Jim Raketes sensible Doku "Heute nicht"
Bercem (13) im Kinderhospiz: "Irgendwann müssen wir sterben. Aber heute nicht"

„Du musst jeden Tag leben, als wäre er dein erster oder dein letzter“, rät Bercem (13) Musikerin Annette Humpe (72). „Du bist’n richtig fröhlicher Mensch, da kann ich mir mal ‘ne Scheibe abschneiden“, ist die Musikproduzentin geflasht von so viel Lebensmut und Optimismus. Und wir mit ihr. Schließlich weiß Bercem nicht, wie lange sie noch zu leben hat. Was sie aber weiß: Sie will Modedesignerin werden. Oder Rockstar. Oder Fotografin. „Weil es einer meiner größten Träume ist, berühmt zu werden.“
Bercem hat eine lebensverkürzende Erkrankung
Eine Hauptrolle hat sie schon mal: Sie ist eins der Kids aus dem Kinderhospiz Bethel, die Starfotograf Jim Rakete für seine Gänsehaut-Doku „Heute nicht“ begleitet hat. Gut gelaunt, wissbegierig und äußerst redegewandt düst sie in ihrem Rollstuhl durch die Flure. „Bis ich drei war, konnte niemand meiner Mama sagen, was ich hatte“, sagt Bercem. „Ich war ein Mysterium.“ Jetzt ist klar: Sie hat eine Muskeldystrophie Typ Ulrich – eine Stoffwechselstörung, bei der die Muskeln nicht ausreichend mitwachsen. Klingt harmloser, als es ist: „Das führt dazu, dass ihre Muskulatur zu schwach ist, um sie auf Dauer am Leben zu erhalten“, erläutert Pfleger René. Eine lebensverkürzende Erkrankung.
Da müssen wir als Betrachter ganz schön schlucken. Gerade weil die positive Energie von Frohnatur Bercem selbst durch den Bildschirm ansteckend wirkt. Auch wenn sie über ihre Krankheit spricht, die sie schleichend ihrer Lebenskraft beraubt.
Im Video: Kinderhospiz Bethel - für manche Familien heißt das einfach Urlaub
Die rollende Disco kommt ins Kinderhospiz Bethel. „Aber bis drei Uhr nachts“, fordert Bercem. „Ohne Risk kein Fun“ – findet die Schülerin, die gern Action hat. Aber nicht alle Kinder sind so selbstbewusst, selbstbestimmt und ausdrucksstark wie Bercem. Viele können sich kaum mitteilen. Sie brauchen Menschen, die „professionelle Nähe schaffen statt professionelle Distanz zu wahren“, wie es Pfleger René so schön ausdrückt. Und ihre Eltern Unterstützung, damit sie sich nicht komplett verlieren. Warum Bethel für manche Familien sowas wie Urlaub ist, erklären Bercem und ihre Mama eindrucksvoll in unserem Video.
Sensible Doku, die ein heikles Thema mit dem richtigen Fingerspitzengefühl anpackt
Wollen wir wirklich einen Film über ein Kinder-Hospiz sehen? Unbedingt! Versprochen, Sie wollen nicht mehr abschalten, wenn Sie die ersten Bilder dieser sensiblen Doku gesehen haben. Und irgendwie spricht uns der Papa von Niklas aus der Seele, wenn er sagt, dass er sein Kind erst nicht nach Bethel bringen wollte: „Weil ich mir unter einem Hospiz was Schlimmes vorgestellt hab.“ Nun sieht er seinen Sohn hier glücklich schaukeln. „Es ärgert mich nur, dass wir es nicht früher gemacht haben“, offenbart Niklas‘ Mama.
Pfleger René weiß: Für Eltern ist es oft ein Schock, wenn Familie anders ist, als sie es sich erträumt haben: „Das Wissen, das Kind wird wahrscheinlich vor mir sterben, reißt sie aus allen Wolken.“ Ja, auch das Thema spart Regisseur Jim Rakete bei seiner Schwarz-Weiß-Doku nicht aus. Es wird unglaublich ergreifend, unfassbar traurig. Würdevoll, mit viel Fingerspitzengefühl nimmt uns Jim Rakete auch mit zu einem Thema, über das viele nicht gern sprechen.
Bercem redet mehr, als sie schläft - und das will sie sich so lange wie möglich erhalten
Bercem und ihre Mama haben hier gelernt, nicht zu verzweifeln, sondern im Moment zu leben. Gegen die Müdigkeit hilft Bercem im Moment die Beatmung durch einen Schlauch in der Nase. Ein Luftröhrenschnitt könnte mehr Sauerstoff bringen, aber das will die 13-Jährige noch nicht. „Dann kann man vielleicht nicht mehr reden. Reden ist eine meiner Hauptsachen, die ich im Leben mache. Sogar noch mehr als schlafen“, sagt Bercem mit ihren wachen Kulleraugen. Und übt schonmal fleißig, sich mit Augensteuerung zu verständigen. Denn niemand weiß, wann sie sie brauchen wird. Heute aber noch nicht.
Die bewegende Doku von Jim Rakate können jederzeit im Stream auf RTL+ sehen: „Heute nicht – ein besonderer Blick auf das Leben“

Kinderhospize brauchen Unterstützung
Die „Stiftung RTL – Wir helfen Kindern“ unterstützt Kinderhospize in ganz Deutschland. Wenn auch Sie helfen wollen, scannen Sie einfach den QR-Code oder schicken Sie eine SMS mit dem Stichwort KINDER an die 44844. Vielen herzlichen Dank!