben 126 der teilnehmenden Menschen an, dass Textnachrichten, die mit einem Punkt enden, weniger aufrecht wirkten als die gleiche Nachricht ohne den Punkt.
Celia Klin, die damals die Studie geleitet hat, erklärt der "Washington Post", dass bei Textnachrichten viele soziale Hinweise, die für persönliche Gespräche verwendet werden, fehlen würden. „Während man spricht übermitteln Menschen soziale und emotionale Informationen durch Blicke, Mimik, Tonlage, Satzpausen und Ähnliches. Menschen können diese Mechanismen natürlich beim Texten nicht benutzen", so Klin weiter. Daher seien Emojis, vorsätzliche Rechtschreibfehler, die Geräusche imitieren – oder eben Interpunktion umso wichtiger.
Ein Punkt am Satzende strahlt Ernsthaftigkeit aus
Auch McCulloch erklärt der "BBC", dass in der gesprochenen Sprache eine Unterbrechung normalerweise von einer Absenkung der Stimme zum Ende des Satzes begleitet wird. Das strahle Ernsthaftigkeit aus.
"Das Problem entsteht, wenn man eine positive Botschaft mit der Ernsthaftigkeit des Punktes kombiniert. Es ist derGegensatz zwischen diesen Dingen, der dieses Gefühl der passiven Aggression hervorruft."
Das neue Schreibverhalten fördert unsere sprachliche Kreativität
Einige mögen nun glauben, dass die neue Form von Textnachrichten und der dabei übermäßige Gebrauch von Emojis immer mehr Faulheit fördern würde. Die neue Entwicklung hat aber auch etwas Gutes, weiß Erika Darics, Dozentin für Linguistik an der Aston University in Birmingham: "Dinge wie Emojis schärfen das Sprachbewusstsein und können uns helfen, Feinheiten in anderen Kommunikationsarten wie Politik oder Propaganda zu verstehen", so die Expertin zur "BBC". "Es fördert die sprachliche Kreativität."
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