Medien-Experte schätzt einChiara Ferragni und der Kuchen-Skandal – ist das jetzt das Karriere-Aus?

Milan, 11-11-2021 Chiara Ferragni leaves the Bacaro restaurant after having lunch with friends, including her fashion blogger CHIARA BIASI. After the greetings CHIARA FERRAGNI is accompanied home by her personal driver. PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY Copyright: xMimmoxCarrierox/xIPAx/xMIMMOxCARRIEROx
Chiara Ferragni 2021 in Mailand.
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von Romina Lammers

Ist das der große Fall der Chiara Ferragni (36)?
Nachdem die italienische Bloggerin mutmaßlich Spendeneinnahmen eines Charity-Kuchens verschleierte, meldet sie sich nun nach 18 Tagen Stille auf Instagram zurück. Über Ferragni brach ein Shitstorm auf Social Media herein, Marken trennten sich von ihr, Kooperationen wurden gecancelt, an ihre Boutique wurden Beschimpfungen beschmiert. War dieser Fehler ein Karriere-Killer? RTL hat mit Medien-Experte Jo Groebel gesprochen und den Fall einschätzen lassen.
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Chiara Ferragni: Charity-Kuchen sorgt für Enttäuschung und Wut

Groß war die Ungläubigkeit, Enttäuschung und Wut, als die nationale Kartellbehörde AGCM kurz vor Weihnachten eine Million Euro Bußgeld wegen unlauteren Wettbewerbs gegen sie verhängte. Der Grund: Chiara Ferragni hatte ihre Riesengemeinde glauben lassen, dass der Erlös eines von ihr angepriesenen Kuchens namens „Pink Christmas“ (Preis: neun Euro) zu größeren Teilen an eine Kinderkrebs-Station gehe. In Wahrheit bekam das Krankenhaus Regina Margherita in Turin trotz mehr als 360.000 verkaufter Kuchen keinen einzigen Cent.Aber: Der Kuchenhersteller Balocco hatte dem Regina-Margherita-Krankenhaus nach behördlichen Angaben bereits Monate eine offenbar im Voraus vereinbarte Summe von 50.000 Euro gespendet.

Jetzt gehen die ersten Firmenkunden, auf denen das Geschäftsmodell der vielfachen Millionärin im Wesentlichen beruht, auf Distanz: Der Getränkemulti Coca-Cola gab kürzlich den Verzicht auf einen bereits abgedrehten Werbespot bekannt, der Ende Januar zum Schlagerfestival von Sanremo ausgestrahlt werden sollte. Auch der Brillenhersteller Safilo (Marken wie „Boss“) gab die Zusammenarbeit auf.

Ferragni als „Banditin“ und „Betrügerin“ beschimpft

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Selbst die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schaltet sich ein.
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Inzwischen beschäftigt das Thema einige Staatsanwaltschaften. Italiens Ministerpräsidentin Meloni nahm den Fall Ferragni zum Anlass, ein neues Gesetz für mehr Transparenz bei solchen Internet-Auftritten prüfen zu lassen.

Kurz vor Weihnachten veröffentlichte sie schließlich ein Entschuldigungsvideo, was die Sache aber eher noch schlimmer machte.

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„Ich mache es öffentlich, weil ich festgestellt habe, dass ich einen Kommunikationsfehler gemacht habe. Ein Fehler, den ich in Zukunft vermeiden werde, indem ich jede Wohltätigkeitsorganisation, die ich immer getan habe und auch weiterhin tun werde, von kommerziellen Aktivitäten trennen werde“, so Ferragni in ihrem Video. Kleinlaut sagt sie außerdem: „Mein Fehler bleibt, aber ich möchte sicherstellen, dass aus diesem Fehler etwas Konstruktives und Positives entstehen kann.“

Die Bloggerin kündigte an, der Kinderkrebsstation in Turin eine Million Euro zu spenden. Zugleich erklärte sie, den Beschluss des Kartellamts anzufechten und sich das Geld zurückholen zu wollen.

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Chiara Ferragni soll über 70.000 Follower verloren haben

Auf Ferragnis Instagram-Konto hagelte es böse Kommentare. Nach Informationen der Illustrierten Oggi hat die Influencerin auf Instagram inzwischen mehr als 70.000 Follower verloren. Ihre Luxus-Boutique in Rom wurde mit Inschriften wie „Bandita“(„Banditin“) und „Truffatrice“ („Betrügerin“) beschmiert.

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Was macht das nun mit ihrer Karriere? Für Medien-Experte Jo Groebel ist dieser Vorfall nicht nur eine finanzielle Frage, „sondern auch eine Imagefrage, die sich nicht immer in Geld ausdrücken lässt.“ Diejenigen Follower, die mit Ferragni einen moralischen Anspruch verbinden, hätte sie vergrault, schätzt er im Gespräch mit RTL ein.

Doch ein Knackpunkt sieht Groebel ganz wo anders: „Die Frau ist ja nicht alleine [….] Dahinter steht ja ein Riesenstab - also wenn man den geschäftlichen Erfolg nimmt. [...] Als Geschäftsfrau hat sie nicht gerade ein gutes Händchen bewiesen.“ Auch die PR-mäßige Unterstützung hat da klar gefehlt.

Jo Groebel: „Gut hat’s der Marke nicht getan“

Jo Groebel, Euro Minds Wirtschaftsgipfel, Bucerius Law School Hamburg, 30.06.2023
Medienpsychologe Jo Groebel beim Euro Minds Wirtschaftsgipfel im Juni in Hamburg.
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Seit der Woche vor Weihnachten 2023 blieb es auf dem Instagram-Konto von Bloggerin Chiara Ferragni völlig still. Bis sich die Italienerin mit fast 30 Millionen Followern in aller Welt am 7. Januar erstmals wieder zu Wort meldete: Kein Wort zum Skandal um irreführende Werbung, der zuletzt ihre internationale Community erschüttert hatte. Ein guter Schachzug? „Für die Mehrzahl ihrer Follower ist das abgehakt. Die finden sie toll. [...] Für die ist das die richtige Taktik. [...] Für die anderen ist es natürlich ein gefundenes Fressen.“

Der Experte urteilt: „Gut hat’s der Marke nicht getan. Wird sie überleben, die Marke? Ja.“ An einen großen Verlust glaubt er jedoch nicht. „Ich würde mal sagen, sie wird einen Dip haben, erst eine Einbuße, aber es wird die Marke voraussichtlich nicht killen.“ Denn die Aufmerksamkeit – auch wenn es keine positive ist, bekommt die Influencer dadurch trotzdem. (mit dpa)