„Ich hatte mehr Schönheitsoperationen als ein Hollywood-Star"
Britischer Soldat überlebt Sprung aus brennendem Flugzeug und kämpft sich zurück ins Leben

An den Tag, der Jamie Hulls Leben verändert, erinnert sich der Engländer noch gut. Der Reservist einer britischen Spezialeinheit möchte sich einen lebenslangen Traum zu erfüllen und auf einem Flugplatz in Florida das Fliegen lernen. Doch bei seinem ersten Alleinflug fängt der Motor seiner Maschine unerwartet Feuer. Um zu überleben bleibt Jamie nur eine Möglichkeit - er muss springen.
Die Schmerzen überwältigen den Briten
Das Feuer, das sich vom Motor aus im Cockpit des Kleinflugzeugs ausbreitet, hat in Sekunden den Soldaten erreicht. Als er bereits sein brennendes Fleisch riechen kann, trifft Jamie eine Entscheidung, die ihm sein Leben rettet. Er klettert bei einer Fluggeschwindigkeit von etwa 56 km/h aus dem Cockpit und springt aus knapp fünf Metern Höhe auf den Boden. Er überlebt den Sprung schwerverletzt.
Als Soldat ist der Brite schon aus zahlreichen Flugzeugen gesprungen - aber nie, wenn es in Flammen stand. „Die Landung war ein bisschen schlampig", scherzte der 45-Jährige in einem Interview mit der britischen „Sun“. „Ich habe meine Knie und Füße zusammengedrückt und die Hände über den Kopf genommen. Aber bei der Landung habe ich mir ein Schlüsselbein gebrochen und hatte mehrere Brüche im Gesicht."
Doch die Knochenbrüche sind seine geringste Sorge. Bei dem Aufprall werden sein Darm und seine Leber zerfetzt. Er erleidet an 63 Prozent seines Körpers Verbrennungen dritten Grades: „Da war ein Tsunami von Schmerzen. Es war unbeschreiblich", erzählt er der Zeitung. Dann folgt die erdrückende Verzweiflung. „Es war die Erkenntnis: 'Heiliger Strohsack, das ist mir passiert'. Mein Leben war vorbei. Ich fing an, blind zu werden. Ich war völlig am Boden zerstört.“
Ein Pfarrer rettet dem ehemaligen Soldaten mit seinen Worten das Leben
Als Jamie das Krankenhaus in Orlando erreicht, bettelt er einen Arzt an, ihn mit einem Narkosemittel zu betäuben und schlittert schließlich in die Bewusstlosigkeit. Erst sechs Monate später wacht er wieder auf.
Eine Krankenschwester gibt ihm einen Spiegel und Jamie sieht zum ersten Mal sein Gesicht. „Es war ein verzweifelter Schock", erinnert er sich in dem Interview. „Mein Gesicht war immer noch furchtbar geschwollen, roh und vernarbt, ohne Haare und mit Stummeln als Ohren."
Doch trotz der Forschritte, die der Brite Tag für Tag macht, hat er das Gefühl sich in einer endlosen Schleife von Operationen und Schmerzen zu befinden. Er möchte sich das Leben nehmen: „Ich fühlte mich wie eine Maus auf einer Tretmühle, die ständig kämpft, aber nie weiterkommt", sagt er der „Sun“.
„Ich glaube nicht, dass es etwas Schlimmeres für einen menschlichen Körper gibt als großflächige Verbrennungen dritten Grades. Es ist so alles verzehrend und völlig entkräftend.“ Jamie Hill verliert immer mehr seinen Lebenswillen: „Wenn ich ein Boxer wäre, hätten sie in der 12. Runde aufgehört, aber es war jetzt Runde 4.127 und ich war es leid, in dem Kampf zu sein. Ich hatte genug."
Es ist der Besuch eines Pfarrers, der dem Soldaten das Leben rettet: „Er war ein Engel", so Jamie im Interview. „Er schlug mir einen Deal vor. Er sagte, er würde mich zu Dignitas in die Schweiz bringen, wo ich mein Leben beenden könnte, aber nur, wenn ich noch einen Monat durchhalten würde. Zuerst war ich entsetzt. Ein Monat fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Aber wie durch ein Wunder wurde ich in dieser Woche mit einer massiven Hauttransplantation operiert und begann zu heilen. Ich begann, die Kurve zu kriegen und an mich zu glauben.“
Heute ist Jamie stärker als je zuvor

Bislang hat Jamie 62 Operationen unter Vollnarkose hinter sich und wird immer noch mit dem Laser auf seiner Haut behandelt. Seine Lebensfreude hat der 45-Jährige glücklicherweise wiedergefunden: „Ich hatte mehr Schönheitsoperationen als ein Hollywood-Star", sagte er lachend im Interview mit der britischen Zeitung.
Durch seine Entschlossenheit hat er es geschafft, sich sein Leben wiederaufzubauen und ist immer auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Jamie hat gelernt, Heißluftballons zu fliegen, er leitet Tauchkurse im Roten Meer und wenn er nicht gerade als Motivationsredner arbeitet, sammelt er als Botschafter für die Hilfsorganisation „Help For Heroes" Tausende von Pfund.
Sein Trauma verarbeitet der Brite mit jeden Tag ein bisschen besser. „Ich habe gelernt, mit dem neuen Werkzeugkasten zu arbeiten", erzählt er der Zeitung. „Man muss durchhalten, Vertrauen haben, hungrig bleiben und sich konzentrieren."
Vierzehn Jahre nach dem Brand im Cockpit steht Jamie wieder Mitten im Leben. Das Erlebte hat er in seiner Autobiographie verarbeitet. Jamie ist überzeugt: Sein jahrelanger Kampf habe dazu geführt, dass er heute stärker ist als je zuvor.
(cbl)